Susan Price
Bewunderung. Sie wollte auch so einen schönen warmen Umhang haben, wünschte sich ihn so sehr, dass es wehtat – aber sie wusste, dass sie nie und nimmer einen besitzen würde.
»Meine Frau, Aldgytha«, sagte Morcar und nahm sie bei der Hand. Wieder schaute er umher. »Ich hoffe, es gibt hier einen Ort, wo wir bleiben können.«
Owen trat einen halben Schritt zurück und sank in sich zusammen, um klarzumachen, dass er nichts zu sagen hatte. Das ließ Hild das Sagen, aber selbst sie war vom Reichtum der Leute eingeschüchtert. Sie zeigte aufs Haus und setzte sich gleichzeitig in Bewegung. »Bitte«, sagte sie, »tretet ein!« Aldgytha lüpfte den Umhang und den Rock, damit sie nicht schmutzig wurden, und trippelte mit kleinen Schritten los, um den schlimmsten Schlamm und Dreck zu vermeiden. Morcar legte den Arm um sie, um ihr zu helfen.
Ebba war in Panik und rannte schnell vor ihnen ins Haus. Dann huschte sie über die Decken und Strohmatratzen bis ans andere Ende. So sah sie sie hereinkommen. Sie zogen den Kopf tiefer ein, als es nötig gewesen wäre, und blickten dann um sich. Auf ihren Gesichtern mischten sich in gleichem Maß Höflichkeit und Abscheu.
Auch Ebba blickte sich um. Keines der Hofgebäude war viel höher, nämlich so, dass man aufrecht stehen konnte, und alle hatten niedrige Türen, weil es einfacher war, sie so zu bauen. Aber alle waren daran gewöhnt. Erst als Ebba sah, wie diese reichen Leute sich so tief duckten und beim Aufrichten so überrascht waren, kam ihr der Gedanke, dass es vielleicht bequemer wäre, höhere Häuser mit höheren Türen zu haben.
Auch hatte bisher immer ein Raum für alle ausgereicht, bis sie sah, wie Morcar und Aldgytha alles mit so ausdruckslos höflichen Mienen musterten. Da fiel auch ihr der grobe Verputz an den niedrigen Wänden auf und wie Rauch und Ruß im Laufe der Jahre die Wände, die dürren Dachsparren und das Stroh darauf geschwärzt hatten, sodass jede Berührung einen schwarzen Schmierfleck hinterließ. Aldgythas schöner Leinenkopfputz und der scharlachrote Umhang würden allein davon schmutzig werden, dass sie in diesem Haus Platz nahm. Kein Wunder, dass sie so bestürzt dreinschaute.
Die Gäste standen im Mittelgang, der sich durchs gesamte Haus zog. Vor ihnen war der Raum, wo alle lebten, aßen und schliefen. Hinter ihnen auf der anderen Seite war ein Stall, in dem man nachts Tiere unterbringen konnte. Von dort drang der starke Geruch nach Dung und Schweiß herein. Morcar blickte über die Schulter zu dem Stall und sagte zu Hild: »Habt ihr nichts Besseres als das hier?«
Genau das hasste Hild an solchen Leuten am meisten. Und auch Ebba war aufgebracht, obgleich sie es üblicherweise genoss, wenn Hild in Verlegenheit war; denn es war Elflings Haus, das diese Menschen kritisierten.
»Tut mir leid, Herr«, sagte Hild. »Das ist unser Haus. So leben wir nun einmal.«
Morcar nickte. Dann führte er seine Frau über die auf dem Boden verstreuten Decken und Strohsäcke und fand für sie ein warmes Plätzchen beim Feuer. »Hast du Hunger?«, fragte er sie. »Oder Durst?« Sie antwortete irgendwas. »Hab einen Augenblick Geduld«, sagte er. »Ich sorge dafür, dass alles ausgepackt wird.«
Ohne Hild einen weiteren Blick zu gönnen – Ebba hatte er überhaupt noch nicht bemerkt –, ging Morcar in den Hof und erteilte seinen Leuten barsch Befehle. Dinge wurden vom Wagen abgeladen und ins Haus gebracht. Felle, Kissen, Becher, Teller, Lederbeutel mit Getränken und kleine Päckchen mit Essbarem. Mit Kissen machte man es Aldgytha bequem, und einer von Morcars Männern bereitete ein kleines Mahl für sie zu. Ebba versuchte von ihrem Versteck hinten im Haus zu sehen, was Aldgytha aß, doch ohne Erfolg. Sie hatte aber Angst, diesen Platz zu verlassen, weil sie dachte, dass Morcar böse werden würde, wenn er sie sah.
Morcar wandte sich an Hild, die immer noch außer sich vor Zorn im Mittelgang stand, und sagte zu ihr ganz freundlich: »Ich habe gesehen, dass in den Außengebäuden noch viel Platz ist.«
Hild funkelte ihn an. »Du meinst in den Ställen, Herr?«
»Für deine Leute«, erklärte er und deutete auf seine Frau am Feuer. »Wir nehmen diesen Raum. Deine Leute können eine oder zwei Nächte in den Ställen schlafen. Nur bis wir mit dem Heiler gesprochen haben.«
Hild stand der Mund offen. Sie starrte ihn sprachlos an.
»Also, wo ist der Heiler?«, fragte Morcar.
»Draußen, Herr«, brachte Hild hervor.
»Draußen?« wiederholte er, als sei
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