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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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ohne jede Konkurrenz, an der ich mich messen musste. Am nächsten Morgen arbeitete sich Skinny bei 13 Grad im allerersten Licht des Tages durch ein Frühstück aus vier Aspirin, einer Tasse Kaffee und einem Joint. Sein sonnengebräuntes Gesicht grinste breit unter seiner schwarzen Sonnenbrille.
    «Sooooo», sagte er und atmete aus, «guten Morgen, mein Sohn. Wohin geht's?»
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, hohe Wolken im Osten röteten sich mit der Dämmerung; er saß in der offenen Tür seines winzigen Trailers und knackte mit den Knöcheln, schlüpfte in seine ausgelatschten Flip-Flops und nippte an seinem Kaffee.
    «Sharkenport?», wollte er wissen. «Shark's Creek? Ooooooh. Will uns das etwas sagen?» Ich erhaschte endlich einen kurzen Blick in seinen Wohnwagen und sah, was ich erwartet hatte: überall Klamotten, eine Matratze, die fast die gesamte Fläche ausfüllte, an den Wänden Ausschnitte aus Surfmagazinen, vorwiegend die allgegenwärtige Insulanerin im Tanga. Wir fuhren fünfzehn Meilen hoch nach Norden, um uns seinen Lieblingsspot anzusehen – ein abgelegener Strand, der auch von Männern für Stelldicheins in den Büschen bevorzugt wurde.
    «Taugt nichts», sagte Skinny. «War schon besser. Siehst du diesen Baby-Swell?»
    Sah ich zwar nicht, wollte mich aber nicht streiten. Wohin also? Ortegas?
    «Die Lane könnte was sein.» Also Kehrtwende und zurück zur Stadt, während die Sonne jetzt über den Gabilan Mountains aufging und zwei Frauen in schwarzen Lycrasuits vorüber joggten…
    «Hör mal, Kumpel», sagte Skinny plötzlich.
    Ja?
    «Wenn wir die Lane zusammen surfen, musst du cool sein.»
    Wie bitte?
    «Du regst dich immer auf. Also, ich will nicht unbedingt, dass jemand denkt, wir seien zusammen dort. Also johl mir nicht zu oder so, okay? Hast du verstanden?»
    Was? Warum nicht, zum Teufel? Hatte er von meinem Tag mit dem Kajakfahrer gehört? Meinem Ausbruch gegenüber Apollo?
    «Du sollst nur die Klappe halten und nicht weiter auffallen», sagte er. «Ich glaube, du merkst es nicht mal.» Skinny surfte an massenhaft besuchten Surfspots, was ganz allgemein hieß, Spots mit wohletablierter Hackordnung. Und da er ein Bursche war, der viel von seiner Energie darauf verwandte, den imaginären Schicksalsschlägen dieser Welt auszuweichen und allen Groll zu meiden, hatte er sich nie seinen Weg in diese Hackordnung gebahnt, sondern einfach seinen periphären Rang in der Surfwelt akzeptiert.
    Ein kleiner Gummihai lag auf dem Armaturenbrett. Sein Maul bestand nur aus Zähnen. Während er alle Surfspots, an denen wir vorbeikamen, mühelos benennen konnte – Chicos, Fresnos, Gas Chambers, Electric Chairs –, inszenierte ich auf meinem Finger aus der Tiefe heraus ansteigende Brandung, stellte mir vor, aus welchem Winkel dieses Maul hoch genug kommen würde, um den Surfer zu packen. Das kleine Gummispielzeug klammerte sich beharrlich an meinen Finger.
    An der Steamer Lane waren schon Autos und Trucks versammelt: Schreiner, Dachdecker und Maler, Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren, sie alle waren vor der Arbeit auf einen Blick hierher gekommen, nippten an einem Kaffee, die Fenster wegen der Kälte geschlossen. Ein Geländer trennte den Gehsteig von der Klippe, gegen die das Meer brandete. In dem diffusen Licht, die Sonne noch hinter Wolken, fuhr ein Surfer eine saubere grüne Wand entlang, die krachend durch die Morgendämmerung brach – sah irre aus.
    «Glaub nich.»
    He?
    «Hat den Sand verloren, der im letzten Frühling über dem Riff lag, Rennstrecke unregelmäßig. Ich will heute Schwung, Hochleistung, etwas zum Knallen.»
    Und wo?
    «Oooooh, keine Ahnung. Brauch was zum Rippen, weißt du? So ein Gefühl, wie wenn es mit dir durchgeht, wie wenn der ganze …» – er knirschte mit den Zähnen, kniff die Augen zusammen – «verdammte vordere Rand in eins abstürzt und … irgendwie die ganze Spitze der Welle versetzt…»
    Wie wär's mit Cowdoodies? Ein reißender Surfspot links vom Strand, zu dem man nach einem Fußmarsch über Weideland gelangte.
    «Die Szene da ist mir zu heavy.»
    «Da ist doch nie jemand.»
    «Aber du willst trotzdem nicht von einem da draußen erwischt werden; die Kerle haben meinem Kumpel in den Rucksack geschissen.»
    Immerhin geschütztes Regenpfeifer-Brutgebiet; kleine Vögel, die im Sand nisten.
    Skinny, Skinny, Skinny. Er war kurz vor mir auf der High School in Berkeley gewesen, in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Basketball, Gewichtheben, kleine

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