Susan Mallery - Buchanan
im Büro vorbei und wir essen zusammen? Dort hätten wir mehr Ruhe als hier.“
„Sehr gerne“, sagte Dani.
Wahrscheinlich fühlte er sich genau so seltsam wie sie selbst. Ein gemeinsames Mittagessen war eine großartige Idee. Nach ein paar zwanglosen Treffen würden sie sich bestimmt langsam näherkommen. Das Gefühl des Fremdseins würde verschwinden, und sie würden sich gut miteinander verstehen. Sie würden eine Familie sein.
Alex nahm seine Autoschlüssel. Dani war vor ein paar Minuten nach Hause gegangen, also konnte auch er sich auf den Heimweg machen. Er hatte nicht vor ihr gehen wollen – als würde etwas Schlimmes passieren, wenn er sie nicht im Auge behielt.
„Du runzelst ständig die Stirn“, sagte Ian, der mit dem Rollstuhl auf ihn zufuhr. „Beim Essen hattest du auch die ganze Zeit diese Falten auf der Stirn.“
„Ich bin eben ein kritischer Mensch.“
„Ich mag sie. Sie findet mich witzig.“
„Sie war nur höflich.“
Ian grinste. Die meisten Menschen würden seine verzerrten Gesichtszüge nicht deuten können, doch Alex erkannte, was hinter den unkoordinierten Zuckungen seiner Muskeln steckte. Ian war höchst amüsiert.
„Du willst, dass es niemand merkt, aber ich glaube, du magst sie“, sagte Ian.
„So ein Blödsinn. Ich empfinde überhaupt nichts für sie.“ Das war fast die Wahrheit.
„Sie ist hübsch.“
Alex schüttelte den Kopf. „Du bist siebzehn. In deinem Alter findet man jedes weibliche Wesen hübsch.“
„Das liegt an meinen Hormonen. Die funktionieren sehr gut bei mir.“ Ian grinste nun nicht mehr. „Im Ernst, du solltest nicht so skeptisch sein. Sie ist cool.“
Zugegeben, Dani hatte gut auf Ian reagiert, dachte Alex. Er nahm an, dass es mit ihrer Vergangenheit zu tun hatte.
Ein Nachmittag im Internet hatte jede Menge Informationen über Danielle Buchanan, die Jüngste der Buchanan-Geschwister ergeben. Auf dem College hatte sich ihr Verlobter beim Football schwer verletzt. Trotz seiner Querschnittslähmung, die ihn an den Rollstuhl fesselte, war Dani während der Zeit seiner aufwendigen Physiotherapie bei ihm geblieben und hatte ihn danach geheiratet. Sie wusste, wie es war, mit jemandem zusammenzuleben, der nicht der Norm entsprach.
„Ich traue ihr nicht“, sagte Alex.
„Weil sie Dads leibliches Kind ist?“
Alex starrte seinen Bruder erstaunt an. „Wie kommst du denn darauf?“
Ian überdrehte die Augen. „Mir entgeht so leicht nichts, schon vergessen? Als Mom und Dad sich vorhin unterhalten haben, habe ich ein bisschen mitgehört. Ich weiß, wer Dani ist.
Er klang nun besorgt und auch ängstlich. Alex hockte sich vor ihn und nahm seine verkrüppelte Hand. „Wir wissen esnoch nicht genau. Es dauert ein paar Tage, bis der DNA-Test ausgewertet ist. Aber selbst wenn sie Dads Tochter ist – du wirst immer sein Sohn bleiben. Das hier ist deine Familie, und du wirst uns so schnell nicht los.“
„Sie ist nicht behindert.“
„Ein Grund mehr, sie nicht zu mögen.“
Nun grinste Ian wieder. „Ich habe gesehen, wie du sie während des Abendessens nicht aus den Augen gelassen hast. Du findest sie sexy.“
Alex richtete sich auf. „Sie ist okay.“
„Du müsstest wieder mal vögeln.“
„Darüber unterhalte ich mich ganz sicher nicht mit meinem siebzehnjährigen Bruder!“
„Du bist nicht so gut aussehend und charmant wie ich“, entgegnete Ian. „Aber du könntest ja mal gucken, ob du Chancen bei ihr hast. Wenn nicht, versuche ich bei ihr zu landen. Wir sind ja adoptiert, das heißt, dass sie nicht unsere leibliche Schwester ist. Glaubst du, sie würde mit mir zum Highschool-Abschlussball gehen?“
„Sie ist zu alt für dich.“
„Du weißt ja, was man über ältere Frauen sagt ...“
Alex legte Ian die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. „Komm, quäl jemand anderen, bitte. Ich muss jetzt gehen. Bis bald.“
„Also willst du doch etwas von ihr, stimmt’s? Falls nicht, lass es mich wissen.“
„Ich gehe jetzt. Wünsch mir gute Nacht, Ian.“
„Gute Nacht, Ian.“
4. KAPITEL
D ani stellte ihren Wagen vor Glorias Haus ab. Sie stieg aus und betrachtete das vornehme, dreistöckige Gebäude, das vor beinahe hundert Jahren erbaut worden war.
Als sie klein war, hatte ihr dieses Haus immer Angst gemacht. Später, als Teenager, repräsentierte es für sie einen Lebensstil, mit dem sie nichts anzufangen wusste, und mit Anfang zwanzig war das Haus für Dani so etwas wie eine Lebenseinstellung, die es zu erobern galt.
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