Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
und neuronaler Vernetzungen. Neuroplastizität wiederum kann unmittelbar die Stimmung regulieren und einer Depression vorbeugen. Die Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus leistet daher einen Beitrag zur Überwindung eines neurochemischen Ungleichgewichts, das zu solchen affektiven Störungen wie einer Depression führt.
Für die Neurowissenschaft ist dieser Gedanke neu. Im realen Leben haben hingegen schon viele Menschen festgestellt, dass es ihnen aus einer niedergeschlagenen Stimmung heraushilft, wenn sie eine Runde joggen gehen. Da eine gelbe Zitrone, anders als eine Depression, keine emotionalen Reaktionen auslöst, haben wir auf der Ebene des Gehirns einen wichtigen Unterschied gefunden. Die Wirkung von Antidepressiva wie Prozac [3] , das haben mehrere Untersuchungen gezeigt, beruht zumindest teilweise darauf, dass das betreffende Präparat eine vermehrte Bildung neuer Nervenzellen (Neurogenese) im Hippocampus bewirkt. Ein weiteres Experiment spricht für die Richtigkeit dieses Gedankens: Mäuse, denen man Antidepressiva verabreicht, zeigen positive Verhaltensänderungen, die man unterbinden kann, indem man die Neurogenese im Hippocampus gezielt blockiert.
Als aufmerksamer Leser werden Sie zu bedenken geben, an dieser Stelle habe sich in unsere Argumentation offenbar ein Widerspruch eingeschlichen. Falls Prozac dafür sorgt, dass man sich besser fühlt, was ist dann falsch daran, eine Pille zu schlucken, um auf diese Weise eine erwünschte Veränderung im Gehirn herbeizuführen? Nun, erstens können Medikamente affektive Störungen nicht heilen, sondern sie lediglich abschwächen. Sobald ein Patient das Antidepressivum oder Beruhigungsmittel nicht länger einnimmt, kehrt die zugrunde liegende Störung zurück. Zweitens haben alle Medikamente Nebenwirkungen. Drittens lassen die erwünschten Wirkungen eines Medikaments mit der Zeit nach. Infolgedessen muss man, um den gleichen Effekt zu erzielen, zu höheren Dosierungen greifen. (Früher oder später wird das Medikament dann unter Umständen keinen Nutzen mehr bringen.) Und schließlich haben Untersuchungen gezeigt, dass Antidepressiva keineswegs so wirksam sind, wie ihre Hersteller es uns glauben machen möchten, und eine Gesprächstherapie bei der Mehrzahl aller Depressionen die gleiche Wirkung erzielen kann. Unsere Zivilisation ist zwar regelrecht süchtig nach dem Pillenschlucken als Patentlösung, allerdings ist es tatsächlich heilsam, wenn man aus der Depression herauskommt, indem man seine Probleme ausspricht, während das für Arzneimittel im Großen und Ganzen nicht gilt.
Das Gehirn verändert sich und daraufhin verändert sich die Wirklichkeit. Deprimierte Menschen leben nicht bloß in einer trüben Stimmung, sondern in einer betrüblichen Welt. Unter den Sonnenschein mischen sich Grautöne, die Farben strahlen nicht. Menschen ohne affektive Störung bringen demgegenüber eine andere Lebendigkeit in die Welt. Eine rote Verkehrsampel ist rot, weil das Gehirn sie rot aussehen lässt. Wer unter einer Rot-Grün-Blindheit leidet, dem erscheint die gleiche Ampel hingegen grau. Zucker ist süß, weil das Gehirn ihn süß macht. Für all die Menschen, die infolge einer Verletzung oder Erkrankung ihre Geschmacksknospen eingebüßt haben, schmeckt Zucker hingegen nicht süß. Subtilere Eigenschaften werden hier ebenfalls wirksam. Ruft Ihnen beispielsweise der süße Geschmack des Zuckers in Erinnerung, dass Sie möglicherweise Prädiabetiker sind, dann steuern Sie zum Geschmack obendrein noch Emotion hinzu. Und bei einer roten Ampel bringen Sie zusätzlich Emotion ins Spiel, wenn dieser Anblick in Ihnen unliebsame Erinnerungen an einen Autounfall in Ihrer Vergangenheit wachruft. Das Persönliche lässt sich von den » Fakten « des Alltags nicht trennen. Tatsächlich sind Tatsachen etwas Persönliches. Nichts kann sich diesem Prozess der Erschaffung von Wirklichkeit entziehen.
Jede in der Außenwelt vorhandene Eigenschaft existiert durch Sie, ist Ihre Schöpfung. Ihr Gehirn ist dabei allerdings nicht der Schöpfer, sondern ein Übersetzungswerkzeug. Der eigentliche Schöpfer ist der Geist.
Es wird mehr nötig sein, um Sie restlos davon zu überzeugen, dass Sie der Schöpfer aller Wirklichkeit sind. Das können wir nachvollziehen. Der weit verbreitete Mangel an Wissen darüber, wie eigentlich der Geist mit der Welt » da draußen « interagiert, lässt Zweifel aufkommen.
Alles steht und fällt mit dem Nervensystem, das die Erfahrung macht. Da wir
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