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Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch

Titel: Susannah 6 - Auch Geister sind romantisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Slaski, Paul … sie alle hatten recht gehabt. Ich war diejenige, die danebenlag, ich! Jesse zog es vor, zu leben, statt mir zu begegnen, statt mich kennenzulernen … mich zu lieben …
    Ich hätte es wissen müssen. Und tief in mir hatte ich es wohl auch gewusst. Welcher Zwanzigjährige hätte nicht eine zweite Chance auf sein Leben haben wollen? Wer würde nicht alles für eine solche Chance aufgeben?
    Und was hatte Jesse denn zu verlieren? Nichts. Außer mich.
    Mein Dad hatte mir schon vor längerer Zeit vorgeworfen, ich würde Jesse zurückhalten. Ich wäre der Grund, warum er keinen Frieden fände. Das sah auch Pater Dominic so. Er war der Meinung, wenn ich ihn wirklich liebte, müsste ich ihn ziehen lassen.
    Und jetzt war es klar. Jesse wäre lieber frei als mit mir zusammen.
    Gott, was für ein Idiot ich war, was für ein absoluter Idiot.
    Jesse ließ meinen Arm los.
    Aber statt der Worte, die ich erwartete – Du darfst ihm nicht folgen. Ich will leben, wenn ich die Chance dazu habe –, statt dieser Worte sagte er mit eiskalter Stimme: »Du darfst ihm nicht folgen. Er ist zu gefährlich. Ich werde hingehen und ihn aufhalten.«
    Hatte ich mich verhört? Hatte er wirklich – wirklich! – das gesagt, was ich da gerade zu hören meinte?
    »Jesse, du verstehst nicht ganz … Er will dich retten. Er will, dass du in jener Nacht nicht ermordet wirst.«
    »Ich verstehe sehr gut«, sagte Jesse. »Paul ist ein Narr, der Gott spielen will. Ich weiß nicht, woher er sich das Recht herausnimmt, mit meinem Schicksal zu spielen. Aber eines weiß ich: Es wird ihm nicht gelingen. Nicht, solange ich es verhindern kann.«
    Langsam kam mein stockendes Blut wieder in Gang. Ich konnte wieder richtig atmen. Erleichterung stieg in mir auf.
    Er wollte bleiben. Jesse wollte bleiben. Er wollte lieber bleiben als leben. Er wollte lieber bei mir bleiben, als sein damaliges Leben weiterzuleben.
    »Geh nicht«, sagte ich und erschrak selbst über den schrillen Ton in meiner Stimme. Die Erleichterung machte mich ganz kirre. »Du kannst ihn nicht aufhalten, Jesse, Paul wird …«
    »Was genau hattest du denn mit ihm vor, Susannah?«, unterbrach er mich unsanft. Wenn ich bisher noch nicht hundertprozentig von seinem Willen überzeugt gewesen wäre, hier und heute bei mir zu bleiben – sein unwirscher Tonfall hätte es mir spätestens jetzt gezeigt. »Was wolltest du machen, es ihm ausreden? Nein, nein, es ist zu gefährlich.«
    Die Liebe, die ich für ihn empfand, erfüllte mich mit einem Mut, den ich nie zuvor gefühlt hatte. Ich schlüpfte in meine Motorradjacke und sagte: »Paul wird mir nichts antun, Jesse. Ich bin der Grund, warum er das alles überhaupt veranstaltet.«
    »Ich spreche auch nicht von Paul. Ich spreche vom Zeitreisen. Slaski hat dir doch gesagt, dass es gefährlich ist?«
    »Schon, aber …«
    »Dann wirst du es nicht tun.«
    »Jesse, ich habe keine Angst …«
    »Nein!« Jesse hatte einen Ausdruck in den Augen, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. »Du bleibst hier. Ich gehe. Überlass das mir.«
    »Jesse, sei doch kein …«
    Doch einen Augenblick später sprach ich ins Nichts. Jesse war fort.
    Ich wusste natürlich, wo er hin war. Zur Basilika. Für einen kleinen Plausch mit Paul, wo er die Fäuste sprechen ließ.
    Aber Jesse würde zu spät kommen. Wenn er dort einträfe, wäre Paul bestimmt schon nicht mehr in der Basilika. Jedenfalls nicht in der Basilika in unserer Zeit.
    Mir blieb nur eine Möglichkeit. Aber nicht das, was Jesse mir vorgeschlagen hatte, nämlich nichts zu tun. Wie sollte ich hier untätig herumsitzen, wenn ich schon bald alle Erinnerungen an Jesse vergessen haben könnte?
    Ich wusste, was ich zu tun hatte.
    Und dieses Mal würde ich nicht den Fehler begehen, mir vorher bei jemandem Rat einzuholen.
    Ich ging zu meinem Bett hinüber, hob das Kopfkissen an und zog darunter das Miniaturporträt von Jesse hervor, das er seiner damaligen Verlobten Maria geschenkt hatte. Und auf dem ich Nacht für Nacht schlief, seit ich es gestohlen … äh … bekommen hatte.
    Ich sah mir Jesses zuversichtlichen Blick an, schloss die Augen und formte sein Bild vor meinem geistigen Auge. Und zwar hier in diesem Zimmer, allerdings nicht so, wie es heute aussah, mit dem Rüschenbaldachin über dem Bett und dem rosafarbenen Prinzessinnen-Telefon (danke noch mal, Mom!).
    Nein, ich stellte mir vor, wie es hier wohl vor hundertfünfzig Jahren ausgesehen haben musste. Keine gerafften weißen Vorhänge mit Blick auf

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