Surf
ist zu rein und sensibel für den plumpen Kontakt mit einem gelegentlichen Pseudo-Surfer.» Ein drittes Plakat stellte Dora an die Spitze der Evolutionskette und präsentierte ihn in erkennbar faschistischen Begriffen als schlechteren Surfern genetisch überlegen. Etwas von alledem trifft das Herz der Surfer, die eine größere Welt und ihre korrumpierenden Absichten verabscheuen; es war genau die Art von Fremdenfeindlichkeit, die ich genoss, wenn ich mit Vince herumfuhr und zuhörte, wie er über die Barneys auf der anderen Seite des Hügels fluchte, die per Autotelefon ihre Einschätzung der Brandung an befreundete Software-Techniker weitergaben, oder über die Johnny-come-lately-Typen, die glaubten, ein Recht zu haben, am Point zu surfen (irgendwie war mein eigener Status noch nicht zur Sprache gekommen). Solche Gefühle mögen einfach nur die gewöhnliche menschliche Rivalität aufzeigen, scheinen aber auch mit dem Preis verbunden, den jeder hingebungsvolle Surfer gezahlt hat. Bei so viel Hingabe für so wenig materiellen Gewinn oder Status kommt jeder Gelegenheitssurfer einer Anmaßung gleich, der all die investierte Zeit in ihrem Wert zu mindern droht.
In Surfers, the Movie erklärt Dora seine Abneigung gegenüber dem modernen Leben: «Ich kann auf der nördlichen Hemisphäre nicht leben. Ich muss weit zurück in die Zeit, als all diese Tiere, all dieses Leben, die Austern, die Schalentiere, das Ganze ein Teil dieses Geruchs war, Teil dieses Mittelpunkts … Die ganze Herrlichkeit des Wellenreitens ist dieses lebendige Wesen, die Kommunikation zwischen dir und der gesamten Wirklichkeit und Existenz auf diesem Planeten.» Die Verbindung zwischen Natürlichkeit und Xenophobie tritt in einer weiteren Facette von Doras zweifelhaftem Anspruch auf Ruhm klar zu Tage: als archetypischer Surf-Nazi. Jahrelang hatten Surfer mit dem äußerlichen Firlefanz des Nazismus gespielt. In den 1930ern warb «The Swastika Surfboard Company» mit Plakaten im Stil des Realismus für ihre mit Hakenkreuz verzierten Bretter, und 1959 berichtet C.R. Stecyk in The Surfer's Journal , der amerikanische Meister im Surfen, Jack Haley, und sein als «Wehrmacht» kostümiertes Gefolge seien barfuß im Gänsemarsch ins Point Loma Theater einmarschiert, hätten sich hingesetzt, Böller angezündet und «Sieg heil» gerufen. Stecyk erklärt den Nazi-Fimmel der Surfer zur harmlosen Spielerei mit dem Kram, den alle Väter aus dem Krieg mitgebracht hatten – Schwerter, Helme, Offiziersuniformen der Deutschen und Noll sieht Doras Bemalung der Surfboards mit Hakenkreuzen im selben Licht: Er tat es, weil er wusste, dass es die Leute ärgern würde. Das hat sicherlich eine gewisse Plausibilität, da die Täter zumeist Kids waren, die wenig über den Holocaust wussten. Aber Mike Doyle erinnert sich auch daran, dass Dora zum Tennisspielen nach Beverly Hills kam – wo viele Juden wohnen – und dabei einen langen Trenchcoat voller Nazi-Kriegsorden, eine Militärmütze und ein Hakenkreuz an einer Halskette trug. Und auch an Doras Plan, die Strandhütte in San Onofre niederzubrennen und Hakenkreuze auf die Schuppen zu malen – um dem Inselstil seinen Surfnazismus entgegenzusetzen –, konfrontierte die ursprüngliche, ethnische Surferästhetik mit weißer Überheblichkeit und Arroganz. Doyle schreibt, dass Dora 1973 dabei erwischt wurde, wie er ungedeckte Schecks ausstellte. Seine Freilassung auf Bewährung nutzte er dazu, zu verschwinden, und Jahre später wurde er in Biarritz verhaftet und saß ein paar Monate in französischen Gefängnissen, ehe man ihn auswies. (Kurz zuvor hatte Vince ihn in einer Surferherberge in Spanien getroffen, dann noch einmal auf den Kanarischen Inseln; und er erinnerte sich, dass ihm an dem Burschen nicht viel lag.) Nachdem er seine Gefängnisstrafe in den Staaten abgesessen hatte, zog Dora offenbar (ausgerechnet!) nach Südafrika. Viel später wird Dora für Surfers, the Movie interviewt und fasst es so zusammen: «Mein ganzes Leben ist diese Flucht, ist diese Welle, in die ich stürze … und ich kämpfe um mein Leben, riskiere alles, Mann; und hinter mir rutscht mir die ganze Scheiße den Buckel runter… die kreischenden Eltern … schreiende Lehrer, Polizisten, Priester, Politiker, Windsurfer … sie alle fallen hinten runter und zwar kopfüber … auf das verdammte Riff… Rumms! Und ich kämpfe um mein Leben, und wenn die Welle abgeritten ist, ziehe ich einen Bogen, reite eine neue Welle und fange die ganze verdammte
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