Sunshine Ranch 04 - Myriams letzte Chance
angerührt hatte. Verloren schwamm das Rührei in einem braunen See. April stürmte weinend aus dem Raum.
„What a mess“ , meinte Sue kopfschüttelnd.
Myriam trug den Teller zur Spüle. Sue holte einen Lappen und wischte den Tisch ab. Hannes rettete die Butter vor dem Kakaosee. Hannah und Stefan trugen das übrige Geschirr ab. Nur Tori machte mal wieder keinen Finger krumm.
„Es geht doch erst mal gar nicht darum, ob wir die Polizei informieren oder nicht“, sagte sie nachdenklich.
„Sondern?“, fragte Myriam gereizt.
„Wer hat Charlie entführt?“, fuhr Tori fort. „Das müssen wir herausfinden.“
„Ach“, sagte Hannah spöttisch. „Und hast du schon einen Verdacht?“
„Ich denke ja“, sagte Tori. „Ich glaube, ich weiß, wer es war.“ Sie machte eine dramatische Pause. „Es war Merle“, erklärte sie dann.
„Merle?“ Hannah schüttelte irritiert den Kopf. „Wie kommst du denn auf die? Nur weil sie und ihre Kumpel kürzlich auf dem Bolzplatz waren? Das ist doch …“
„Merle ist total fertig“, unterbrach Tori sie. „Sie nimmt Drogen, damit hat sie selbst in der Schule angegeben. Und Drogen kosten bekanntlich eine Menge Geld.“ Sie hob die Hand, als sie sah, dass Hannah etwas einwenden wollte. „Das ist Punkt eins, der gegen sie spricht. Punkt zwei: Ja, sie war neulich in der Nähe. Und sie war stinksauer auf uns. Sarah hat sie vor ihren Freunden lächerlich gemacht.“ Tori nahm einen Schluck Kakao.
„Ja, aber …“, begann Hannes.
„Punkt drei“, fuhr Tori unbeirrt fort, „Merle wusste, wie viel Charlie wert ist.“
„Wie das denn?“, fragte Myriam überrascht.
Jetzt wurde Tori ein bisschen verlegen. „Von … äh … von mir.“
„Wie bitte?“, fragte Stefan. „Raus mit der Sprache, Tori! Was hast du Merle erzählt?“
Ein Verdacht
„Ich hab sie gestern Abend getroffen. Kurz vor der Abschlussfeier“, begann Tori. „Ich sollte doch am Kiosk noch Ketchup besorgen. Merle hatte sich gerade mit dem Kioskbesitzer gezofft, weil der ihr kein Bier verkaufen wollte. Merle schrie rum, dass sie volljährig wäre und nur ihren Ausweis vergessen hätte, aber das nahm er ihr natürlich nicht ab. Als sie mich sah, wollte sie, dass ich ihr helfe. Ich sollte dem Typ bestätigen, dass Merle achtzehn ist.“ Tori schüttelte den Kopf. „Hab ich aber nicht getan.“
„Und dann?“, fragte Hannah ungeduldig. „Jetzt erzähl doch.“
„Dann … na ja …“, Tori räusperte sich. „Dann hab ich mich ein bisschen über Merle lustig gemacht. Ich meine, sie benimmt sich wirklich total bescheuert und albern, oder?“
„Du hast sie provoziert“, sagte Myriam.
„Quatsch, provoziert. Was ich zu ihr gesagt habe, war ganz harmlos. Wir haben uns nur … ein wenig gekabbelt.“
„Gekabbelt“, wiederholte Stefan skeptisch. „Was genau bedeutet das?“
„Merle hat von ihrem blöden Freund erzählt, dass der schon achtzehn ist und der coolste Typ überhaupt, und mit so Waschlappen wie uns würde er sich gar nicht abgeben. Sie sagte, dass sie nicht auf Bubis steht, sondern nur auf echte Männer. Und dass ihr Freund unschlagbar ist, weil er die coolsten Klamotten überhaupt hat und noch dazu ein supergeiles Motorrad.“
„Und daraufhin hast du mit den Pferden angegeben, die bei uns im Stall stehen“, sagte Sue. „So war es doch, oder?“
„Na ja“, sagte Tori und starrte auf den Tisch.
„Was hast du Merle von Charlie erzählt?“, fragte Myriam.
„Nichts. Ich hab mehr so allgemein über Pferde gesprochen. Ich hab ihr gesagt, dass ein gutes Turnierpferd viel mehr wert ist als eines der blöden Motorräder.“
„O Mann, Tori!“, stöhnte Sue.
„Was denn?“, fragte Tori gekränkt. „Ich meinte das doch im übertragenen Sinn. Weil ein Pferd eben ein Lebewesen ist und keine Maschine. Was kann ich denn dafür, dass sie das anders aufgefasst hat?“
„Aber wie soll Merle es geschafft haben, Charlie zu klauen?“, murmelte Hannes.
„Na, das war ja wohl ein Kinderspiel“, meinte Tori. „Sie ist auf die Sunshine Ranch marschiert, in den Stall gelatscht und hat ihn einfach mitgenommen. Hier ist doch nichts abgeschlossen. Wenn ich du wäre, würde ich mir mal einen echten Wachhund kaufen, Sue.“ Sie warf einen abfälligen Blick auf Washington, der neben Heinrich am Herd lag und schlief.
„Aber im Stall standen über zehn Pferde“, beharrte Hannes. „Woher wusste Merle, welches Charlie war?“
„Hast du ihn genau beschrieben?“, fragte Myriam
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