Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
war, hatte er alles, was sonst noch dazugehörte, in den Abfall geworfen und weggebracht. Damit waren seine Probleme noch nicht gelöst, so hatte er gesagt, aber ein Anfang war gemacht.
Eines Abends betrat Sifkitz die Nische, in der Hand einen Schraubenzieher. Er war fest entschlossen, den Hometrainer auseinanderzunehmen. Warum er dann den Wecker auf sechs Uhr gestellt hatte? Reine Gewohnheit. Der Wecker (ebenso wie die Hafer-Rosinen-Riegel) gehörte für ihn wohl einfach dazu; das waren die Handbewegungen, die ihn in Hypnose fallen ließen, die Maschinerie seiner Träume.Wenn er erst einmal den Hometrainer in seine Einzelteile zerlegt hatte, dann würde er den Wecker mit dem restlichen Müll rausbringen, so wie es sein Freund mit der Crackpfeife gemacht hatte. Natürlich würde ihm das leidtun – die verlässliche kleine Weckuhr war schließlich nicht daran schuld, dass er sich in eine derart idiotische Situation manövriert hatte. Aber er würde es tun. Indianer kennen keinen Schmerz, hatten sie einander als Kinder immer versichert. Hör auf zu jammern, Indianer kennen keinen Schmerz.
Er stellte fest, dass der Hometrainer aus vier Teilstücken bestand und dass er einen Schraubenschlüssel mit unterschiedlichen Aufsätzen brauchen würde, um ihn ganz auseinanderzunehmen. Aber das war schon in Ordnung – für den Anfang tat es der Schraubenzieher. Damit konnte er die Pedale abschrauben. Wenn das erst einmal erledigt war, würde er sich aus der Werkzeugkiste des Hausmeisters den Schraubenschlüssel leihen.
Er kniete sich hin, setzte den Schraubenzieher an – und zögerte. Er fragte sich, ob sein Freund noch ein Pfeifchen geraucht hatte, bevor er den ganzen Stoff die Toilette runtergespült hatte, nur noch ein Pfeifchen, um der alten Zeiten willen. Jede Wette! Als er dann ein bisschen breit gewesen war, war es ihm wahrscheinlich leichter gefallen, seinen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Und wenn Sifkitz sich noch eine Spritztour gönnte, um sich dann mit hochgepushtem Endorphinspiegel hinzuknien und die Pedale abzumontieren? Dann würde er vielleicht nicht sein Leben lang daran denken müssen, wie Berkowitz, Freddy und Whelan in die nächstbeste Straßenkneipe abzwitscherten, wo sie erst einen Krug Rolling-Rock-Bier und dann noch einen zweiten bestellten, um einander zuzuprosten, auf Carlos’ Erinnerung anzustoßen und einander zu gratulieren, wie sie es dem Schweinehund gezeigt hatten.
»Du bist verrückt«, murmelte er und setzte den Schraubenzieher wieder an. »Mach schon, bring es hinter dich.«
Er drehte den Schraubenzieher sogar einmal um dreihundertsechzig Grad (was nur allzu leicht ging; wer auch immer den Hometrainer im Lager des Sportgeschäfts zusammengebaut hatte, war nur mit halbem Herzen bei der Sache gewesen), aber dann knisterten die Hafer-Rosinen-Riegel in seiner Hemdtasche, und er musste daran denken, wie gut sie schmeckten, wenn er die Straße entlangfuhr. Er musste nur die Hand vom Lenker nehmen, in die Tasche greifen, ein paarmal abbeißen und sie mit einem Schluck Eistee hinunterspülen. Die ideale Kombination. Es war ein tolles Gefühl, die Straße entlangzurasen und unterwegs einen Happen zu essen. Und die Schweinehunde wollten ihm das wegnehmen!
Ein Dutzend Umdrehungen mit dem Schraubenzieher, vielleicht sogar weniger, und das Pedal würde auf den Betonboden fallen – klonk . Dann könnte er mit dem anderen weitermachen. Und mit seinem Leben.
Das ist nicht fair, dachte er.
Noch eine Tour, nur um der alten Zeiten willen, dachte er.
Er schwang ein Bein über die Gabel und ließ sich mit dem Hintern (der deutlich straffer war als damals zu Zeiten des roten Cholesterinwerts) auf dem Sattel nieder. Und dachte: Das ist doch der Verlauf, den solche Geschichten immer nehmen, oder nicht? So enden sie immer – der arme Trottel sagt, das ist das letzte Mal, ich werde es nie wieder tun.
Durchaus richtig, dachte er, aber im wirklichen Leben kommen die meisten Leute irgendwie ungeschoren davon. Wollen wir wetten?
Tief in seinem Innern flüsterte eine Stimme, dass sein Leben nie so gelaufen sei.Was er da tue (und was er erlebe), habe keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeiner Wirklichkeit, wie er sie sehe. Er schenkte der Stimme keine Beachtung, hörte einfach nicht hin.
Es war ein wunderschöner Abend für eine Radtour durch den Wald.
VI. Nicht unbedingt das Ende, das alle erwartet haben
Und trotzdem, er bekam noch eine zweite Chance.
In jener Nacht hörte er zum ersten Mal das Aufheulen des
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