Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten
drehen, bevor die Angler hier wieder anrücken und nerven.«
Ich verstehe zwar nur Bahnhof, aber Justus ist bereits abgedüst, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Na ja, zumindest versuche ich es. Allerdings bin ich schon nach wenigen Metern erneut seitlich weggerutscht.
»Verflucht«, rege ich mich voll auf, während Justus den nächsten überirdischen Jump hinlegt.
Ich will das auch können. Gerade in diesem Moment steht das ganz weit oben auf meiner Liste. Doch so einen Untergrund bin ich nun mal nicht gewöhnt. Ich bin Streetbiker, und zwar ein verdammt guter. Nicht umsonst haben mich meine Kumpels in Hamburg den Überflieger genannt.
Nach ein paar weiteren niederschmetternden Versuchen ist Justus wieder an meiner Seite.
»Alles paletti?«, grinst er mich an.
»Nö«, maule ich zurück. Aber mal ehrlich, ich zappele mir hier einen ab, eiere wie ’n Blinder am Krückstock von Hügel zu Hügel und scheitere schon daran, dass der Boden so uneben ist, dass es mir immer wieder die Reifen wegschleudert.
»Du brauchst Spikes* .«
»Spikes?«
Justus nickt. »Auch ’ne Erfindung von Kulle.«
Langsam, aber sicher bin ich echt gespannt auf diesen sogenannten Kulle.
»Wenn du magst, dann nehme ich dich morgen nach der Schule mal mit«, schlägt Justus vor.
»Und warum nicht heute?«
Justus’ Blick wandert zu seiner Armbanduhr. »Weil meine Eltern großen Wert auf Pünktlichkeit legen und ich mich jetzt sputen muss, um rechtzeitig zum Abendessen zu Hause zu sein.«
»Ähem, verstehe«, sage ich und kratze mich an der Stirn. »Und was ist mit danach?«
»Sprichst du jetzt von der Zeit nach 20 Uhr?«
Okay, wie der jetzt wieder herumlabert und dabei so versnobt vor sich hin glotzt, ist er total der Justus von heute Morgen, auf den ich irgendwie null Bock habe. Aber das da eben war so großes Kino und überhaupt: Ich will jetzt denjenigen treffen, der Justus das beigebracht hat. Ich muss auf der Stelle wissen, mit welchen genialen Gadgets dieser Kulle Justus’ Standard-BMX so ausgestattet hat, dass es sich in ein Wunderbike verwandeln konnte.
»Ist das ein Problem? Ich meine, darfst du nach 20 Uhr nicht mehr raus?«
Ich schaffe es nicht, den Spott in meiner Stimme komplett zu unterdrücken. Was Justus mit einem entsprechend beleidigten Seitenblick registriert.
»Selbstverständlich darf ich das Haus verlassen«, stelzt er sich einen ab. »Aber ich habe noch so einiges für die Schule zu erledigen. Du etwa nicht?«
»Ähem … nö.«
Noch ’nen Zacken verschnupfter zuckt Justus mit den Schultern. »Wie auch immer, wenn du Lust hast, dann komm doch morgen um 16 Uhr zur Villa Steinberg. Du kennst die Adresse?«
»Nö.« Ich schüttele den Kopf.
Woher auch?, denke ich.
»Hm, das wundert mich«, erklärt Justus.
Ich blitze ihn an, weil mich sein affiges Getue nervt. »Und was, bitte schön?«
»Deine Eltern haben von meiner Familie die Gärtnerei gepachtet.«
»Echt?«, platze ich verdutzt heraus.
»Oh, mein Gott!« Justus runzelt die Stirn. »Du weißt noch nicht einmal, auf welchem Grund und Boden du wohnst?!«
Frechheit. Und ich schwöre, jetzt sofort – auf der Stelle – ist sein höllischer Tonkuhlenritt aus meinem Hirn radiert, weil ich diesen Bommel-Justus einfach komplett bekloppt finde. Und wer oder was dieser Kulle ist, geht mir auch grad völlig ab.
»Leck mich!«, blaffe ich ihn an und schwinge mich in den Sattel.
»Nun sei doch nicht gleich beleidigt«, wagt der auch noch zu sagen.
Aber meine Ohren sind hochgradig auf Durchzug gestellt. Und außerdem muss ich mich tierisch darauf konzentrieren, dass ich mich nicht schon wieder langmache.
Nö, diesen Triumph werde ich dieser versnobten Gurke nicht bescheren. Vergiss es!
Am nächsten Morgen wartet Buddy direkt vor dem Senfkasteneingang meiner neuen Schule auf mich. Ich fühle mich wie durch den Fleischwolf gedreht, weil ich die halbe Nacht wach gelegen und mich schimmelig geärgert habe. Über Justus, meine Mutter, Klaus, dieses Kaff und am allerheftigsten über mich selbst, weil ich gestern in dieser verdammt genialen Tonkuhle tatsächlich gedacht habe, dass das Leben hier für mich doch einigermaßen okay werden könnte.
Buddy steht im dunklen Totenkopfshirt, das seine Speckschwarte mühsam am Wegrollen hindert, vor mir und grinst mich unsicher an.
»Ich habe auf dich gewartet, weil ich mich wegen gestern bei dir entschuldigen möchte.«
Sein Atem rasselt wie der eines altersschwachen Ochsen und seine Augen
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