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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sehen«, sagte sie. Sie bedachte mich nochmals mit ihrem schauerlichen Grinsen, aber jetzt weinte auch sie. »Ich will nichts von Ihren Problemen wissen. Ich will nichts von diesem Scheiß wissen, den Sie gefunden haben. Wir sind quitt. In Zukunft lassen Sie mich in Ruhe.« Sie wollte sich schon abwenden, drehte sich dann aber noch einmal zu mir um. »Sie haben es im Namen Gottes getan«, sagte sie, »aber es gibt keinen Gott. Gäbe es einen Gott, Mr. Staley, hätte er alle achtzehn in ihren Warteräumen auf den Flughäfen mit ihren Bordkarten in den Händen erschlagen, aber das hat kein Gott getan. Die Passagiere wurden zum Einsteigen aufgerufen, und diese Scheißkerle sind einfach mit eingestiegen.«
    Ich sah ihr nach, als sie zum Aufzug davonging. Sie hielt sich sehr gerade. Ihr Haar stand auf beiden Seiten des Kopfes ab, so dass sie wie ein Mädchen aus einem Cartoon in der Sonntagsbeilage aussah. Sie wollte mich nie mehr sehen, und ich konnte ihr das nicht verübeln. Ich schloss die Tür und betrachtete den stählernen Abe Lincoln in dem Plexiglaswürfel. Ich betrachtete ihn ziemlich lange. Ich dachte darüber nach, wie sein Barthaar gerochen hätte, wenn U.S. Grant eine seiner unvermeidlichen Zigarren hineingesteckt hätte. Dieser unangenehme Gestank nach verbranntem Haar. Im Fernsehen sagte jemand, bei Sleepy’s finde ein großer Matratzenräumungsverkauf statt. Danach erschien Len Berman auf dem Bildschirm und sprach über die Jets.
     
    In dieser Nacht wachte ich gegen zwei Uhr morgens auf und horchte auf die flüsternden Stimmen. Ich hatte keine Träume oder Visionen von den Leuten gehabt, denen die Gegenstände gehörten, hatte niemanden gesehen, dessen Haar brannte oder der auf der Flucht vor dem brennenden Treibstoff aus einem Fenster sprang, aber wie sollte ich denn auch? Ich wusste, wer sie waren, und die Dinge, die sie zurückgelassen hatten, hatten sie mir hinterlassen. Paula Robeson den Plexiglaswürfel an sich nehmen zu lassen war falsch gewesen, aber nur weil sie die falsche Empfängerin gewesen war.
    Und weil wir gerade bei Paula sind: Eine der Stimmen war ihre. Sie könnten anfangen, die übrigen Dinge zu verschenken, sagte sie. Und sie sagte: Vermutlich hängt es davon ab, wie hartnäckig Ihr Unterbewusstsein sein will.
    Ich ließ mich zurücksinken und konnte nach einiger Zeit wieder einschlafen. Ich träumte, ich sei im Central Park, wo ich die Enten fütterte, als plötzlich ein lauter Krach wie ein Überschallknall zu hören war und dunkler Rauch den Himmel verfinsterte. In meinem Traum roch der Rauch nach brennendem Haar.
    Ich dachte über Tonya Gregson in Rahway nach – Tonya und das Kind, das vielleicht Roland Abelsons Augen hatte oder auch nicht -, und sagte mir, dass ich mich darauf erst würde vorbereiten müssen. Ich beschloss, mit Bruce Masons Witwe anzufangen.
    Ich fuhr mit dem Zug nach Dobbs Ferry und bestellte mir am Bahnhof ein Taxi. Der Taxifahrer brachte mich zu einem Cape-Cod-Haus in einer ruhigen Wohnstraße. Ich drückte ihm etwas Geld in die Hand, bat ihn zu warten – mein Besuch würde nicht lange dauern – und klingelte an der Haustür. Unter dem Arm trug ich eine Schachtel. Sie sah wie eine Kuchenschachtel aus der Bäckerei aus.
    Ich brauchte nur ein Mal zu klingeln, denn ich hatte zuvor angerufen, und Janice Mason erwartete mich. Ich hatte meine Story sorgfältig ausgearbeitet und erzählte sie entsprechend selbstsicher, weil ich wusste, dass das mit laufendem Taxameter in der Einfahrt stehende Taxi jedes ins Detail gehende Kreuzverhör verhindern würde.
    Am siebten September, sagte ich – am Freitag davor – hatte ich versucht, auf der Schneckenmuschel, die Bruce auf seinem Schreibtisch liegen hatte, zu blasen, wie ich es von Bruce beim Firmenpicknick in Jones Beach gehört hatte. (Janice, Mrs. Herr der Fliegen, nickte; sie war natürlich ebenfalls dort gewesen.) Nun, sagte ich, um es kurz zu machen, ich hatte Bruce dazu überredet, mir die Schneckenmuschel übers Wochenende zu leihen, damit ich üben konnte. Aber am Montagmorgen war ich mit einer tobenden Stirnhöhlenentzündung und grässlichen Kopfschmerzen aufgewacht. (Das war eine Geschichte, die ich schon mehreren Leuten erzählt hatte.) Ich war dabei gewesen, eine Tasse Tee zu trinken, als ich den Knall hörte und den Rauch aufsteigen sah. An die Schneckenmuschel hatte ich erst diese Woche wieder gedacht. Ich hatte meinen kleinen Dielenschrank ausgeräumt, und hol’s der Teufel, da hatte das Ding

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