Supernova
vorzuarbeiten, einen Fusionsprozess
in Gang zu setzen. Aber falls es ihnen gelang, eine Brennstoffzelle
zu finden und die Dockanlage in der Radnabe auszuleuchten,
würden sie ein Kabel von der Romanow bis zur Schalttafel
im Zentrum legen und die Verwaltungsbereiche mit Strom, Heizung und
Ventilation versorgen können. Schließlich hatte
Alt-Neufundland früher Tausende von Bewohnern versorgt. Eine
einzige Energiequelle würde ausreichen, die Leute hier erneut
über Wochen und Monate am Leben zu erhalten, auch wenn sie die
Anlagen zur Nahrungsmittelproduktion und Sauerstofferzeugung nicht
reaktivierten.
»Also, wo haben Sie die Sicherungsdiskette versteckt?«,
fragte Franz Wednesday in täuschend lockerem Ton.
Wednesday runzelte die Stirn. »Irgendwo in der Polizeiwache.
Ist ja schon Jahre her, wissen Sie?« Sie starrte ihn an.
Irgendetwas war merkwürdig an diesem blonden Kerl. Er wirkte
außerordentlich angespannt. »Um dahin zu kommen, werden
Sie Strom brauchen. Für die Fahrstühle.«
»Das ist nicht die richtige Zeit für irgendwelche
Spielchen«, sagte er und sah zu Hoechst hinüber, die ihrem
Funktelefon lauschte. »Sie legen sich besser nicht mit ihr
an.«
»Nein?« Wednesday warf einen Blick auf die Achsen mit
den skelettartigen Portalkränen, die sich hoch oben wie vom
Blitz getroffene Bäume von der Dunkelheit abhoben. »Darauf
wäre ich nie gekommen.«
Portia nickte und nahm das Funktelefon vom Ohr. »Wir haben
Licht«, bemerkte sie mit einer Spur von Genugtuung. Kurz darauf
hallte ein lautes Klicken durch die Dockanlagen in der Radnabe. Oben
schaltete sich die Notbeleuchtung ein und überzog den Boden mit
einem schwachen grünlichen Schimmer. »In wenigen Minuten
müssten wir auch über Heizung und Ventilation
verfügen«, fügte sie selbstzufrieden hinzu. Sie nickte
einer Frau aus ihrem Tross zu, die glatte strohblonde Haare hatte.
»Beginnen Sie damit, die Passagiere von Bord zu holen, Mathilde.
Ich möchte sie in zehn Minuten vom Schiff haben.«
»Sie evakuieren das Schiff?« Wednesday starrte sie
an.
»Ja. Offenbar ist uns eine angehende Flugoffizierin abhanden
gekommen. Ich möchte nicht, dass sie auf irgendwelche dummen
Ideen kommt und wegzufliegen versucht, während wir alle uns auf
der Raumstation aufhalten.« Portia lächelte verkniffen.
»Ich muss zugeben, dass sie eine Chance haben könnte, falls
sie es schafft, die Celldar-Überwachung auszutricksen und sich
den Weg frei zu schießen, schließlich sind da auch noch
Wachleute postiert. Allerdings habe ich doch gewisse Zweifel
daran.«
»Oh«, bemerkte Wednesday ernüchtert. Sie
spürte, dass ihre Ringe vibrierten und in ihr linkes Auge eine
Nachricht projiziert wurde: neue Mail. Sie versuchte sich ihre
Verblüffung nicht anmerken zu lassen. (Eine Mail? Hier?) »Warum haben Sie unsere Botschafter umgebracht?«,
fragte sie aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
»Habe ich das?« Hoechst zog eine Augenbraue hoch.
»Warum sind Sie bei zwei Geheimdienstlern von der Erde
untergetaucht?«
»Geheimdienstlern?« Wednesday schüttelte verwirrt
den Kopf. »Sie wollten doch nur helfen, nachdem Ihre Leute das
Schiff gekapert hatten…«
Portia wirkte belustigt. »Jeder will nur helfen«,
sagte sie und hob ihr Funktelefon an den Mund. »Hallo, wer immer
dran sein mag - Jordaan? Ja, ich bin’s. Es geht um die zwei
Diplomaten von der Erde. Und um diesen verdammten Wichtigtuer von
Schreiberling. Wir machen einen kleinen Abstecher, ehe wir zum
Büro des Stationsleiters gehen. Treiben Sie die Diplomaten und
den Schmierfinken zusammen und nehmen Sie jemanden zur
Unterstützung mit. Wir treffen uns in einer halben Stunde im
Büro des Stationsleiters. Schicken Sie Zursch und Anders mit dem
Schlüssel zum Kommunikationsraum, die sollen dort auf mich
warten. Ich komme, sobald die anderen Dinge erledigt sind.
Verstanden? Richtig. Wir sehen uns dort.«
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Wednesday zu.
»Eigentlich ist es ganz einfach.« Sie holte tief Luft.
»Ich bin hier, um einen großen Schlamassel zu bereinigen,
den mein Vorgänger hinterlassen hat. Wenn ich diesen Schlamassel nicht erfolgreich beseitige, werden viele Menschen sterben,
angefangen mit den eben erwähnten Leuten, die Ihre Freunde sind.
Falls ich versage, werde ich selbst sterben, genauso wie viele
meiner eigenen Leute. Die einfachste Methode, Ihnen – und
Ihren Freunden – klar zu machen, wie sehr mich diese Vorstellung
in Rage bringt, wäre, Ihre Freunde umzubringen. Ich
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