Supernova
die ihr, ohne es zu
wissen, gezeigt hatte, was sie tun musste; und Frank, der ihr mehr
bedeutete, als vielleicht gut für sie war. Auch später
würden diese Freunde für sie da sein, wenn sie erst einmal
herausgefunden hatte, welche Richtung sie einschlagen wollte. Und sie
würden ihr auch dabei helfen, endgültig Abschied von der
Heimat zu nehmen und der Supernova den Rücken zu kehren.
epilog
an der heimatfront
Zu Hause. Allmählich wurde das schon zu einem fremden
Ort, so wenig vertraut wie irgendein Hotelzimmer auf einem fernen
Planeten. Rachel ging in die Diele, ließ ihre Schultertasche
fallen und blinzelte müde: Nach der Bordzeit der Gloriana war es drei Uhr früh, auch wenn die Genfer Uhren zwei Uhr
nachmittags anzeigten. Wenn man von einer Hundert-Kilosekunden-Uhr,
wie die Diplomatie sie verwendete, auf eine Zeitzone der Erde
umschaltete, kumulierten die Effekte. Der Jetlag würde ihr
bestimmt schwer zu schaffen machen.
Martin, der hinter ihr stehen geblieben war, gähnte herzhaft.
»Wie sieht’s aus?«, fragte er.
»Ist alles noch am Platz.« Müde strich sie mit dem
Finger über das Seitenschränkchen. Irgendetwas summte im
angrenzenden Raum, vielleicht eine Abzugshaube für Staub, die
einen neuen Filter benötigte, oder ein Müllroboter mit
kaputtem Kniegelenk. »Wenigstens ist die Wohnung nicht
abgebrannt, während wir fort waren.« Widerwillig blickte
sie auf die Nachrichtenwand, die mit rotem Blinken anzeigte, dass
mehrere Mahnungen wegen nicht bezahlter Rechnungen eingegangen waren.
»Wir müssen uns wirklich mal einen geeigneten Hausverwalter
besorgen, einen, der Verständnis für kurzfristig geplante
dreimonatige Reisen hat. Als ich das letzte Mal so lange fort war,
haben die Leute die Polizei vorbeigeschickt, um die Tür
aufzubrechen. Dachten, ich wäre vielleicht gestorben oder so
was.«
»Du bist nicht tot.« Martin gähnte erneut und
ließ die Eingangstür zuschwingen. »Genauso wenig wie
ich. Ich fühl mich nur so…«
Die dreimonatige Abwesenheit von zu Hause hatte zu einem Berg von
Dingen geführt, die erledigt werden mussten, aber Rachel konnte
und wollte sich jetzt nicht damit auseinander setzen. »Hör
mal, ich dusche und gehe danach ins Bett«, sagte sie. »Wenn
du aufbleiben und dir was zu essen bestellen möchtest, kannst du
das ruhig tun. Oder nimm dir die Rechnungen vor. Aber das kann auch
noch bis morgen warten, oder?«
»Da hast du Recht.« Martin zuckte die Achseln und lehnte
den großen Koffer gegen die Wand, neben eine unglaublich
hässliche Holzskulptur, die den Propheten Yusuf Smith
darstellte. Rachel hatte sie vor ein paar Jahren irgendwo in Marokko
in einer Kasbah erworben. »Ich hatte eigentlich vor, Wednesday
eine Nachricht zu schicken und mich zu erkundigen, wie es ihr und
Frank geht, aber… erst mal ins Bett.«
»Tja.« Rachel stolperte die Stufen zum Zwischengeschoss
hinauf und entledigte sich dabei ihrer Sandalen und dann der Kleider.
Dankbar bemerkte sie, dass die Hausautomaten die Bettwäsche
gewechselt und die Überdecke gereinigt hatten. »Gott sei
Dank, endlich zu Hause und in Sicherheit.« Nach Wochen der
Anspannung und den beängstigenden Tagen, in denen sie den
Übermenschen ausgeliefert gewesen waren, schien es fast zu
schön, um wahr zu sein.
Als sie langsam wieder zu sich kam, war sie sich vage stechender
Kopfschmerzen und großer Übelkeit bewusst. Außerdem
bemerkte sie einen Muskelkater in den Beinen, ein zerwühltes
Bett und ein heftiges Gefühl von Erschöpfung, das ihren
ganzen Körper einhüllte und durchdrang, als hätte man
sie unter Drogen gesetzt. Irgendwann werden sie ein Medikament
gegen Jetlag entwickeln, das wirklich hilft, dachte sie benommen,
doch gleich darauf drängte sich ein anderer Gedanke dazwischen. Wo ist Martin?
»Autsch!«, stöhnte sie und schlug die Augen
auf.
Martin setzte sich im Bett auf und beobachtete sie besorgt.
»Bist du wach? Ich bin die Mails durchgegangen, wir haben ein
Problem.«
»So ein Mist!« Rachel wurde sofort hellwach. Zwar
fühlte sie sich erschöpft, hatte aber die quälende
Gewissheit, dass sie irgendetwas vermasselt hatte. »Um was geht
es?«
»Da steht irgendetwas von einer Sitzung, zu der du heute noch
erscheinen sollst, in etwa einer Stunde. Ich hätte die Nachricht
fast übersehen, sie ist an den Haushalt gerichtet, und die Mail
war nicht als dringlich markiert. Was könnte das sein?«
»Mist! Es ist eine vorbereitete Falle. Wer ist der
Absender?«
Martin blickte zum
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