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Survive

Survive

Titel: Survive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Morel
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Seite und ziehe, so fest ich kann. Er hebt ein Bein, und ich ziehe das eine Hosenbein über seinen Fuß, dann das andere.
    »Und die hier – sie ist patschnass«, sagt er und langt sich an die Rückseite seiner Unterhose.
    Ich ziehe instinktiv meine Augenbrauen hoch und frage: »Meinst du wirklich?«
    Er streckt mir seine Hände entgegen, und zum ersten Mal sehe ich, wie rot und geschwollen sie sind.
    »Okay, entschuldige. Ich mach die Augen zu.«
    Er lächelt und schüttelt den Kopf. »Tut mir leid hierfür. Das ist echt peinlich.«
    Ich schließe die Augen, schiebe die Hand unter den Gummizug an seiner Hüfte und ziehe die Hose langsam herunter, bis er sie von seinen Beinen geschüttelt hat. Ich schnappe mir die langen Unterhosen und halte sie ihm auf, sodass er hineinschlüpfen kann, was er auch tut. Ich stehe auf und ziehe sie ihm über den Schritt. Ich wage einen unauffälligen Blick und spüre, wie sich die Röte in mein Gesicht stiehlt. Ich halte ängstlich den Blick gesenkt, da ich Angst habe, er könnte es bemerken.
    Ich schnappe mir die trockene Jeans und wiederhole die ganze Prozedur. Als ich fertig bin, ziehe ich uns beiden trockene Wollsocken an.
    Ich sehe zu, wie Paul mit unbeholfenen, geschwollenen Händen die Jeans über seine Socken zieht. Ich verspüre den Impuls, seine Hände zu berühren, was mich überrascht, weil sie so grob wirken. Ich gebe dem Impuls nicht nach. Stattdessen sehe ich ihm in die Augen, und er starrt zu mir herab.
    »He«, sage ich.
    »Danke«, antwortet er. »Wir sollten zusammen schlafen.«
    »Wie bitte?«
    »Entschuldigung, in dem Schlafsack meine ich natürlich. Wir haben hier einen leidlichen Schutz gefunden, aber unsere Körperwärme ist unser größter Aktivposten; und im Schlafsack können wir sie optimieren. Wenn es wieder hell ist, werden wir uns etwas anderes überlegen.«
    »In Ordnung«, willige ich scheinbar gleichgültig ein. Innerlich brülle ich: Oh Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    Dann füge ich hinzu: »Ja, klingt absolut vernünftig.«
    Wir klettern beide in den Schlafsack, und ich ziehe langsam den Reißverschluss zu. Es ist kuschelig eng, und seine Vorderseite drückt sich an meinen Rücken. Wir passen ineinander wie zwei Halbmonde, die Seite an Seite liegen. Obwohl Paul nun trockene Kleider trägt, verströmt sein Körper eine Kälte, die zu ertragen unvorstellbar qualvoll sein muss. Seine Hände sind direkt vor mir, sodass ich sie eingehender betrachten kann. Seine rechte Hand ist rot und kalt, aber seine linke ist voller Prellungen und Schnittwunden. Beide wirken sie geschwollen und entzündet. Als würde er merken, dass ich sie anstarre, sagt er: »Ich werde jetzt meine Hände auf dich legen, okay? Ich brauche die Wärme.«
    Langsam schiebt er die Hände unter meine Jacke und meinen Pullover, seine langen Arme umfangen mich, und dann legt er die Hände unter meine Arme. Blut schießt mir in die Wangen und vor unerwarteter Erregung wird mir ganz flau im Magen. Ich bin noch nie so berührt worden, und obwohl es wahrscheinlich rein platonisch gemeint ist, spüre ich etwas wie einen Stromschlag durch meinen Körper fahren.
    »Ist das allzu schlimm für dich?«, fragt er. »Tut mir leid.«
    »Es geht schon«, antworte ich. Aber seine Körperwärme tut gut, viel besser, als wenn ich allein in dem Schlafsack stecken würde. Instinktiv verschränke ich die Arme vor der Brust und lege meine Hände auf seine. Er ächzt vor Schmerz.
    »Deine Hände sind nicht so zart, wie ich sie in Erinnerung habe«, flüstert er mir ins Ohr.
    Mit einem Lächeln denke ich an unser erstes Gespräch.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass wir hier sind«, sage ich.
    »Und ich kann nicht glauben, dass du schon nach einem Tag mit mir schläfst.«
    »Okay, aber ich wiederum kann nicht glauben, dass du mich dein kleines Geheimnis wissen lässt«, sage ich.
    »Welches Geheimnis meinst du, meine Philosophenfreundin?«
    »Du fängst an, Witze zu machen, wenn du nervös bist, also macht es dich wohl nervös, mit mir einen Schlafsack zu teilen, was?«
    Ich weiß, dass er lächelt – ich kann es in meinem Herzen fühlen. Für eine lange Zeit sagt er nichts. Wir liegen einfach nur auf der Seite da und lauschen auf den Wind und unsere Atmung. Unsere Füße sind gegen die Wand neben der Toilette gedrückt, und unsere Köpfe liegen weich auf unseren Mänteln.
    »Danke«, flüstert er.
    »Ich bin keine Philosophin«, flüstere ich zurück. »Ich meine, ich habe nicht Philosophie als Hauptfach. Ich

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