Super Sad True Love Story

nicht unattraktiv, und als er und Joshie sich mit hocherhobenen Händen abklatschten, spürte ich reinen, unverfälschten Neid, eine Emotion, die meine Füße einschlafen und mich kurzatmig werden ließ. «Kümmere dich um unseren Len hier», sagte Joshie zu Howard Shu mit einem Minimum anÜberzeugung. «Und vergiss nicht, er ist ein OG.» Ich hoffte nur, er meinte
Original Gangster
und nicht bloß
Old Guy
. Doch bevor ich über sein jugendliches Gehabe und seine Lockerheit lachen konnte, war er verschwunden, zurück in die offenen Arme, die ihn überall empfangen würden, egal wo und wann er ihre Umarmung brauchte.
    Ich setzte mich Howard Shu gegenüber und versuchte Gleichgültigkeit zu verströmen. Unter seinem glänzend schwarzen Haarhelm tat er das Gleiche. «Leonard», sagte er, und seine Knopfnase leuchtete, «ich hole mir deine Akte.»
    «Bitte, tu das.»
    «Du stehst mit 239   000   Yuan-gekoppelten Dollar in der Kreide», sagte Shu.
    «Was?»
    «Deine Spesen in Europa. Du bist überallhin First Class geflogen. Und für 13   000   Nordeuro Resveratrol?»
    «Nicht mehr als zwei Glas pro Tag. Nur Rotwein.»
    «Das macht zwanzig Euro pro Glas. Und was zum Teufel ist ein Bidet?»
    «Ich habe nur versucht, meinen Job zu machen, Howard. Du kannst doch nicht wirklich   –»
    «Bitte», sagte er. «Überhaupt nichts hast du getan. Bloß Scheiß gebaut. Wo sind die Klienten? Was ist mit diesem Bildhauer passiert, den du schon ‹im Sack hattest›?»
    «Dein Ton gefällt mir nicht.»
    «Und mir gefällt deine Unfähigkeit nicht.»
    «Ich habe versucht, unser Produkt zu verkaufen, aber die Europäer waren nicht interessiert. Die stehen unserer Technologie total skeptisch gegenüber. Und manche von ihnen
wollen
sogar sterben.»
    Die Immigrantenaugen starrten mich wütend an. «Kein Freifahrtschein, Leonard. Keine Deckung hinter JoshiesGutwilligkeit. Du reißt dich am Riemen, oder wir führen Entlassungsgespräche. Du kriegst dein Gehalt vorläufig weiter, wir stecken dich in die Aufnahme, und du wirst jeden verfluchten Fleischkloß bezahlen, den du in Rom gegessen hast.»
    Ich schaute hinter mich. «Nicht hinter dich schauen», sagte Shu. «Dein Papa ist weg. Und was soll
der
Scheiß?» Ein roter Code blinkte im stetigen Chromfluss der Äppärätdaten auf. «Die Amerikanische Restaurationsregierung teilt mit, du bist in der Botschaft in Rom kaltgestellt worden. Hast du jetzt auch noch die ARR am Arsch? Was hast du bloß verbrochen?»
    Noch einmal drehte sich die Welt und fing dann an zu taumeln. «Nichts!», rief ich. «Nichts! Ich habe gar nicht erst versucht, dem Dicken zu helfen. Und ich kenne keine Somalier. Mit Fabrizia habe ich bloß ein paarmal geschlafen. Der Otter hat alles falsch verstanden. Alles ist abgekartet. Der Typ im Flugzeug hat mich auf Video aufgenommen, und ich habe bloß ‹Warum?› gefragt. Und jetzt kann ich Nettie Fine nicht mehr erreichen. Weißt du vielleicht, was sie mit ihr gemacht haben? Ihre GlobalTeens-Adresse ist gelöscht. Und mit GlobalTrace kann ich sie auch nicht finden.»
    «Otter? Nettie
wer
? Hier steht ‹böswillige Angabe unvollständiger Daten›. Scheiße, noch mehr Mist, den ich ausbügeln muss. Zeig mal deinen Äppärät. Herr im Himmel, was ist das denn? Ein iPhone?» Er sprach in seine Hemdmanschette: «Kelly, bring mir einen neuen Äppärät für Abramov. Buch ihn auf die Aufnahme.»
    «Wusste ich’s doch», sagte ich. «Es liegt an meinem Äppärät. Ich habe Joshie grade gesagt, dass er seinen immer bei sich haben sollte. Scheiß-Restaurationsregierung.»
    «Joshie braucht keinen Äppärät», sagte Shu. «Joshiebraucht
überhaupt
nichts.» Er starrte mich mit einem Blick unvorstellbaren Mitleids oder unvorstellbaren Hasses an, in jedem Fall waren seine Züge zu animalischer Reglosigkeit erstarrt. Kelly Nardl kam mit einem neuen Äppärät die Treppe herauf gekeucht, dessen Verpackung selbst ein Regenbogen blinkender Daten und Geräusche war, und eine nasale Stimme mit mittelatlantischem Akzent versprach mir «das Allerneuste auf dem Gebiet der Bewertungstechnologie: RateMe Plus».
    «Danke», sagte Shu und winkte Kelly fort. Vor sieben Jahren, bevor die mächtige Staatling-Wapachung Corporation Joshies Unternehmen für eine groteske Summe aufgekauft hatte, bekleideten Kelly, Howard und ich den gleichen Rang, denn in der «flachen Organisationsstruktur», wie das damals hieß, gab es weder Titel noch Hierarchien. Ich versuchte Kellys Blick zu erhaschen und sie