Sunshine Ranch 04 - Myriams letzte Chance
schon das Neueste?“, flüsterte sie aufgeregt.
Was für eine bescheuerte Frage! Natürlich nicht.
„Charlie ist weg“, erklärte Hannah. „Jemand hat ihn aus dem Stall geklaut.“
„Was?“ In Myriams Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Der dunkle Stall, die offene Scheune. Der Rückwärtsgalopp. Nein, das war ein Traum gewesen. Und die Riesen, die sie am frühen Morgen vor dem Zelt gehört hatte, hatte sie die auch nur geträumt? „Wann ist es passiert?“, flüsterte sie atemlos.
„Keine Ahnung. April ist früh aufgewacht und wollte nach ihm sehen. Da war seine Box leer.“
Früh aufgewacht, was für ein Witz!, dachte Myriam. Bestimmt war April gar nicht erst schlafen gegangen.
„Vielleicht hat April die Box auch nur nicht richtig zugemacht“, sagte Hannah. „Charlie hat sich befreit und irrt jetzt irgendwo rum. Wir müssen ihn suchen.“
„Das könnte sein“, meinte Myriam. „Ich bin nämlich nachts mal aufs Klo. Da hab ich gesehen, dass die Stalltür offen stand. Ich hab sie zugemacht, aber vielleicht war Charlie da schon weg.“
„Vielleicht war aber wirklich ein Dieb auf der Ranch. Er hat Charlie rausgeführt und danach die Tür nicht richtig zugemacht. Könnte auch sein.“
„Aber warum sollte einer Charlie klauen?“
„Warum? Fragst du das im Ernst? Charlie ist ein Vermögen wert, hat April doch erzählt. Das reicht ja wohl als Grund.“
Myriam griff nach ihren Jeans. „Hat Sue die Polizei schon alarmiert?“, fragte sie, während sie sich anzog.
Rührei mit Tränen
„April und ich sollen auf die Polizeiwache kommen, um Anzeige zu erstatten“, erklärte Sue. „Im Laufe des Tages schicken sie einen Beamten auf die Ranch, damit der die Spuren sichert. Vielleicht kann er aber auch erst morgen. Wir sollen nichts anfassen oder verändern.“
„Wieso kommen die denn nicht sofort?“, fragte Myriam entsetzt.
„Sie sind unterbesetzt, hat der Typ am Telefon gesagt. Und es gehe ja nur um ein Pferd“, schnaubte Sue. „Nur um ein Pferd. That’s incredible .“
„Hast du ihnen nicht erzählt, wie viel Charlie wert ist?“, fragte Stefan, der gerade erst auf der Ranch eingetroffen war.
„Natürlich. Zuerst wollten sie nämlich gar niemanden schicken. Als ich dann was von mehreren Tausend Dollar sagte, wurden sie hellhörig.“
„Wenn Dad das erfährt, rastet er total aus“, jammerte April. „Er wollte von Anfang an nicht, dass ich Charlie nach Deutschland mitnehme. Aber ich hätte doch nie gedacht, dass so etwas passiert.“
„Ich werde mit ihm reden. Schließlich bin ich für Charlie verantwortlich“, sagte Sue. „ Calm down . Beruhige dich, April.“ Aber sie wirkte selbst nicht gerade ruhig. Nervös rannte sie auf und ab, die Arme vor der Brust verschränkt. Dann blieb sie abrupt stehen und sah ihre Nichte an. „Hast du irgendjemandem erzählt, wie teuer Charlie war?“, fragte sie.
„Na ja.“ Aprils Blick wanderte unbehaglich über die anderen, die um sie herumstanden. Die meisten Workshopteilnehmer waren bereits weg. Juliana und Ayla hatten gar nicht auf der Ranch übernachtet, sondern waren nach dem Abschlussfest abgeholt worden. Sarah war am frühen Morgen abgereist und auch Tom, Ella, Sina und Viktor waren schon nach Hause gegangen, bevor April gemerkt hatte, dass Charlie verschwunden war.
„Wir wussten alle davon“, sagte Tori.
„Wer … wir?“, fragte Sue.
„Na – wir eben. Die Pferdemädchen und Viktor und Hannes. Jonas hab ich es auch erzählt. Vielleicht hat er Charlie ja geklaut.“ Die letzte Bemerkung war natürlich ein Witz, aber keiner lachte.
Stattdessen fing April wieder zu weinen an. „ Poor Charlie . Wenn ihn irgendein Perverser entführt hat …“
„Ach Quatsch“, unterbrach Hannah sie. „Wer immer ihn hat, weiß, was er wert ist, und wird ihn gut behandeln.“
„That’s right“ , stimmte Sue ihr zu. Dann nickte sie entschlossen. „Wisst ihr was?“, fragte sie in die Runde.
„Was?“ April hob ihr verheultes Gesicht.
„Wir sollten erst mal frühstücken. Ich mach Kaffee und Kakao und Eier mit Speck.“
„Frühstück? Ich krieg keinen Bissen runter. No way “, wehrte April ab.
Sue legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie mit sich. „Du wirst schon sehen, nachdem du etwas gegessen hast, sieht die Welt gleich ganz anders aus.“
Als Sue die Pfanne mit dem Rührei auf den Tisch stellte, beschrieb Myriam den anderen gerade die Schritte, die sie in der Nacht gehört hatte.
„Es klang wie eine Horde
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