Susanne Barden - 03 in New York
ungeduldig darauf, daß die Kleine endlich in gute Pflege kommt. Sein Vaterrecht will er aber nicht aufgeben. Er will für ihren Unterhalt bezahlen und sie jederzeit besuchen können.«
»Aber natürlich! Oh, Fräulein Barden, bitte bringen Sie mir das Kind so schnell wie möglich!«
»Haben Sie denn auch alles, was ein Kind braucht?«
»Ich kann mir vorläufig etwas borgen, und später kaufe ich alles Nötige. Meine Nachbarin besitzt noch ein Bettchen und eine kleine Badewanne. Ihre Kinder sind schon groß, und sie braucht die Sachen nicht mehr.«
»Und wo wollen Sie die fehlenden Sachen kaufen?«
»Ich werde morgen ins Warenhaus gehen«, sagte Frau Yoland zerstreut.
Susy jubelte innerlich. Plötzlich hörte sie einen merkwürdigen Laut an der Tür und sah sich um. Wie lange mochte Herr Yoland schon dort stehen? Er rührte sich nicht. Ob er wohl wußte, daß unaufhörlich Tränen über sein Gesicht strömten? Susy stand schnell auf. »Holen Sie jetzt das Bettchen, Frau Yoland. Ich gehe unterdessen zu Herrn Kelly. Vielleicht komme ich bald mit dem Kind zurück.«
»Das wäre herrlich, Fräulein Barden! Glauben Sie, daß die Kleine mich mögen wird? Ich werde die ganze Nacht kein Auge zutun. Ich bin ganz verrückt vor Freude.«
Susy eilte davon. Trotz der Hitze lief sie fast den ganzen Weg zur Bäckerei im Trab und stürmte ohne weiteres durch die Tür. »John!« rief sie, noch ganz außer Atem. »Ich habe ein Heim für Ihr Kind gefunden!«
»Gott sei Dank!«
»Können wir es gleich hinbringen?«
»Eigentlich darf ich jetzt nicht weg. Aber ich komme trotzdem. Je schneller, um so besser!«
»Ach John, wie freue ich mich! Die Leute wollen das Kind sehr gern nehmen. Ja, sie brauchen es sogar nötig. Ich erzähle Ihnen alles Weitere unterwegs.«
Sie eilten zu Herrn Kellys Wohnung. Im Nu hatte er die Habseligkeiten der Kleinen eingepackt - ihr Spielzeug, ihre Haarbürste - ein kleines Medaillon, das ihrer Mutter gehört hatte. Strahlend schob er den schäbigen Kinderwagen mit dem krähenden Baby darin vor sich her durch die Straße. Susy ging glücklich lachend hinterher. Frau Yoland stand am Fenster und beobachtete gespannt, wie die kleine Prozession sich näherte. Schließlich lief sie ungeduldig zur Haustür und riß sie auf.
Susy blieb ein wenig zurück. Um nichts in der Welt wollte sie bei der Begrüßung im Wege sein. Herr Yoland dachte offenbar ebenso. Sie sah ihn im Hintergrund der Diele stehen und seine Frau mit einem zärtlichen Lächeln betrachten. John ging ohne Zögern auf das Haus zu. Mit männlicher Ungeschicklichkeit balancierte er Bündel und Pakete, während er den Kinderwagen vor sich her schob, ohne Unebenheiten des Bodens zu beachten. Unter einem Arm hielt er einen Teddybären geklemmt. Ein Stoffäffchen an einem Stock kitzelte ihn am Ohr. Frau Yoland ging langsam die Stufen hinunter, die
Augen unverwandt auf das Kind gerichtet. Sie schien plötzlich zehn Jahre jünger geworden zu sein. Als der Wagen vor dem Haus anhielt, hob sie den Kopf und sah über das Kinderköpfchen hinweg in Johns Gesicht.
John blickte ihr prüfend in die Augen. »Ich freue mich, die zukünftige Mutter des Kindes kennenzulernen«, sagte er feierlich.
»Und ich freue mich, den Vater kennenzulernen. Kommen Sie bitte herein.«
»Wenn Sie gestatten - ich bin so frei.«
Frau Yoland beugte sich über den Wagen und hob das Kind heraus. John nahm die Kindersachen, und dann gingen sie Seite an Seite ins Haus. Herr Yoland winkte Susy, aber sie schüttelte den Kopf. »Ich komme morgen!« Sie sah auf ihre Uhr. Es war ein Viertel nach sieben! Und sie hatte Bill gebeten, um sechs Uhr zu ihr zu kommen.
Wer ist schuld?
Das Dachgartenrestaurant war sehr luxuriös eingerichtet. Der Grundton von Silbergrau und Schwarz wurde hier und da durch einen Schimmer von Terrakotta unterbrochen. Dazwischen leuchtete der spiegelnde grüne Fußboden. Die Tischlämpchen auf den kleinen Tischen warfen sanftes gelbliches Licht auf weiße Hemdbrüste und nackte Schultern. In die gedämpfte Musik mischte sich das Klirren von zartem Porzellan. Und jenseits der Brüstung schimmerte in der Tiefe wie schwarze, mit Gold bestickte Seide Manhattan.
Der Tisch von Susy und Bill stand neben der Tanzfläche, aber sie tanzten nicht. Sie hatten auch nicht viel gegessen. Es sei zu heiß zum Essen, erklärten sie einmütig, obwohl es auf dem Dach so kühl war, daß Susy ihr kurzes Jäckchen, das sie über dem jadegrünen Abendkleid trug, nicht abgelegt
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