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Superhirn Sammelband

Titel: Superhirn Sammelband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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beiden jungen durchquerten das Lampengehäuse des alten Turms und stiegen auf die offene Plattform. Der vor kurzem noch so schmerzend helle Silberhimmel bot sich den Augen um einige Schattierungen grauer. Es wehte immer noch kein Wind, und der Ozean lag träge wie Blei.
    »Sieh mal!« staunte Prosper. »Die Brücke zur Insel Oleron ist verschwunden, und die Insel scheint sich zu entfernen – wie ein Schiff!«
    »Die üblichen optischen Täuschungen«, murmelte Superhirn.
    Ein hoher, singender Ton, den man nicht orten konnte, drang an ihre Ohren: die Warnsirenen von Ronce, Marennes, Brossac-Baie und des Yachthafens, der im Dunst verschwindenden Insel.
    »Also doch!« meinte Prosper, »Also doch das Wetter und kein Giftalarm!«
    Wie von unsichtbaren Schnüren gezogen, strebten die typischen Austernkutter ihren Standorten zu, vorerst noch in Pulks, in Linien-oder Keilformationen. Die unterschiedlichen Industriefarben ihrer Rümpfe boten einen phantastischen Kontrast zum grauer und grauer werdenden Hintergrund: Da sah man zinnober-und krapprote, ocker-und sienafarbene Schiffe, flaschen-, lind-und feurig-chromoxydgrüne, blaue, orangefarbene, gelbe und fahlweiße, die tiefschwarz abgesetzt waren. Ihre Volvo-Motore ließen sie miteinander »Schritt halten«, so daß der Eindruck einer geschlossenen Flotte entstand.
    Die grellweißen Fahrtwellen blitzten wie Zahnreihen, unheimlich rein auf der dunklen Fläche. Nun trennten sich die Boote. Einzeln oder gestaffelt, auch im »Gänsemarsch« steuerten sie die Ösen ihrer Heimatkanäle an.
    »Auch die Möwen suchen das Land«, stellte Superhirn fest.
    Er blickte nach Südwesten. Dort verblaßten die Bonbonfarben der Sommerbekleidung Tausender von Gästen. Die Surfer und Sportsegler sah man längst nicht mehr. Prosper quetschte seine Nase an das Barometerglas neben dem Niedergang. »Mensch, ist das gefallen!« staunte er.
    Sie hangelten sich in das Turmgehäuse zurück, verriegelten die Tür und prüften die Fenstersperren. Plötzlich stieß Prosper einen unterdrückten Schrei aus.
    »Was ist?« fragte Superhirn alarmiert.
    »Unter den Ref-f-flektoren ragen B-b-beine hervor!« wisperte Prosper an seiner Seite. »Da liegt einer …!«
    Die Beine waren mit leichten, weißen Halbschäftern und weißen Hosen bekleidet – so wie sie das Laborpersonal des Forschungsinstituts trug.
    »Ein T-t-toter …«, schluckte Prosper.
    »Nein«, entgegnete Superhirn, »Das eine Bein hat sich bewegt!« Mit einer Schuhspitze stieß er gegen die rechte Sohle der Gestalt. »He? Wer sind Sie? Was machen Sie hier?«
    Die Beine verschwanden. offenbar erhob sich die Person hinter den alten, blinden Reflektoren – oder ihren Resten, die bei der Renovierung nicht ausgebaut worden waren. Die jungen wichen zurück. Wider Erwarten war es draußen plötzlich sehr dunkel geworden. Es war Nachmittag, dennoch schien sich die Nacht über den Turm zu senken, Die Gestalt, ein Mann mit schwarzem Lippenbart und einem desto wachsfarbener wirkenden Gesicht, kam gebückt um das Drehgestell herum. Es war ein junger, schlaksiger Bursche. Er trug den Schutzhelm mit dem Zeichen des Instituts.
    »Dachte, das wär ein Gästehaus hier.« knurrte er unfreundlich.
    »I-i-ist es auch«, rief Prosper. »Aber die Gäste sind zur Zeit w-w-wir! Fünf Jungen und ein Mädchen. Im Augenblick ist allerdings außer uns beiden nur Henri da.«
    »Wir sahen Sie nicht kommen«, unterbrach Superhirn den redseligen Freund. »Man hat Sie uns auch nicht telefonisch gemeldet. Haben Sie Ihre Wohnung nicht unten im Institut?«
    »Ja. Aber ich wollte mal allein sein«, behauptete der Bursche. »Übrigens, ich heiße Valery Commard de Sully, Student aus Paris, für zwei Monate hierher versetzt.«
    »A-a-aber das Institut hat Betriebsferien«, wunderte sich Prosper. »Es gibt da unten nur das Stamm-Team und die Feuerwache.«
    »Es gibt auch noch mehr da unten … », brummte der junge Mann. In seiner Stimme klang etwas Bedrohliches. »Ich – ich bin vorhin die Turmtreppe raufgegangen, wollte mich auf der Plattform ausruhen. Es war mir aber zu heiß, und da legte ich mich ins Gehäuse. muß wohl eingepennt sein!« Er blickte auf seine rechte Hand, in der er ein fast armlanges, pilzförmiges Gerät an einem Stiel hielt. »Komisch. Hab einen Krampf in den Fingern. Krieg sie nicht auseinander. Helft mir mal …«
    Er mühte sich, mit der linken Hand die Finger seiner Rechten von dem pilzförmigen Rand wegzubiegen. Es gelang ihm nicht.
    Prosper wollte ihm

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