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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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korrigierte Hausarbeiten in einem Diner, während wir über Betonwellen ratterten und durch tiefe Senken sausten, Freestyle Bowls, Buckelpisten und Slalomparcours fuhren, glatte Wände entlangschossen, uns in die Tiefe stürzten und wieder herauf. Als Tim merkte, dass blaue Cordhosen für 35° C Hitze im Central Valley nicht sonderlich gut geeignet waren, skatete er runter zum Einkaufszentrum, machte einen Bogen um den Diner, stahl eine Schere und – Bingo – kam in Shorts wieder. Wenn man rief: «Dropping in», hieß das, eine Senke zu durchqueren; mit zwölf wiederholte ich das abends im Bett. «Dropping in!» war das Geltendmachen einer Zugehörigkeit – ich gehöre dazu. Einer wirkenden Kraft – ich tue. Sommernachmittage auf einem Tennisplatz auf einem Dach, wo wir Sperrholzplatten am Drahtzaun festgezurrt hatten, um die ansteigende Betonkrümmung zu verlängern: Schwung holen, die Wand hoch, drehen und wieder runter. Wie über den Rand der brechenden Welle. Dann fünfundzwanzig Cents und den Nummer-7-Euclid-Bus rauf zu den Hügeln von Berkeley, im Gepäck eine Hand voll Doughnuts und so energiegeladen, dass wir alles hätten bewegen können. Wir bretterten schmale Bürgersteige hinunter, zogen enge Kurven. Im Handumdrehen konnte man in den Petunien von jemandem landen. Wieder in der Innenstadt, rein in den Shuttlebus – gratis für Studenten der Universität und Zwölfjährige mit Skateboard – und hoch zum Campus. Wenn es dunkel wurde, stiegen wir aus dem Bus, rauchten im Gebüsch einen Joint, richteten unsere Bretter hügelabwärts und überließen uns der Schwerkraft. Surfer sagen: «Gott muss ein Surfer sein»; der Architekt der Universität in Berkeley muss ein Skateboarder gewesen sein. Fast eine Meile lang schlängelten sich makellose Asphaltwege durch gepflegte Rasenflächen. Kalte Luft im Gesicht, die Jeans vom Sandpapierstreifen auf dem Brett schon durchgescheuert. «Roller!» – ein Bullenwagen lauerte irgendwo vorne im Schatten, und das Wort flog von Mund zu Mund. Wir brachen zur Seite hin ins Gras aus, purzelten übereinander und rutschten über den feuchten Rasen.
    Asphalt aber ist hart: der Fuß eines Kids wurde in einer Senke völlig nach hinten verdreht; Adam Crowley brach sich das Bein («Mann, du hättest es sehen sollen, der ganze Knochen stand raus. Also, ich kann ihn zwar nicht ausstehen, aber irgendwie tat er mir doch Leid»); Skateboard-Held Ivor Brown sprang von einem großen Hügel, um seinen Schwung auslaufen zu lassen, schlug mit den Hacken gegen seinen Hintern, fiel herunter und glitt auf dem Kinn über den Boden wie ein Schlitten aus Fleisch. Also bremste ich an Kreuzungen ab, war feige und schaute nach rechts und links. Reed Deleuth, ein Wahnsinniger wie aus dem Comic und später Geschwindigkeitsfreak in Hell's Kitchen, erzählte mir, wie er den Verkehr an einer Kreuzung sah. «Ich scheiß auf sie», sagte er, durch und durch Kalifornier, «wenn sie mich anfahren, verklage ich ihren Arsch und werde reich.» Und natürlich einer, der dabei blieb; Luke Marcus, professioneller Teenager und Skateboarder, wurde Cross-Country-Skirennfahrer und zog in eine Stadt hoch oben in der östlichen Sierra Nevada. Als Endorphin-Junkies und strenge Vegetarier liefen er und seine Frau an den meisten Samstagen zwanzig Meilen in großer Höhe und legten die fünfzig Meilen von Mammoth nach Yosemite einmal auf Skiern an einem Tag zurück. An Wochentagen folgte sie ihm um zwei Uhr morgens mit dem Wagen, während er fünfzehn Meilen lang und weit über tausend Höhenmeter zurücklegend auf dem Skateboard den Asphalt der June Lake Road hinabbretterte, durch die pinienduftende alpine Luft flog, sich in weite, sanfte Biegungen legte und die Wellen im Kontinentalriff bis hinunter in öde Wüstenlandschaften ritt. Und als ich endlich einen Führerschein hatte, fuhr ich über die Bay Bridge nach San Francisco, vorbei am Golden Gate Park und unzähligen, mit Stuck verzierten Viktorianischen Häusern bis zur Zementpromenade, wo der breite Ocean Beach eine kosmopolitische Metropole von der Wildnis trennte. Prompt wurde ich von der Brandung niedergemacht und zurückgespült, ohne eine Welle ergattert zu haben. Ich saß am Strand zwischen Bierdosen, Transvestiten und Fischern und fragte mich, was eigentlich mit mir verkehrt war.
    Den endgültigen Ausschlag gaben dann die Schulausflüge entlang der Küste, Camping an einsamen Stränden und Barbecue im Sand. Der Surf-Mythos hat gewiss Geschichten über die

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