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Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

Titel: Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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marschierte ohne ein Wort zum Matratzenlager.
    Annelies stand auf und rannte auf ihn zu, umarmte ihn und sagte: «Das hat aber gedauert.»
    «Vielleicht hatte der Prinz Schwierigkeiten, mit seiner Kürbiskutsche an den Wölfen vorbeizukommen», sagte Viktor und erntete einen giftigen Blick von Struck.
    Viktor hätte am liebsten Gregor die Augen zugehalten. Aber es war bereits zu spät. Gregor war längst wach, hatte Struck gesehen und gehofft, dass Ferdinand Bundt für ihn erledigte, wovon der Club der kleinen Lichter seit Jahren träumte. Dann hatte er getan, was er für das Beste hielt: sich auf der Matratze umdrehen und so tun, als hätte er nichts gehört. Nur Viktor hatte es gesehen, und er bewunderte Gregor für seine Umsicht. Er verschafft sich Zeit, um sich zu sammeln, dachte Viktor. Guter Junge.
    Die anderen waren mittlerweile auch wach und hörten mit großer Erleichterung, wie Thomas Struck sagte: «Gruber und sein Team sind auch gleich da. Die Straßen sind weitestgehend wieder befahrbar.»

    Binnen kürzester Zeit war das Lager abgeräumt, Frühstück auf dem Tisch und Annelies dabei, Gruber und seinen Männern das Beweismaterial samt Leichen zu übergeben. Ihr Kollege aus der Rechtsmedizin Bonn bedankte sich und versprach, Annelies über alles auf dem Laufenden zu halten. Sie war so beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkte, wie Thomas Struck ihre Sachen in seinen Wagen verlud. Als der damit fertig war, holte er sie wie das letzte Gepäckstück ab und verfrachtete sie auf den Beifahrersitz.
    Hölderling gab Gruber beim Frühstück einen vollständigen Bericht über die Ereignisse und verpasste, wie der böse Prinz die holde Annelies entführte, ohne dass sie sich voneinander hätten verabschieden können.
    Am späten Nachmittag waren alle Aussagen gemacht, notiert und unterschrieben. Da endlich bemerkte Hölderling das Fehlen seiner Angebeteten und machte sich mit Todesverachtung durch Schnee und Matsch auf den Weg zur Garage. Er setzte sich in seinen kalten Wagen, stellte den CD-Player an und ließ die «Kindertotenlieder» von Mahler durchs alte Gemäuer dröhnen. Er war so nah dran gewesen, so nah wie schon lange nicht mehr, und kam sich vor wie ein Hund, dem – den Knochen bereits vor der Nase – der Boden unter den Füßen weggezogen worden war. Es hatte keinen Sinn, die Stelle abzusuchen, wo der Knochen noch vor wenigen Stunden gewesen war. Vergiss Paris, dachte Hölderling. Vergiss es.
    Als er aus seinen Gedanken wiederauftauchte, waren seine Hände blau gefroren, und er erinnerte sich daran, was er eigentlich hatte tun wollen – sein Manuskript für das Kochbuch aus dem Wagen holen und Ferdinand Bundt übergeben. Und dann würde er so schnell wie möglich nach Hause fahren, sich aufs Sofa legen und mehrere Tage verstreichen lassen, so viele Tage, wie nötig waren, um aus dem Häufchen Elend, zu dem er unweigerlich schrumpfen würde, wieder einen Menschen zu machen. Hölderling spürte mit jedem Kilometer, den Annelies sich von ihm entfernte, wie das Leben aus ihm entwich. Sein Freund und Vorgesetzter Zabel würde das verstehen. Hatte doch auch er gelitten in den letzten Tagen, vermutlich war er sogar von Neid zerfressen worden, dass ihm die Nerven von den bleichen Knochen hingen. Hölderling wusste genau, dass Zabel nichts lieber getan hätte, als an dem Klassentreffen teilzunehmen. Aber die Macht des Schicksals hatte ihn seinerzeit in die Parallelklasse gespült, sodass er natürlich keine Einladung bekommen hatte. Er konnte nur hoffen, dass Frau Klingel mit ihrem Kirschstreusel das Schlimmste hatte verhindern können. Dass Struck zu verhindern wusste, dass Annelies sich von den anderen und vor allem von ihm und Viktor hatte verabschieden können, daran konnte er ablesen, dass Zabel in den letzten Tagen Struck als Blitzableiter benutzt hatte. Vermutlich hatte er ihm sogar Dienste aufgedrückt, zu denen er gar nicht eingeteilt gewesen war. Aber all das würde er bei einem Abendessen bei Jobst Freitag noch früh genug erfahren. Wenn er denn wieder bereit war, am Leben teilzunehmen.
    Als Hölderlings Handy klingelte, waren seine Finger so klamm, dass er kaum in der Lage war, das kleine Telefon zu bedienen. Was ihm letztendlich die nötige Energie dazu verlieh, war der Name, der auf dem Display erschienen war: Schneckchen. Er hielt das Handy in seiner zitternden Hand, nahm den Anruf aber nicht an – in der Hoffnung, dass Annelies ihm eine Nachricht auf der Mailbox hinterließ, die er niemals

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