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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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bloß eine neue Art, Theater zu machen. Sie und Mom und Dad wollen die ganze Zeit Aufmerksamkeit wie verzogene kleine Gören.
    Ben vermisse ich sehr. Irgendwie waren wir beide so kompatibel. Wir mussten gar nicht viel miteinander reden, wir konnten einfach stundenlang im Bett liegen, bei gelöschtem Licht, und alles Mögliche mit unseren Äppäräten anstellen. Mit Lenny ist das ganz anders. Ich meine, bei ihm läuft so vieles falsch, und ich hab den Eindruck, ich muss das alles in Ordnung bringen. Das Problem ist doch, er ist nicht mehr jung und darum der Meinung, dass er nicht auf mich zu hören braucht. Seine Zähne sind aber in viel besserem Zustand, seit ich ihm gezeigt hab, wie man sie richtig putzt, und sein Atem ist frisch wie der Frühling. Wenn er sich nur mal um seine fiesen Füße kümmern würde! Ich werde ihn zwingen, einen Termin bei einem Fußtherapeuten zu machen. Vielleicht bei meinem Vater. BGM! Mein Vater würde ausflippen, wenn ich ihm erzählen würde, dass ich einen sehr alten weißen, ähm, «Freund» habe. Haha. Und erst wie er sich anzieht! Schrecklich. Er hat eine koreanische Bekannte namens Grace (ich hab sie noch nicht kennengelernt, aber ich hasse die Zicke jetzt schon), die geht ab und zu mit ihm shoppen und sucht ihm lauter Old-School-Hipster-Klamotten aus, diese grauenhaften Polyesterhemden aus den 70ern mit Riesenkragen und so. Ich hoffe, unsere Wohnung hat Rauchmelder, er wird nämlich eines Tages darin Feuer fangen. Ich hab ihm jedenfalls von Anfang an gesagt: Hör zu, du bist NEUNUNDDREISSIG, undwir wohnen zusammen, deshalb musst du dich jetzt mal wie ein Erwachsener anziehen. Da war er total angepisst, mein kleiner Nerd, aber nächste Woche gehen wir zusammen shoppen und kaufen Klamotten, die aus TIERISCHEN PRODUKTEN sind, Baumwolle und Wolle und Kaschmir und so gutes Zeug.
    Also, an meinem ersten Tag zurück in Amerika sind wir in den Park gegangen (Lenny hat in der U-Bahn Business-Class-Tickets gekauft! Er kann so aufmerksam sein), und da waren lauter so kleine Hütten für Obdachlose im Central Park. Das war echt traurig. Diese Leute werden aus ihren Wohnungen am Expressway vertrieben, weil der chinesische Zentralbankchef zu Besuch kommt, und Lenny sagt, die Überparteilichen wollen nicht, dass wir in den Augen unserer asiatischen Kreditgeber als Armenhaus dastehen. Da saß so ein armer Schwarzer vor einer dieser Hütten, und der sah aus, als ob er sich schrecklich darüber schämen würde, was aus ihm geworden ist, so wie mein Vater, als er dachte, er würde seine Praxis aufgeben müssen, weil es keine Krankenversicherung mehr gibt. Es nimmt einem Mann einfach die Würde, wenn er für seine Familie nicht mehr sorgen kann. Ich schwöre, ich hätte beinahe angefangen zu heulen, aber ich wollte nicht, dass Lenny den Eindruck kriegt, mir würde irgendwas nahegehen. Und dann hatte der noch so einen alten Computer in seiner Hütte, nicht mal einen echten Äppärät, man konnte richtig hören, wie er hochgefahren wurde, so laut war das. Ich will dich jetzt gar nicht mit Politik langweilen, Pony, aber ich finde es nicht richtig, dass unser Land sich nicht um diese Menschen kümmert. Das ist doch das Gute an unseren Familien: Selbst wenn es richtig schlimm zur Sache geht, werden sie sich immer um uns kümmern, weil sie in Korea so viel Schlimmeres erlebt haben. Weißt du, was witzig ist? Lenny schreibt so eine ArtTagebuch über all die Dinge, die er zu «feiern» hat. Irgendwie idiotisch, aber ich hab auch schon drüber nachgedacht, was ich zu feiern habe, vielleicht die Tatsache, dass ich nicht in einer Blechdose im Central Park leben muss und dass du mich magst und mich vielleicht auch meine Schwester und meine Mutter mögen, und dass ich vielleicht einen echten Freund hab, der sich eine GESUNDE, NORMALE, LIEBEVOLLE Beziehung mit mir wünscht.
    Na, jedenfalls haben uns Lenny und ich dann im Park geküsst. Mehr läuft bis jetzt noch nicht, aber ich hatte ein richtig gutes Gefühl dabei, so als ob etwas Schönes in mir wächst. Ich versuche, es ganz langsam anzugehen und ihn besser kennenzulernen. Im Augenblick sehe ich uns noch als ein Paar, das irgendwie nicht zusammenpasst. Ehrlich, ich habe Angst, im Vorbeigehen unser Spiegelbild anzuschauen, aber je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto richtiger fühlt es sich an. Er hat mir schon gesagt, dass er mich liebt, dass ich die Einzige für ihn bin, die Frau, auf die er sein ganzes Leben gewartet hat. Und er lässt sich auch

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