Super Sad True Love Story
fühlten uns ihnen wieder so heftig verbunden, dass wir später, als Eunice ins Schlafzimmer zurückkehrte und wir einander anschauten, fast nichts in unserer gemeinsamen Sprache zu sagen wussten. Stattdessen lachten wir über unser verblüfftes, fröhliches Schweigen, wobei ich mirdie Tränen abwischte und sie sich die Hände an die harte Brust presste.
Die Abramovs. Sie hatten überlebt, hatten Vorräte ergattert, hatten gemeinsam mit Mr. Vida und den anderen Nachbarn ihre eigenen Straßensperren errichtet, während die Welt um sie herum in Scherben ging, denn sie waren hartgesottene, von einem zornigen Gott für genau solche Großkatastrophen erschaffene Einwanderer aus der Arbeiterklasse. Wie hatte ich an ihrem zähen Lebenswillen zweifeln können? Den gestressten GlobalTeens-Nachrichten zufolge, die sie mir schickten, kaum dass wir zu texten aufgehört hatten, war die Sicherheitslage in Westbury relativ normal, nur die Drogerie war geplündert worden, und der schwer bewachte Waldbaum’s-Supermarkt hatte kein Tagamet mehr, die Medizin meines Vater gegen Sodbrennen und Magengeschwüre. Darum war es eine wunderschöne Überraschung, als ich eine Botschaft, eine
handgeschriebene
Botschaft, von Joshie bekam:
Rhesusäffchen! Sei ein braver Sohn und besuch deine Eltern. Ich werde dir für Montag ein paar erstklassige Sicherheitskräfte von Wapachung vormerken. Die eskortieren dich nach Long Island. Aber halt dich vom russischen Kochfleisch fern! Und reg dich nicht zu sehr auf, ja? Ich passe wie ein Luchs auf deinen Adrenalinspiegel auf.
Vor der Synagoge der Posthumanen Dienstleistungen wurde ich von zwei gepanzerten Hyundai-Persimmon-Jeeps mit enormen, auf den Kühler montierten Feuerwaffen erwartet, wahrscheinlich Überbleibsel unseres unglückseligen venezolanischen Abenteuers. Auch unser Expeditionsleiter schien Venezuela-Veteran zu sein, ein gewisser MajorJ. M. Palatino von WapachungKrise, ein kleiner, aber sehr kräftig gebauter Mann, der nach Mittelschichts-Duftwasser und Pferden roch. Er musterte mich mit professionellem Blick, entschied rasch, dass ich ein Weichei war und Schutz brauchte, klatschte sich militärisch auf die Hüften und stellte sein Team vor, zwei bewaffnete Burschen aus den Resten der Nationalgarde von Nebraska, einem der beiden fehlte ein großer Teil der Hand.
«Unsere Strategie ist die», sagte Palatino. «Wir folgen den großen Verkehrsadern und hoffen, dass es unterwegs nirgendwo Zusammenstöße gab. Die Rede ist von der Interstate 495, dem alten Long Island Expressway. Da rechne ich nicht mit Ärger. Dann machen wir einen Schlenker nach rechts zum Northern State und weiter zum Wantagh State Parkway. Das könnte kniffliger werden, je nachdem, wer zu der Tageszeit die Kontrolle hat.»
«Ich dachte, das wären wir», sagte ich.
«Hinter Little Neck gibt es immer noch sporadisch Kampfhandlungen mit feindlichen Kräften. Warlords aus dem Nassau County gegen Warlords aus dem Suffolk County. So ethnische Sachen. Salvadorianer. Guatemalteken.
Nigerianer
. Da muss man höllisch aufpassen. Aber wir sind bis an die Zähne bewaffnet, also keine Sorge. Auf dem Führungsfahrzeug haben wir ein schweres 9 9-mm -Maschi nengewehr , das Browning M2, und beide sind gegen AT4- Panzerfäuste gerüstet. Da draußen gibt es nichts annähernd Vergleichbares. Schätze, wir werden um Punkt 14.00 Uhr in Westbury eintreffen.»
«Drei Stunden für fünfzig Kilometer?»
«Ich bin nicht Schöpfer dieser Welt, Sir», sagte Palatino. «Bin nur Ihre Begleitung. Wir haben hinten drin
Oslo Delight -Sandwiches
für Sie. Lust auf Preiselbeermarmelade? Guten Appetit.»
An der Auffahrt zum Expressway durchsuchten Wapachung-Trupps Autos nach Waffen und Schmuggelware, warfen glücklose Fünf-Jiao-Männer zu Boden, stupsten sie mit ihren Waffen an, und die ganze Szenerie wirkte eigenartig still und systematisch, erinnerte an die jüngste Vergangenheit. «Ist ja wie bei der Amerikanischen Restaurationsregierung», sagte ich zum Major. «Außer den Uniformen hat sich nichts verändert.»
«Man kann eine Armee nicht einfach über Nacht auflösen», sagte Palatino. «Sonst hat man am Ende eine Situation wie in Missouri.»
«Was ist denn in Missouri los?», fragte ich.
Er winkte ab, als wollte er sagen:
Besser, wenn Sie’s gar nicht wissen.
Wir kehrten Manhattan den Rücken und fuhren am hässlichen Gigantismus der LeFrak City vorbei, einer Ansammlung von Gebäuden, die mit ihren Balkonreihen an beiden
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