Susan Andersen
Optimisten-Brille, meinen Sie?“
„Ja.“ Sie grinste ihn an und begann, eine Geschichte aus ihrem Kunstunterricht zu erzählen. Eines musste man dem Babe lassen, dachte er auf der Fahrt quer durch die Stadt: Mit ihr wurde einem nie langweilig. Nach der Anekdote über einen Jungen erklärte sie ihm das Auswahlverfahren der drei Highschools in Seattle für ihr Projekt. Emilia zum Beispiel, zu der sie gerade fuhren, war auf Vorschlag eines Lehrers ausgesucht worden.
Bevor sie Roxbury erreichten, fuhr Jase von der Hauptstraße ab, bog dann ein weiteres Mal ab und fuhr die Tenth hinunter, bis er das Haus gefunden hatte, das er suchte. Es war ein kleines, aber sehr gepflegtes holzverkleidetes Einfamilienhaus mit einem schönen Garten. Nachdem er davor geparkt hatte, stiegen sie zum dritten Mal an diesem Abend aus und gingen auf die Tür zu. Er wartete einen Schritt hinter Poppy, als sie auf die Klingel drückte.
Ein hübsches Mädchen, ungefähr so groß wie Poppy, öffnete. Jase vermutete, dass es sich um die vielgepriesene Ms. Suarez handeln musste – eine Vermutung, die sich bestätigte, als sie überrascht ausrief: „Ms. Calloway!“
Der Blick, den sie Poppy zuwarf, war zugleich erfreut und entsetzt... und Jases professioneller Radar schaltete sofort auf Alarmstufe Rot.
„Hallo, Emilia“, sagte Poppy. „Tut mir leid, dass ich dich zu Hause störe ...“
„Hören Sie auf mit dem Mist“, unterbrach er sie mürrisch. Das Mädchen zuckte zusammen, als ob sie ihn eben erst bemerkt hätte. Er trat vor. „Wo ist Darnell?“
Emilia blinzelte heftig, während Poppy vor ihn sprang und ihn mit zusammengekniffenen Augen anstarrte. Sie legte ihre Hand an seine Brust, um ihn von dem Mädchen wegzuschieben und zischte: „Zurück, Detective!“
Er sah sie direkt an und senkte den Kopf ein wenig, um mit den Lippen die Worte guter Cop, böser Cop zu formen. Doch sie wirbelte schon wieder zu dem Teenager herum, ohne dass er wusste, ob sie bereit war mitzuspielen.
„Ms. Suarez, dieser charmante Gentleman ist Detective de Sanges“, sagte sie. „Darnell wird vermisst, seine Großmutter ist krank vor Sorge, und Detective de Sanges hat ein paar Fragen, die er Ihnen stellen möchte.“
Mit einem schnellen Blick über ihre Schulter trat Emilia nach draußen auf die Veranda und schloss die Tür hinter sich. „Ich weiß nicht, wie Sie auf mich kommen, Ms. Calloway“, erwiderte sie, konnte aber Poppys klaren Blick nicht halten. Jase sah sie gleich gar nicht an. „Ich weiß überhaupt ni...“
„Ich schlage vor, dass Sie erst einmal nachdenken, bevor Sie die Ich-weiß-nichts-Karte ausspielen“, schnitt er ihr mit harscher Stimme das Wort ab und warf ihr einen finsteren Blick zu. Mit dem Kinn zeigte er auf Poppy. „Ihre Lehrerin hier kauft Ihnen das vielleicht ab, aber ich nicht. Und Sie wollen lieber gar nicht wissen, was Ihnen alles blühen kann, wenn Sie meine Ermittlungen behindern ...“, nämlich verdammt noch mal gar nichts, „... und ich herausfinde, dass Sie gelogen haben. Was Sie gerade tun, Ms. Suarez.“ Dann fügte er etwas freundlicher hinzu: „Aber ich gebe Ihnen die Chance, das Problem aus der Welt zu räumen. Wo ist Darnell?“
Das Mädchen packte Poppys Hand und zerrte sie von der Veranda. Über die Schulter warf sie Jase einen trotzigen Blick zu. „Lassen Sie uns hinter dem Haus darüber reden.“
Nachdem sie das Haus umrundet hatten, gingen sie im Gänsemarsch einen schmalen Weg entlang, bis zu einem großen Garten mit saftigem Rasen und unzähligen Blumen. In einer Ecke stand eine Holzhütte, die aussah wie ein winziges Haus. Bäume und Büsche gewährten Schutz vor den links und rechts stehenden Nachbarhäusern.
„Emilia, das ist ja fantastisch!“, rief Poppy mit der Begeisterung aus, die, wie Jase inzwischen herausgefunden hatte, typisch für sie war.
Das Mädchen lächelte voller Stolz. „Hat mein Papi gebaut“, erklärte sie. „Er arbeitet für einen Landschaftsgärtner, der sagt, er habe wirklich einen grünen Daumen.“
Jase sah zu, wie der Teenager Poppy herumführte und ihr ein paar Minuten lang die Besonderheiten des Gartens zeigte. Dann fragte er: „Wo ist Darnell?“
Zögernd drehte sie sich zu ihm um. „Ich sagte Ihnen ...“
Mit zwei großen Schritten stand er direkt vor ihr. „Und ich habe Ihnen die Konsequenzen genannt, mit denen Sie rechnen müssen, wenn Sie mich noch einmal anlügen. Hören Sie auf, mich zum Narren zu halten.“
„Aber ich halte Sie nicht zum
Weitere Kostenlose Bücher