Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
wird Jorge uns schon Bescheid sagen, und dann müssten wir überzeugendere Argumente auspacken. Aber die Frau klang ziemlich verängstigt. Es muss schon ziemlich unheimlich sein, wenn dich ein Fremder anruft und dir erzählt, er hätte mit deinem toten Bruder gesprochen, und der sei ziemlich sauer auf dich. Ich wette, sie tut auf der Stelle, was wir verlangt haben.«
Jack starrte zu mir hoch. »Und das war’s jetzt?«, fragte er. »Mehr wollte er nicht von uns? Nur dass wir seine Schwester dazu bringen, die Halskette zurückzugeben?«
»Den Rosenkranz«, verbesserte ich ihn. »Ja, das war’s.«
Es erschien mir nicht wichtig zu erwähnen, dass es sich hierbei um einen ausgesprochen einfachen Fall gehandelt hatte. Normalerweise waren die Probleme, deretwegen Tote keinen Frieden fanden, um Längen komplizierter und nicht durch einen einzigen Anruf zu regeln. Manchmal kam es sogar zu Handgreiflichkeiten. Erst vor
Kurzem hatte mir ein Geistertrupp ein paar Rippen gebrochen und mich damit ins Krankenhaus verfrachtet - undankbare Gesellen, die meine Bemühungen, ihnen ins Jenseits zu verhelfen, kein bisschen zu schätzen wussten.
Aber Jack hatte noch alle Zeit der Welt, um zu lernen, dass nicht alle Untoten wie Jorge waren. Außerdem hatte er doch heute Geburtstag, und den wollte ich ihm nicht vermiesen.
Also schob ich nur die Tür der Telefonzelle auf und sagte: »Los, wir gehen schwimmen.«
Jack war von all dem so verdattert, dass er nicht einmal Protest einlegte. Aber natürlich hatte er noch jede Menge Fragen … und ich beantwortete sie ihm so geduldig und ausführlich, wie ich konnte. Und dazwischen brachte ich ihm Kraulen bei.
Das soll jetzt keine Angeberei sein, aber ich muss sagen, dass Jack Slater sich am Ende des Tages - dank meines sensiblen Unterrichts und meines wohltuenden Einflusses - genauso verhielt wie ein normaler Achtjähriger und sogar schwimmen konnte.
Nein, kein Witz. Der kleine Hosenscheißer war wie ausgewechselt. Er lachte zwischendurch sogar. Indem ich ihm zeigte, dass er die Geister nicht zu fürchten brauchte, die ihn sein ganzes bisheriges Leben gequält hatten, schien ich ihn beinahe von allen Ängsten befreit zu haben. Es dauerte nicht lange und er rannte um den Pool herum, stürzte sich mit Arschbomben ins Wasser und nervte die ganzen Doktorengattinnen, die sich auf Liegestühlen bräunten. Wie gesagt, er benahm sich wie ein ganz normaler Achtjähriger.
Er begann sogar eine Unterhaltung mit ein paar anderen Kindern, die von einer meiner Babysitter-Kolleginnen gehütet wurden. Und als einer von denen Jack Wasser ins Gesicht spritzte, brach der nicht etwa in Tränen aus, wie er es noch einen Tag zuvor getan hätte, sondern spritzte einfach zurück. Woraufhin Kim, die Babysitterin, die neben mir im Pool Wasser trat, verdutzt fragte: »Meine Güte, Suze, was hast du bloß mit Jack Slater angestellt? Der benimmt sich ja fast … normal .«
Ich versuchte nicht allzu stolz zu grinsen.
»Ach, ich hab ihm einfach nur Schwimmen beigebracht«, sagte ich achselzuckend. »Wahrscheinlich hat das sein Selbstbewusstsein gestärkt oder so.«
Kim beobachtete, wie Jack und ein anderer Junge die Synchron-Arschbombe machten, um ein paar kleine Mädchen zu ärgern, die wie erwartet aufkreischten und die Jungs mit ihren Schwimmbrettern zu bewerfen versuchten.
»Also echt«, sagte Kim. »Ich fasse es nicht. Der ist ja ein ganz anderes Kind geworden.«
Jacks Familie konnte es genauso wenig fassen. Ich brachte Jack gerade Rückenschwimmen bei, als ich von der anderen Seite des Pools einen lang gezogenen Pfiff vernahm. Jack und ich schauten gleichzeitig auf. Dort stand Paul, der mit seinem Schläger und der ganz in Weiß gehaltenen Tenniskleidung total Pete-Samprasmäßig aussah.
»Das gibt’s doch nicht«, rief er. »Mein Bruder und Schwimmen! Und er scheint auch noch Spaß dabei zu haben. War hier ein Wunderheiler unterwegs, oder was?«
»Paul!«, schrie Jack. »Guck mal, was ich kann!«
Und schon kraulte er quer durch den Pool auf seinen Bruder zu. Sein Stil war vielleicht keine Meisterleistung, aber immerhin blieb Jack immer schön oben und ging nicht unter, das musste man ihm lassen.
Paul ging am Beckenrand in die Hocke, und als Jack bei ihm auftauchte, tunkte er dessen Kopf spielerisch noch mal unter.
»Glückwunsch, Champion!«, sagte er, als Jack wieder hochkam. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal den Tag erlebe, wo dein Gesicht so nass wird.«
Jack strahlte ihn an. »Zurück kann
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