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Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Titel: Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Forschertagebücher, Virenkunde … alles Bücher, die ich vielleicht meinem Vater zum Vatertag schenken würde, wenn, na ja, wenn mein Vater noch lebte. Mein Stiefvater war eher für Kochbücher zu haben. Ausgerechnet Themen, die für mich nur trocken und langweilig waren, fand Jesse brennend interessant. Wahrscheinlich weil er bei vielen der beschriebenen Ereignisse sozusagen live dabei gewesen war.
    Mir entfuhr ein Seufzer, während ich den Fragebogen vor mir anstarrte. Jesse mochte vielleicht tot sein, aber selbst er wusste, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Oder angefangen hätte, wenn er nicht gestorben wäre. Und wenn sein Vater nicht andere Pläne für ihn gehabt hätte.
    Und ich? Ich genoss alle Vorzüge dieser Welt und hatte trotzdem keine Ahnung, wie mein Leben aussehen sollte.
    Ich wusste einzig und allein, dass ich es mit Jesse verbringen wollte.
    »Noch zwanzig Minuten!« Mr Waldens donnernde Stimme riss mich aus den Gedanken. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich versunken aufs Meer hinausgestarrt hatte, das nur eine knappe Meile entfernt lag und durch die großen Klassenzimmerfenster zu sehen war. Eine willkommene Ablenkung, gerade für Schülerinnen wie mich. Im Gegensatz zu den meisten meiner Mitschüler war ich nicht am Meer aufgewachsen. Es übte immer wieder eine wahnsinnige Faszination auf mich aus.
    Ähnlich der Faszination, die Jesse für die modernen Wissenschaften empfand.
    Im Gegensatz zu Jesse hatte ich aber immerhin die Möglichkeit, mich dieser Faszination auch konkret-körperlich hinzugeben.
    »Noch zehn Minuten!« Mr Waldens Stimme ließ mich erneut zusammenfahren.
    Noch zehn Minuten. Ich schaute auf meinen Antwortzettel. Halb leer. Gleichzeitig bemerkte ich CeeCees panischen Seitenblick. Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den Zettel und schien mir mit ihren violetten Augen sagen zu wollen: Nun mach schon!
    Ich griff mir den Bleistift und kreuzte wahllos Kästchen an. Mir doch egal, was ich da antwortete. Vollkommen egal. Ohne Jesse hätte ich sowieso keine Zukunft. Mit ihm aber auch nicht. Was sollte er denn tun, mit mir an die Uni gehen? Mich zu meinem ersten Job begleiten? Mit in meine erste Wohnung einziehen?
    Klar, kein Problem.
    Paul hatte recht: Ich war so bescheuert. Mich in einen Geist zu verlieben! Zu glauben, wir hätten eine gemeinsame Zukunft! Bekloppt, echt!
    »Die Zeit ist um.« Mr Walden nahm die Füße von seinem Pult. »Bleistifte hinlegen. Und dann reichen Sie die Zettel bitte nach vorne durch.«
    Es überraschte mich gar nicht, dass Paul sich gleich nach der Stunde zu mir gesellte. »Das war ja ein Schwachsinn«, murmelte er auf dem Weg zu unseren Spinden. »Ich meine, unsere berufliche Zukunft steht doch eh schon fest, oder?«
    »Na ja, reich werden kann man damit nicht gerade.« Zu spät dämmerte mir, dass man es mit Pauls Methoden durchaus zu einiger Barschaft bringen konnte. »Jedenfalls nicht auf anständige Weise«, fügte ich daher hinzu.
    Paul schien das keineswegs aus dem Konzept zu bringen. Er grinste nur.
    »Darum hab ich mich auch für eine juristische Laufbahn entschieden«, sagte er. »Dein Vater war doch Anwalt, oder?«
    Ich nickte. Ich redete nicht gern mit Paul über meinen Vater. Mein Vater verkörperte für mich das Gute im Menschen. Und Paul … das genaue Gegenteil.
    »Hatte ich’s doch richtig im Kopf«, fuhr er fort. »Im Rechtswesen gibt es kein Schwarz und Weiß, nur Grauschattierungen. Natürlich, solange man den richtigen Präzedenzfall heranzieht.«
    Ich schwieg. Ich konnte mir Paul gut als Anwalt vorstellen. Allerdings nicht wie meinen Dad als Pflichtverteidiger, sondern eher als einer von den Winkeladvokaten, die reiche Promis vertreten, die über dem Gesetz stehen, die Kohle mit beiden Händen für ihre Verteidigung raushauen und damit weitab von Recht und Ordnung agieren können.
    »Dich hingegen, meine Liebe«, unterbrach Paul meinen Gedankengang, »sehe ich eher im sozialen Bereich. Du mit deinem angeborenen Helfersyndrom.«
    »Klar«, entgegnete ich, bei meinem Spind angekommen. »Vielleicht sollte ich in Pater Doms Fußstapfen treten und ins Kloster gehen.«
    »Das wäre Verschwendung«, antwortete Paul und lehnte sich an den Spind neben meinem. »Ich dachte da eher an Sozialarbeiterin. Oder Therapeutin. Ehrlich, du kannst dich gut auf die Probleme anderer Leute einlassen.«
    Wie wahr. Genau das war auch der Grund, warum ich heute so nah am Wasser gebaut war. Letzte Nacht, nachdem Jesse verschwunden war, hatte ich mich

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