Susan Andersen
auch immer“, grummelte er. Dann – als ob er diese momentane Schwäche wieder ausgleichen müsste – musterte er Poppy von Kopf bis Fuß. „Sie sind heiß.“
„Ja, ich weiß. Damit muss ich leben. Können wir also anfangen?“ Sie deutete mit dem Kinn auf die Malutensilien auf dem Gehweg und streckte ihre Hand aus. „Jeder von Ihnen schuldet mir siebenunddreißig fünfzig.“
Danny durchwühlte sein Portemonnaie und überreichte Poppy den geforderten Betrag. Cory und Henry wirkten schuldbewusst, so sehr sie es auch zu verbergen versuchten.
Cory sagte säuerlich: „Ich hab nur zehn fünfzig.“
„Und ich hab nur zwanzig“, gestand Henry.
„Dann werden wir einen Ratenplan aufstellen“, erwiderte Poppy leichthin, nahm das Geld entgegen, das sie hatten, und schrieb einen Vermerk in ihr Notizbuch. „Sie werden jedes Mal, wenn wir uns treffen, etwas einbezahlen, bis die Schulden abbezahlt sind. Für den Fall, dass Sie keine Möglichkeit haben, das Geld selbst zu verdienen, sind die Ladenbesitzer, deren Fassaden Sie verschandelt haben, bereit, Ihnen kleinere Arbeiten zu übertragen und dafür einen Mindestlohn zu bezahlen.“
„Verdammt großzügig von denen, wenn Sie mich fragen“, knurrte Jase.
„Die Regel, nicht zu fluchen, gilt auch für Sie und mich, Detective de Sanges“, informierte Poppy ihn ruhig. „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie genauso viel Respekt zeigen würden, wie wir es uns von Ms. Capelli, Mr. Gardo und Mr. Close wünschen.“
„Klar, Detective“, sagte Henry. „Zeigen Sie uns verdammt noch mal ein bisschen Respekt.“
De Sanges zog die dunklen Brauen zusammen und sah Henry gerade in die Augen, bis der Junge in seinen riesigen Sneakern mit den offenen Schnürsenkeln verlegen von einem Fuß auf den anderen trat. Dann wandte er sich an Poppy: „Ja, Ma’am. Tut mir leid.“
Als klar war, dass keiner der Teenager etwas sagen würde, richtete Poppy sich wieder an Cory und Henry. „Haben Sie beide die Konditionen verstanden?“
Cory nickte kurz.
Auch Henry nickte und sagte: „Ja, kein Ding. Ich warte einfach, bis mein alter Herr wieder in seine Flasche kriecht, und dann schau ich mal, was er noch in der Brieftasche hat.“
So viel Mitgefühl Poppy auch für den Jungen empfand, sie ließ sich nichts anmerken, das Henry als Mitleid hätte deuten können. „Dann lassen Sie uns loslegen.“
Jase beobachtete aus einigem Abstand, wie Poppy alte Kittel austeilte. Besonders aufmerksam betrachtete er das Mädchen, das ihre viel zu große Lederjacke auszog und sorgfältig außerhalb der Gefahrenzone zusammenlegte. Calloway hatte recht, das Mädchen war eine Überraschung. Er war nicht dabei gewesen, als sie geschnappt wurden, hatte aber immer nur etwas von drei Jungs gehört. Cory war groß für ihr Alter und zum Glück nicht eines dieser verhungert wirkenden Mädchen, die man heutzutage so oft sah. Doch die Haut in ihrem Nacken sah weich und verletzlich aus wie die eines Babys.
Herr im Himmel! Er runzelte die Stirn, weil er nicht wusste, woher dieser Gedanke kam. Jedenfalls würde er mit ihr nicht nachsichtiger sein, nur weil sie ein Mädchen war. Do the crime, you do the time. Wer das Gesetz brach, musste dafür zahlen, das war sein Motto. Ihr verflixter Nacken war vermutlich sowieso nicht zu sehen, wenn sie wie ein Junge gekleidet nachts durch die Straßen streifte.
Doch bei dieser Vorstellung breitete sich ein ungutes Gefühl in seinem Magen aus ... was ihn nur noch angespannter werden ließ. Er zwang sich, die Aufmerksamkeit von dem Mädchen loszureißen und auf die Verursacherin dieses ganzen Affentheaters zu richten.
Woraufhin er ein unangenehmes Gefühl der ganz anderen Sorte verspürte. Eilig schob er es beiseite und dachte stattdessen darüber nach, dass diese Frau selbst irgendwie eine ziemliche Überraschung war. Er wusste nicht genau, was er erwartet hatte, vermutlich auf jeden Fall etwas mehr Mutter Teresa.
Ohne Frage konnte sie gut mit den Jugendlichen umgehen. Sie war ruhig, aber streng, was ihn wunderte. Er hatte gedacht, sie würde sich als ihre Freundin aufspielen, was vollkommen fehl am Platz gewesen wäre. Tatsächlich aber hatte sie ihnen nichts durchgehen lassen, nicht die Sache mit den Schulden und auch nicht diese Respektregel. Gleichzeitig behandelte sie die drei auf eine Weise, die sie nicht trotzig werden ließ. Das war wirklich bemerkenswert.
Dieser kleine Scheißer Henry hatte zumindest in einer Hinsicht recht: Sie war heiß. Erstaunlicherweise,
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