Susan Andersen
in seinem Pokerface zu erkennen. Als sie die Zeichnung ansah, ahnte sie, warum er Mrs. Jacksons nicht so einfach geglaubt hatte. Ein Junge mit traurigen, alten Augen, aber einem gutmütigen Lächeln sah ihr entgegen.
„Dieser Junge mag vielleicht schlechten Einfluss haben, aber Darnell hat ihn mit Liebe gezeichnet“, sagte sie sanft, voller Bewunderung für das Talent ihres Schülers.
„Ja.“ Jase stand auf. „Den Eindruck habe ich auch.“ Mrs. Jackson kam mit dem Zettel aus der Küche zurück. „Mrs. Jackson, wir werden Darnells Foto und diese Informationen mitnehmen und ihn suchen. Ich gebe Ihnen sofort Bescheid, wenn ich etwas höre.“
Die ältere Frau bedankte sich, indem sie seine Hand in beide Hände nahm. Dann tat sie dasselbe bei Poppy.
Fünf Minuten später im Auto sah Jase zu Poppy hinüber, und etwas in seinen dunklen Augen überzeugte sie davon, dass er diesen Fall jetzt genauso ernst nahm wie sie.
„Dann werden wir uns mal mit Freddy Gordon unterhalten“, sagte er und drehte den Zündschlüssel um.
10. KAPITEL
Oh, Mann, dieses Lächeln. Ganz zu schweigen davon, was er getan hat. Jetzt ist es offiziell. Ich bin erledigt.
D as Erste, was Jase tat, als er vor einem heruntergekommenen Haus ein paar Blöcke und eine ganze Welt von Mrs. Jacksons Haus entfernt anhielt, war, sein Handschuhfach aufzuschließen und seine Dienstwaffe herauszunehmen. Dann schnappte er sich seine Dienstmarke und ein Notizbuch, das schon bessere Tage gesehen hatte. Während er aus dem SUV stieg, schob er das Buch in eine Hosentasche und die Dienstmarke in die andere. Zuletzt steckte er die Waffe hinten in die Jeans, zog das T-Shirt aus dem Bund und ließ es darüberfallen. So. Nun fühlte er sich nicht mehr so nackt.
Dieses Mal saß Poppy noch auf ihrem Sitz, als er um den Wagen kam. Er öffnete die Tür, doch sie rührte sich nicht, sondern sah ihn nur an.
„Ich bin nicht gerade begeistert über die Waffe, de Sanges.
„Tut mir leid, das zu hören, Calloway. Und ich bin nicht begeistert über diese Gegend. Die Waffe bleibt.“
Sie betrachtete ihn noch einen Moment, dann nickte sie. „Ich weiß, was Sie meinen. Warum habe ich das Gefühl, dass dieser Junge hier nicht so viel Fürsorge erfährt wie Darnell von seiner Oma?“
„Weil Sie mit genug Kids gearbeitet haben, um ein Gefühl dafür zu bekommen? Ach, zur Hölle, vielleicht auch nur, weil es ein sonniger Abend ist, aber alle Rollläden runtergelassen sind oder weil dieser Ort einfach wie eine Müllkippe aussieht.“ Er sah zu dem Garten, der mit kaputten Fahrrädern und Motorrädern übersät war. „Selbst das, was nicht viel kosten würde, ist hier nicht gemacht worden.“
Auf der wackeligen Veranda blieben sie stehen. Im Haus plärrte Oprah im Fernsehen. Als Poppy sich schon wieder nicht von der Stelle rührte – was überhaupt nicht typisch für sie war –, griff er um sie herum, um an die Tür zu klopfen.
Einige Sekunden später fiel sein Blick einige Zentimeter tiefer auf ein kleines Mädchen. Es trug ein mit Essensresten beschmutztes T-Shirt und Cordhosen. Den Finger fest in den Mund gesteckt, starrte sie mit ernsten Augen zu ihnen auf.
Endlich kam Leben in Poppy „Ja, hallo du“, murmelte sie mit einem kleinen Lächeln und ging vor dem Kind in die Hocke.
Das kleine Mädchen streckte die Hand aus, um die blonde Lockenmähne zu berühren. Sein eigenes Haar sah aus, als ob es schon länger weder Bürste noch Kamm gesehen hätte. Schüchtern begannen die kleinen Lippen um den nassen Finger zu lächeln.
Jase riss den Blick von Poppy, deren dünner Rock sich bauschte, als sie sich wieder erhob und dabei sanft mit den Fingerspitzen über den Kopf des Mädchens strich. Stattdessen sah er nun in die Augen einer verärgerten klapperdürren Frau, die an der Tür erschienen war.
Ohne auf die Asche zu achten, die von ihrer Zigarette fiel, starrte sie zurück.
„Sind Sie Mrs. Gordon?“, fragte er.
Misstrauisch kniff sie die Augen hinter der Wand aus Rauch zusammen, die sie zwischen sie geblasen hatte. „Wer will das wissen?“ Dann musterte sie ihn eingehender. „Scheiße. Ein Bulle.“ Gleich darauf glotzte sie Poppy an. „Und Sie sehen so nach Weltverbesserer aus, also sind Sie ... was? Vom Jugendamt?“
„Nein, Ma’am. Ich bin nicht vom Jugendamt. Darnell Jackson ist in meinem Kunstunterricht. Er wird vermisst, und wir versuchen, ihn zu finden. Und wir haben gehört, dass er mit Freddy befreundet ist.“
„Nun, der is sicher nicht
Weitere Kostenlose Bücher