Super Sad True Love Story
ausgestattet worden. Die Indianer meinen, innerhalb der nächsten zwei Jahre werden sie mir das Herz komplett entfernen. Nutzloser Muskel. Idiotisch gebaut. Das ist dieses Jahr das große Projekt bei den Posthumanen Dienstleistungen: Wir wollen dem Blut beibringen, wo
genau
und wie schnell es dort hinfließen muss, und dann lassen wir es ganz von allein zirkulieren. Nenn mich herzlos. Hahaha.
Also, Howard Shu (er lässt übrigens grüßen) hat eine Menge recherchiert, und ich glaube, er hat was rausgefunden. Wir müssen deinen Eltern bessere Referenzenbesorgen, damit sie nicht bloß durchschnittliche amerikanische Einwanderer mit schlechter Bonität sind. Norwegische Papiere zu kriegen ist schwierig, aber es gibt einen chinesischen «Lao Wai»-Ausländerpass, mit dem man einen großen Teil derselben Privilegien zugestanden bekommt, und man kann New York sogar jedes Jahr für sechs Monate verlassen. Er versucht, deinen Vater als «unverzichtbare Arbeitskraft» einstufen zu lassen, denn die Fußtherapeuten-Quote in New York ist noch nicht ganz ausgeschöpft. Der neue IW F-Plan geht bei den Berufen sehr methodisch vor. Das Problem ist allerdings, dass dein Vater eine New Yorker Adresse braucht, um sich dafür zu qualifizieren; entweder in Manhattan oder im guten Teil von Brooklyn, und die billigsten nicht dreigeschossigen Wohnungen in Carroll Gardens werden an die 750 000 Yuan kosten. Ich schlage also vor, dass ich deiner Familie eine Wohnung kaufe, und wenn dein Vater je wieder genug Geld verdient, kann er es mir zurückzahlen. Sally können wir ein Studentenvisum besorgen, und dich kann ich selbst reinschmuggeln. Nach altem Recht sozusagen. Haha. Ist jedenfalls eine gute Investition und macht mir gar nichts aus, weil ich dich liebe. Ich weiß, du kannst es nicht ausstehen, wenn Lenny dir etwas vorliest, ich hasse Lesen auch, aber es gibt einen tollen Vers von dem alten Dichter Walt Whitman: «Bist du der Neue Mensch, der sich zu mir hingezogen fühlt?» Den hatte ich immer im Kopf, wenn ich die Straßen von Manhattan entlangspaziert bin, aber jetzt nicht mehr, denn jetzt habe ich ja dich.
Eins wollte ich noch ansprechen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es mich eigentlich nichts angeht. Ich weiß, du möchtest deine Familie in Sicherheit wissen, aber in gewisser Hinsicht ist es vielleicht nicht so sinnvoll, deinen Vater hier zu haben, so nah bei dir und deiner Schwester, oder? Vielleicht bin ich ja altmodisch, aber wenn du erzählst, dasser ins Bad kommt, wenn Sally unter der Dusche steht, oder dass du gesehen hast, wie er deine Mutter an den Haaren aus dem Bett geschleift hat, na ja, ich glaube, manch einer würde das körperliche und seelische Misshandlung nennen. Ich weiß, da spielen auch kulturelle Faktoren eine Rolle, ich will ja nur, dass du und deine Schwester vor einem Mann geschützt werdet, der sich offensichtlich nicht unter Kontrolle hat, der medizinische Überwachung und Medikamente bräuchte. Die Missachtung von persönlichen Grenzen ist eine Sache, aber körperliche Gewalt, das klingt grad so, als würde es selbst gegen grundlegende chinesische Gesetze verstoßen, ganz zu schweigen von den skandinavischen Hippie-Regeln, die bei den Norwegern gelten. Ich hoffe, dass du bald zu mir ziehst (oder wir wechseln in eine größere Wohnung, wenn du Platzangst kriegst), und dann sorge ich dafür, dass dir niemand je wieder zusetzt oder wehtut. Na dann, mein kleiner Kaiserpinguin, sieht so aus, als würde ich das Wochenende durcharbeiten, noch mehr so internes Staatling-Zeugs, aber alle sieben Minuten schaue ich hoch zur Decke oder runter zum Fußboden und stelle mir dein offenes, ehrliches Gesicht vor, und dann bin ich ganz und gar heiter und gelassen und ganz und gar verliebt.
EUNI-DIOTIN AN EUNI-DIOTIN:
Das hier schreibe ich für mich. Eines Tages möchte ich auf diesen Tag zurückblicken und meinen Frieden mit dem schließen, was ich jetzt tun werde.
Mein ganzes Leben hat sich immer um Zweifel gedreht. Aber jetzt ist kein Raum mehr dafür. Ich weiß, ich bin zu jung, um eine Entscheidung dieser Art treffen zu müssen, aber so ist es eben.
Manchmal vermisse ich Italien. So völlig fremd und ungebundenzu sein. Amerika ist vielleicht bald völlig verschwunden, aber ich war ja nie eine richtige Amerikanerin. Das war alles nur vorgetäuscht. Ich war immer ein koreanisches Mädchen aus einer koreanischen Familie, das Dinge auf koreanische Weise tut, und ich bin stolz darauf, was das bedeutet. Es
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