Super Sad True Love Story
ich keine gute Freundin bin und dir bei deinen Problemen im Augenblick nicht helfen kann. Du musst stark sein und für deine Familie alles tun, was du tun musst.» Worauf ich hinauswill: Du hast ja keine Familie. Und wenn ich es richtig deute, wolltest du auch nie eine. Aber während dieser ganzen Sache mit dem Bruch habe ich, glaube ich, das hier über mich herausgefunden: dass mir meine Familie am allermeisten bedeutet und dass das immer so bleiben wird.
Grüße,
Eunice
WAPACHUNG-KRISE AUSNAHMENACHRICHT:
Absender: Joshie Goldmann, Posthumane Dienstleistungen, Geschäftsleitung
Empfänger: Eunice Park
Ich muss sagen, deine letzte Nachricht hat mir ein bisschen wehgetan. Wenn du keine Beziehung wolltest, wieso bist du dann mit zu mir nach Hause gekommen? Eunice, ich glaube, du begreifst nicht ganz, was ich für dich empfinde. Ich habe versucht, es mir selbst genau klarzumachen, und bin zu ein paar Schlussfolgerungen gelangt. Du bist sehr schön, aber das spielt für mich auf lange Sicht keine Rolle. Alles an dir ist so vollkommen, so wohlgeordnet (von deinem Kleidungsstil bis hin zum Minimalwortschatz, mit dem du dich ausdrücken kannst), aber auch das spielt keine Rolle. Wichtig ist für mich nur, dass ich WEISS, du bist zur Liebe fähig und kannst dich nicht ewig vor der Wahrheit verstecken, dass du ein ganz und gar fühlender Mensch bist, der echtenKontakt braucht, ja dass du mit jemandem zusammen sein musst, der dich und deine Herkunft versteht, der dich respektiert, der für dich sorgt. Und das will ich sein, Eunice, ich will immer und ewig für dich sorgen. Ich möchte dir helfen, eine reife Künstlerin zu werden, auch wenn das bedeutet, dass du eine Zeitlang von mir getrennt sein musst, um am HSB C-Goldsmiths College in London Kunst & Finanzwesen zu studieren. Ich möchte dir einen Job im Konsum besorgen, falls es das ist, was du willst, und zwar sobald New York erst mal ein richtiges Lifestyle Center ist und wir wieder auf die Füße kommen. Und ich will auch deiner Familie helfen, hierher in die Stadt umzuziehen, aber bitte gib mir etwas Zeit, um herauszufinden, was ich tun kann. Im Augenblick ist alles noch viel zu sehr im Fluss.
Du sagst, Lenny ist dein Freund. Ich kenne Lenny noch aus einer Zeit, als er so jung war wie du. Er ist kein schlechter Mensch, aber er ist auch sehr zerrissen, kraftlos und depressiv. Das sind nicht gerade die Eigenschaften, nach denen man beim Partner in einer ernsthaften Beziehung suchen sollte, schon gar nicht in diesen Zeiten und bei dieser Weltlage. Ich möchte, dass du all diese Dinge bedenkst, Eunice, und dass du weißt, egal, wie du dich entscheidest, ich werde dich immer lieben.
Joshie (niemals Joshua) G.
PS: Bloß eine Vorwarnung – bei euch in der Gegend wird es in ungefähr einem Monat Aktivitäten geben, die das umfassen, was die ARR früher «Schadensreduzierung» genannt hat, nämlich in den Vladeck Houses. Glaub mir, das liegt außerhalb meines Einflussbereichs, aber es könnte zu gewaltsamen Ausschreitungen kommen. Ich möchte, dass du und Lenny in Sicherheit seid. Vielleicht werde ich ihn genau dann nach Long Island zu seiner Familie schicken, und wir beide können unsere Übernachtungsparty feiern.
ACHTUNG, GEHÖRLOSE KINDER
Aus dem Tagebuch des Lenny Abramov
12. Oktober
Liebes Tagebuch,
bitte entschuldige einen weiteren Monat Abwesenheit, aber heute muss ich die tollsten Neuigkeiten in dich eintragen. Meine Eltern sind am Leben. Das habe ich vor fünf Tagen herausgefunden, um 17.54 Uhr Ostküstenzeit, genau in dem Augenblick, als Telenor, der norwegische Telekommunikations-Multi, unser Kommunikationsnetz wiederhergestellt hat und unsere Äppäräte von Daten, Images, Preisen und Verleumdungen zu surren begannen; 17.54 Uhr Ostküstenzeit, ein Moment, den niemand aus meiner Generation je wieder vergessen wird. Sofort erfüllten die Stimmen meiner Eltern meine Ohren, der Baritonwahnsinn des väterlichen Freudengedröhns, das Zwitschern und Lachen meiner Mutter, als sie riefen: «
Malenki, malenki! Schiw, sdorow? Schiw, sdorow!
(Kleiner, Kleiner! Lebendig und wohlauf? Lebendig und wohlauf!)» Ich schrie so laut
(«Urà!»)
, dass Eunice Angst kriegte. Sie ging ins Bad, wo ich sie in monotonem Englisch, vermischt mit einer endlosen Reihe leidenschaftlicher, koreanisch quäkender Ausrufe, die an ihre Mutter gerichtet waren: «
Neh, neh, umma, neh »
, in ihren Äppärät texten hörte. So feierten wir beide mit unseren Eltern,
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