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Susannah - Auch Geister koennen kuessen

Titel: Susannah - Auch Geister koennen kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot Yvonne Hergane-Magholder
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meine Mutter davon erfahren.
    Und wäre ausgerastet. Das tun Mütter für gewöhnlich in solchen Fällen und meine Mutter ist da keine Ausnahme. Sie hatte mich sowieso schon zu einer Therapie gezwungen, bei der ich mir zur Erklärung meines antisozialen Verhaltens alle möglichen ausgefeilten Lügen ausdenken musste. Ich hatte ehrlich keine Lust, auch nur eine Minute in einer Nervenheilanstalt zu verbringen, in der ich unweigerlich gelandet wäre, wenn meine Mutter je die Wahrheit erfahren hätte.
    Also, ja, ich war dankbar, Jesse zu haben, auch wenn er mich irgendwie nervös machte. Nach dem Debakel in der Mission hatte er mich so richtig gentlemanmäßig nach Hause begleitet und dabei wegen meiner Verletzung sogar darauf bestanden, mein Fahrrad zu schieben. Hätte ein Bewohner der Häuser, an denen wir vorbeigingen, zufällig aus dem Fenster geschaut, hätte er garantiert an seinem Verstand gezweifelt: Ich muss mit dem mühelos neben mir herrollenden Fahrrad, das ich mit keinem Finger berührte , einen ziemlich irren Anblick abgegeben haben.
    Ein Glück, dass die Leute hier an der Westküste so früh ins Bett gehen.
    Auf dem ganzen Heimweg dachte ich immer wieder darüber nach, was ich bei Heather falsch gemacht hatte. Aber ich ließ kein Wort darüber verlauten – das hatte ich schon zur Genüge getan und ich wollte mich nicht wie eine kaputte Schallplatte anhören oder wie ein kaputtes Pianola oder was auch immer es zu Jesses Zeiten gegeben haben mag. Ich konnte nur nicht aufhören, darüber nachzugrübeln. In den ganzen Jahren meiner Mittler-Einsätze war mir noch nie so ein gewaltbereiter, uneinsichtiger Geist begegnet. Ich hatte schlicht keine Ahnung, was ich tun sollte. Aber ich musste es herausfinden, und zwar schnell. In wenigen Stunden fing die Schule wieder an und Bryce würde in Heathers tödliche Falle laufen.
    Ich weiß nicht, ob Jesse sich denken konnte, warum ich so still war, oder ob er selber auch an Heather dachte oder wie oder was. Jedenfalls durchbrach er plötzlich die Stille mit den Worten: »›Es zürnt der Himmel nicht wie Liebe, die zu Hass ward, es rast die Hölle nicht wie ein verschmähtes Weib.‹«
    Ich sah ihn an. »Sprichst du aus Erfahrung?«
    Im Mondschein war sein Lächeln nicht zu übersehen. »Nein, ich hab nur William Congreve zitiert.«
    »Oh.« Ich dachte kurz darüber nach. »Aber weißt du, manchmal hat das verschmähte Weib jedes Recht, wütend zu sein.«
    »Sprichst du jetzt aus Erfahrung?«, fragte Jesse.
    Ich schnaubte. »Nicht mal ansatzweise.« Man müsste ja erst mal überhaupt geliebt werden, um dann verschmäht werden zu können. Aber das sagte ich natürlich nicht. Eher hätte ich mir die Zunge abgebissen, als so etwas laut auszusprechen. Ich meine, nicht dass es mir wichtig war, was Jesse von mir hielt. Wieso sollte es mich auch kümmern, was irgend so ein toter Cowboy von mir dachte?
    Aber ich hatte keine Lust, ihm zu verraten, dass ich noch nie einen Freund gehabt hatte. So was erzählt man süßen Typen einfach nicht, auch wenn sie noch so tot sind.
    »Ich meine nur … wir wissen nicht, was zwischen Heather und Bryce wirklich passiert ist. Sie könnte doch gute Gründe haben, ihn zu hassen.«
    » Ihn zu hassen, schon«, gab Jesse widerstrebend zu. »Aber nicht dich . Sie hatte kein Recht, dir wehtun zu wollen.«
    Er schien darüber so wütend zu sein, dass ich es für besser hielt, das Thema zu wechseln. Ich meine, wahrscheinlich hätte ich selber auch auf Heather sauer sein sollen, aber ich hab's nun mal sehr oft mit Durchgeknallten zu tun. Okay, vielleicht waren die anderen Geister bisher nicht so durchgeknallt wie Heather, aber trotzdem. Eins hab ich jedenfalls längst gelernt: Man darf es nicht persönlich nehmen. Ja, sie hatte versucht, mich umzubringen, aber vielleicht konnte sie einfach nicht anders. Wer wusste zum Beispiel schon, was sie für Eltern hatte? Vielleicht waren das irre Killertypen, die jeden umlegten, der sie zur Weißglut brachte …
    Aber das bezweifelte ich, ehrlich gesagt, angesichts von Heathers Perlenkette.
    Der Gedanke an Mord führte mich zu der Frage, warum Jesse wohl so aufgebracht war wegen der Heather-Geschichte. Und dann dämmerte mir plötzlich die Antwort: Wahrscheinlich war er selber umgebracht worden. Oder er hatte Selbstmord begangen. Aber irgendwie kam er mir nicht vor wie jemand, der suizidgefährdet war. Eher wie jemand, der an einer Krankheit gestorben war, bei der der Patient immer mehr verfällt. Schwindsucht

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