Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten
musstet.«
»Kein Problem«, meint Buddy.
»Schon okay«, lenke ich ebenfalls ein. Schließlich habe ich gerade im Kopf eine zweite Liste angelegt. Die Warum-mir-Justus-echt-leidtut-Liste. Ganz nach oben habe ich seine Mutter gesetzt. Direkt vor die peinlichen Bommelschuhe und die karierten Bundfaltenhosen, in denen er immer in der Schule herumrennt.
Jetzt allerdings trägt Justus Jeans und Turnschuhe. Und auch wenn er zwischendurch immer mal wieder total affig tut und seine Mutter und ihr vornehmer alter Schuppen eher ’ne elende Landplage als ’n Glücksfall sind, spüre ich es plötzlich ganz deutlich: Justus ist schwer in Ordnung. Und ja, verdammt, es ist gut möglich, dass ich ihn zum Freund haben möchte. Genauso wie den schrägen Schokodonut-Buddy.
In diesem Kaff braucht man unbedingt Freunde, sonst ist man verloren bei all den schrägen Typen hier.
Und der nächste verrückte Typ wartet schon auf uns …
In Kulles Werkstatt muss gerade eine Bombe eingeschlagen sein. Anders kann ich mir dieses Chaos nicht erklären. Überall liegt etwas herum: Schrauben, Werkzeug, Fahrradteile, Reifen, Lappen und Schwämme jeder Größe und Form. Doch der heftigste Wirrwarr ist Kulle selbst. Wie alt er ist, kann ich nicht schätzen. Irgendwas zwischen zwanzig und vierzig, vermute ich. Seine Haare stehen in wilden blonden Dreadlocks kreuz und quer vom Kopf ab. Er trägt eine Art Stirnband – vermutlich, um seine Zopfpracht davon abzuhalten, ihm ständig im Gesicht herumzuhüpfen – und steckt in einer blauen Latzhose und einem gestreiften grobmaschigen Seemannspullover. An seinem linken Ohr baumelt ein knallbunter großer Federohrring.
Das Verrückteste an ihm ist jedoch die kleine runde Brille, hinter der seine hellen Augen uns freundlich anfunkeln: Sie ist froschgrün!
»Hi, Justus, cool, dass du mal wieder reinguckst. Wer sind deine Freunde?«
Er hält Justus die Hand zum Einschlagen hin. Klatschend erwidert der den Gruß.
»Buddy und Luc. Luc ist gerade erst aus Hamburg hierhergezogen. Seine Eltern haben die alte Gärtnerei gepachtet. Buddy geht in meine Parallelklasse. Er ist der Neffe von Bäcker Koller.«
»Hamburg, saustarkes Pflaster«, grinst Kulle und hält nun mir die Hand hin. Danach ist noch Buddy dran, der verlegen herumkichert und mir anschließend zuraunt: »Boah, ist der schräg.«
Das ist Kulle bestimmt. Aber auch absolut genial, wie ich mit einem Blick auf das Teil feststelle, das er da gerade zurechtpimpt* .
»Hölle, wie cool«, krächze ich begeistert. »Wie haben Sie das hingekriegt?«
Vor mir steht das abgefahrenste Bike, das ich je gesehen habe. Nicht mal in Hamburg beim Fahrradgroßhändler, wo es so ziemlich alles gibt, was einem Biker vor Begeisterung die Augen aus den Höhlen hüpfen lässt, ist mir so was unter die Augen gekommen.
Es ist silbermetallic lackiert und hat mörderisch fette Reifen mit daumendicken Speichen. Das Schärfste ist jedoch der krasse Lenker, der hundertprozentig einer endcoolen Harley Davidson nachempfunden ist.
» Sie ?« Kulle tippt sich an die Stirn. »Geht’s noch? Ich bin der Kulle, oder bestehst du darauf, dass ich dich sieze?«
Während ich übertrieben den Kopf schüttele, lacht Buddy: »Ja, ja, so ist das mit den Großstädtern.«
Ich laufe rot an – und boxe Buddy gegen den Oberarm.
»Aua, ey, das tat weh«, beschwert er sich prompt. »War doch nur ’n Spaß.«
Jetzt komme ich mir noch blöder vor. Und wenn ich dieses Gefühl gar nicht mehr aushalten kann, dann fange ich immer an, auf und ab zu schwingen – nervös von einem Fuß auf den anderen.
Zum Glück deutet Kulle mein endpeinliches Wippen ganz anders. »Ich seh schon, dir juckt es in den Füßen. Du möch test dich auf mein neues Baby schmeißen und ’ne Runde durch die Tonkuhle drehen. Stimmt’s?!«, grinst er.
Und wie ich das will. Überirdisch mächtig will ich das, jetzt und sofort! Blöd nur, dass ich mich gestern mit meinem eigenen Bike schon zigmal langgelegt habe. Mit diesem Geschoss bin ich null vertraut. Trotz der fetten Reifen mit den mörderisch spitzen Spikes werde ich garantiert wieder den Matsch küssen. Und wenn das Teil dabei kaputtgeht?
»Ich bin Streetbiker«, nuschele ich und hoffe, dass das als Erklärung ausreicht.
Weil Kulle mich aber ziemlich unbeeindruckt angafft, füge ich schnell hinzu: »Mein Ding sind Freestyle-Tricks. Dirtjump* , One-Handed Tabletop* oder ’n One-Eighty* . Darin bin ich gut.«
»Für mich sind das nichts als Fremdwörter«,
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