Survive
sich, und ein breites Lächeln gleitet über sein Gesicht, als sei er stolz darauf, soeben eine kleine philosophische Rettungsluke für mich konstruiert zu haben.
»Danke«, murmele ich.
Er legt die Arme noch einmal um mich und reibt mir den Rücken. Seine Arme geben mir das Gefühl von Wärme und erinnern mich daran, wie sehr ich friere.
»Mir ist so kalt«, sage ich schniefend. »Du musst ganz erfroren sein.«
»Bin ich«, bestätigt er.
»Dort entlang«, sage ich. Ich greife nach seiner Hand und ziehe. Schweigend gehen wir zum Heck des Flugzeugs.
Kapitel 17
Als wir den kurzen Weg zum Heck zurückgelegt haben, ist es fast dunkel. Wir öffnen die Tür und schlüpfen hinein. Es ist eng, aber wir schaffen es nebeneinanderzustehen, obwohl wir aufgrund der Schräglage gezwungen sind, uns an die Wand zu lehnen.
Paul sieht sich um.
»Hier ist es gut.«
Ich greife in meine Jacke und reiche ihm einen Energieriegel und die Chips. Er sieht alles nur mit einem verlegenen Blick an.
»Meine Hände sind zu taub. Ich kann das nicht aufmachen.«
Ich ziehe meine Fäustlinge aus, stecke ein Ende des Riegels in den Mund und reiße die Verpackung auf. Dann gebe ich ihn wieder Paul. Er hält den Riegel in seinen Handschuhen, beißt die Hälfte ab, dann drückt er mir den Rest in die Hand. Der Riegel ist halb gefroren, und wir haben alle Mühe, ihn zu kauen.
Paul zeigt auf die Chips, und ich reiße die Tüte auf. Wir schnappen uns beide eine Handvoll und schaufeln sie uns in den Mund. Ich merke sofort, dass das ein Fehler war, und Paul begreift es ebenfalls. Wir sehen einander an und versuchen, den halb gefrorenen, karamellartigen Energieriegel und die fettigen Chips zu kauen, und beginnen zu lachen. Wir mampfen und kauen und schmatzen, aber die riesigen Klumpen in unseren Mündern werden einfach nicht kleiner. Paul fängt an, übertriebene Kaubewegungen zu machen, und dann probiert er zu sprechen, was anscheinend unmöglich ist, wenn man Kartoffelchips und Energieriegel im Mund hat.
»Wwwwsser.«
»Was?«
Er macht eine Trinkbewegung, und ich schüttele den Kopf.
»Gaaaar nichts?«, fragt er.
Ich schüttele abermals den Kopf. Meine Augen gewöhnen sich allmählich an das Schummerlicht, und ich sehe ihn zum ersten Mal genau an. Sein ganzer Körper zittert unkontrolliert. Ich nehme ihm die Sonnenbrille ab und berühre sein Gesicht. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie wenig er anhat. Wenn er seine Jacke nicht hätte, wäre er tot. Trotzdem ist es keine dicke Jacke, auch wenn das täuschen kann.
Außerdem trägt er nur Jeans, und, soweit ich erkennen kann, unter der Jacke ein dünnes Flanellhemd.
»Mein Gott. Du bist ja völlig erfroren.«
Ich ziehe schnell die Kleider hervor, die ich für ihn unter meine Jacke gestopft habe, und reiche sie ihm.
Er sieht zuerst seine Stiefel an, dann mich.
»Kannst du sie mir aufschnüren?«
Ich ziehe meine Handschuhe aus, zerre an den Schnürsenkeln und löse die Knoten. Dann ziehe ich den Stiefel so weit auf, wie ich kann.
»Zieh dein Bein raus, und ich halte fest«, befehle ich.
Irgendetwas klemmt, aber schließlich rutscht sein Fuß heraus. Ich schnüre den nächsten Stiefel auf, und Paul befreit den anderen Fuß.
»Die Socken auch.«
Langsam schäle ich seine Socken herunter, nicht ohne dass Paul einige Male aufjaulen muss.
»Verdammte Scheiße, das brennt«, flucht er mit zusammengebissenen Zähnen.
»Tut mir leid«, sage ich. »Ich versuche, vorsichtig zu sein.«
Sein ganzer Körper ist rot gefroren, und als ich ihn berühre, erscheinen auf seiner Haut kleine weiße Flecken. Seine Kleidung ist feucht und klamm vom Schnee. Die Felswand hat ihn vor dem schlimmsten Unwetter geschützt, vor allem vor dem Wind, aber er hat stundenlang dort draußen gehangen und war der Kälte ausgesetzt.
»Meine Hose bitte auch«, sagt er und versucht immer noch, die Finger zu bewegen.
Ich schaue zu ihm auf. Seine Augen sind sanft, himmelblau. Ich nicke, als mache es mir überhaupt nichts aus. Ich habe noch nie einem Jungen die Hose ausgezogen, und ich hätte mir sicherlich nie träumen lassen, dass es unter solchen Umständen passieren könnte: auf dem Gipfel eines Berges, in der Toilette eines abgestürzten Flugzeugs, mitten im Schneesturm.
Ich lege meine Hände an seine Jeans. Da ist ein Gürtel, den ich lockere und dann aus der Schnalle ziehe. Ich öffne den Hosenknopf und mache den Reißverschluss auf. Ich lege die Finger um seine Hüfte und umfasse beide Seiten. Ich drehe den Kopf zur
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