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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gelegen. Und ich dachte bloß … na ja, sie ist kein besonderes Andenken, aber ich dachte, Sie würden sie vielleicht … Sie wissen schon …
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, genau wie meine es getan hatten, als Paula mir Roland Abelsons »Pensionsfonds« zurückgebracht hatte, nur waren diese nicht von dem angstvollen Ausdruck begleitet, der bestimmt auf meinem Gesicht gelegen hatte, als Paula mit ihren auf beiden Seiten steif vom Kopf abstehenden Haaren vor mir gestanden hatte. Janice versicherte mir, sie freue sich sehr über jedes Andenken an Bruce.
    »Ich komme nicht darüber hinweg, wie wir uns verabschiedet haben«, sagte sie mit der Schachtel in ihren Armen. »Er ist immer sehr früh aus dem Haus gegangen, weil er mit dem Zug gefahren ist. Er hat mich auf die Wange geküsst, und ich habe ein Auge aufgemacht und ihn gebeten, Kaffeesahne mitzubringen. Er hat gesagt, er würde es tun. Das war das Letzte, was er jemals zu mir gesagt hat. Als er um meine Hand angehalten hat, habe ich mich wie Helena von Troja gefühlt – dumm, aber absolut wahr -, und ich wollte, ich hätte was Besseres gesagt als: ›Bring bitte Kaffeesahne mit.‹ Aber wir waren schon lange verheiratet, und mir ist dieser Tag wie jeder andere vorgekommen, und... Wir wissen es einfach nicht, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Ja. Jeder Abschied könnte für immer sein, und wir wissen es nicht. Ich danke Ihnen, Mr. Staley. Dass Sie herausgekommen sind und mir dies gebracht haben. Das war sehr freundlich von Ihnen.« Dann lächelte sie schwach. »Erinnern Sie sich, wie er mit nacktem Oberkörper am Strand gestanden und darauf geblasen hat?«
    »Ja«, sagte ich und beobachtete, wie sie die Schachtel an sich gedrückt hielt. Später würde sie sich hinsetzen und die Schneckenmuschel herausnehmen und sie auf ihrem Schoß halten und weinen. Ich wusste, dass zumindest diese Schneckenmuschel nie mehr in meine Wohnung zurückkommen würde. Sie war daheim.
     
    Ich ließ mich zum Bahnhof fahren und nahm den nächsten Zug nach New York zurück. Um diese Tageszeit, am frühen Nachmittag, waren die Abteile fast leer, und ich saß an einem von Regen und Schmutz streifigen Fenster und blickte auf den Fluss und die näher kommende Skyline hinaus. An wolkigen, regnerischen Tagen scheint man diese Skyline Stück für Stück fast aus der eigenen Fantasie zu erschaffen.
    Morgen würde ich mit dem Centstück in dem Plexiglaswürfel nach Rahway fahren. Vielleicht würde der oder die Kleine ihn in die Patschhände nehmen und neugierig betrachten. Jedenfalls würde der Würfel so aus meinem Leben verschwinden. Das einzige Stück, das schwierig loszuwerden sein würde, vermutete ich, würde Jimmy Eagletons Furzkissen sein – ich konnte Mrs. Eagleton kaum erzählen, ich hätte es übers Wochenende mit nach Hause genommen, um damit zu üben, oder? Aber Not macht erfinderisch, und ich war zuversichtlich, dass mir irgendwann eine halbwegs plausible Story einfallen würde.
    Mir kam der Gedanke, dass im Lauf der Zeit weitere Dinge auftauchen könnten. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich fände diese Möglichkeit gänzlich unangenehm. Wenn man Dinge zurückbringt, die Leute für immer verloren glaubten – Dinge, die Gewicht haben -, dann gibt es eine Entschädigung dafür. Auch wenn es nur kleine Dinge wie eine Scherzsonnenbrille oder ein stählernes Centstück in einem Plexiglaswürfel sind … Jawohl. Ich würde sagen, es gibt eine Entschädigung.
     
    AUS DEM AMERIKANISCHEN VON WULF BERGNER

ABSCHLUSSTAG
    Bis heute hat Janice kein passendes Wort für den Ort gefunden, an dem Buddy lebt. Haus ist zu unbedeutend,Anwesen zu hochgestochen, und bei dem Namen, der auf dem Schild unten an der Auffahrt steht, Harborlights, kommt es ihr hoch. Das klingt wie der Name irgendeines Restaurants in New London, wo als Tagesgericht immer Fisch serviert wird. Meistens verzichtet sie also auf eine Bezeichnung und sagt einfach: »Gehen wir zu dir und spielen Tennis.« Oder: »Fahren wir doch zu dir zum Schwimmen.«
    Bei Buddy selbst ist es im Grunde nicht viel anders, überlegt sie, während sie beobachtet, wie er über den Rasen stapft und sich den Rufen auf der anderen Seite des Hauses nähert, wo sich der Pool befindet. Eigentlich ist niemand scharf darauf, den eigenen Freund Buddy zu nennen, aber wenn man als Alternative nur seinen richtigen Namen Bruce hat, bleibt einem wohl kaum etwas anderes übrig.
    Auch ihre Gefühle für ihn halten sich in Grenzen. Natürlich

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