Super Jumper. Luc - Nicht von diesem Planeten
und sagt schließlich: »Unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«, frage ich.
»Ihr nennt mich Nico. Von mir aus auch Nic. Aber nicht Nicola. Ich hasse diesen Namen.«
»Das lässt sich einrichten«, nicke ich und dann grinst Nico. Hölle, und jetzt sieht sie doch aus wie ein Mädchen. Wie ein richtig lässiges Super-Jumper-Mädchen.
Am Sonntag um elf Uhr dreißig wollen wir die Super Jumper hochoffiziell gründen. So richtig mit irgendwelchen Ritualen und so ’nem Verbündungskrams. Justus hat den Vorschlag gemacht. Vielleicht, weil er in einer Familie voller Traditionen aufwächst und in einem Haus wohnt, in dem es unzählige vermiefte Bräuche gibt, hat Tarik gemeint. Und dann hat er gleich wieder so belämmert aus der Wäsche geglotzt. So nach dem Motto: Ich bin ja nur der Türke hier, wohne im Hochhaus mit 47 anderen Familien und bin in der Schule sowieso der Loser.
Mannomann, was das betrifft, hat der echt ’nen ganzen Rucksack voller Komplexe. Dabei interessiert es keinen, wer woher kommt und was er hat. Ich bin Halbitaliener und hab meinen Vater das letzte Mal gesehen, als ich noch in die Windeln gekackt habe. Aber kratzt mich das? Nö!
Ich will mit den anderen biken und Spaß haben. Ich habe Bock, mit ihnen zusammen zu sein. Ich weiß selbst, das klingt total schräg, weil wir uns doch alle gerade erst kennengelernt haben.
Freiheit. Abenteuer. Geschwindigkeit. Es geht bei den Super Jumpern um so viel mehr als die Kohle, die unsere Eltern auf dem Konto haben – oder eben nicht. Es ist zwar nur so ein Gefühl, aber ich bin mir sicher, dass die anderen genauso denken. Außer vielleicht Tarik …
»Ich bin dafür, dass wir in unseren Schwur auch die Sache mit dem Gleichsein einbauen«, schlage ich deshalb vor.
»Und was soll das sein?«, fragt ausgerechnet Tarik.
Ich tue ganz normal. »Dass bei den Super Jumpern alle gleich sind. Ganz einfach. Völlig schnuppe, wer welches Rad hat und sich was leisten kann. Na ja, und Erwachsene spielen bei uns sowieso keine Rolle. Es sei denn, sie nerven abartig und wir müssen etwas dagegen unternehmen.«
»Hört sich gut an«, findet Justus.
»Ich bin auch dafür«, nickt Buddy und Nico meint: »Dieses wer hat was und wer ist was geht mir in der Schule schon tierisch auf den Zeiger. Deshalb: Ich bin dafür!«
Nur Tarik kriegt es wieder nicht gebacken. »Das hast du doch nur aus Mitleid vorgeschlagen«, mault er mich an. »Weil ich der Einzige von euch bin, der nicht aufs Gymnasium geht.«
Ich kann nur den Kopf schütteln. Der hat echt ’ne Vollschacke. Doch bevor ich das Tarik direkt vor die Rübe knalle, hat Justus den Arm um ihn gelegt. »Weißt du eigentlich, warum wir uns heute um halb zwölf treffen mussten?«
Tarik schüttelt die Birne. »Nö. Keinen Plan. Weil du es eben so vorgeschlagen hast.«
Justus nickt und bekommt dabei einen eigenartigen Zug um den Mund – irgendwie verbittert, vielleicht sogar eine Spur traurig. »Um zehn muss ich in die Kirche. Um 13 Uhr gibt es Mittagessen. Um 14 Uhr wird gemeinsam musiziert. Um 16 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen. Um 17 Uhr gehen wir zusammen spazieren. Um 18 Uhr gibt es Abendbrot. Um 20 Uhr ziehen wir uns in die Bibliothek zurück. Dort tauschen wir uns dann bis circa 21 Uhr über Literatur aus, die wir gerade lesen. Meine Mutter nennt diese Runde den von Steinberg Literaturkreis . Danach geht es ins Bett. Jeden Sonntag ist das so.«
Justus holt tief Luft, bevor er weiterredet: »Soll ich dir von weiteren superschönen Momenten aus meinem Leben mit dem goldenen Löffel zwischen den Pobacken, wie du es so nett ausgedrückt hast, erzählen?«
Stumm senkt Tarik den Blick.
»Die Liste ist lang. Bist du dir ganz sicher, dass du nicht noch mehr vom Luxusleben des Justus von Steinberg hören magst?«
Ruckartig schüttelt Tarik Justus’ Arm ab und brummt kleinlaut: »Ich hab’s kapiert, Justus. Es ist okay.«
»Okay«, wiederholt Justus. »Dann können wir jetzt endlich die Sache mit den Super Jumpern besiegeln, ja?«
Alle nicken. Nur Kulle nicht, denn er ist nicht da. Dabei haben wir echt alles versucht, um ihn zu überreden. Doch er ist stur geblieben.
»Das mit den Super Jumpern finde ich echt weltklasse. Aber, Leute, das ist nichts mehr für einen alten Mann wie mich«, hat er grinsend abgewinkt.
»Du bist doch nicht alt«, hat Buddy widersprochen.
»Über 30!«
»Okay«, hat Buddy gestaunt. »Das ist wirklich alt.«
Kulle hat gelacht und Buddy war knallrot angelaufen. »So-so hab ich das jetzt
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