Susanne Barden 07 - Ende gut, alles gut
unten ging, beschäftigten sich ihre Gedanken immer noch mit ihrer Ausrüstung als Krankenschwester. Ihre Verzweiflung war verflogen, und zwar in dem Augenblick, da sie von ihrem Kummer abgelenkt wurde. Sie hatte Bill gar nicht getäuscht. Wenn jemand Abwechslung und intensive Arbeit brauchte, so war es Susanne Barry, geborene Barden.
Wieder im Dienst
Durch das Wagenfenster wehte ein scharfer, recht unsommerlicher Wind. Der Himmel leuchtete sehr blau und sehr fern. Susy zog das Cape dichter um ihre Schultern und atmete tief. Sie war freudig erregt. Von Bill hatte sie gute Nachrichten bekommen. Das Sanatorium gefiel ihm. Er hatte nichts gegen die strengen Vorschriften und behauptete, sich schon nach zwei Wochen bedeutend erholt zu haben. Und nun fuhr Susy zum Krankenhaus, um mit ihrer Arbeit zu beginnen. Sie sollte auf der Station Denham 2 Dienst tun, zusammen mit einer etwa vierzigjährigen Schwester namens Pat Glennon.
»Vor allen Dingen ist sie tüchtig«, hatte Kit gesagt, als Susy sich nach ihrer künftigen Arbeitskameradin erkundigte. »Sie hat weißes Haar, eine gute Figur, dunkelblaue Augen und Sinn für Humor. Als sie sich verheiratete, gab sie ihren Beruf auf. Aber nun, da ihre beiden Kinder studieren, ist sie wieder zurückgekehrt - genau so eine leidenschaftliche Kopfkissenwenderin wie du.«
Zärtlich blickte Susy auf eine kleine Pappschachtel, die auf dem Sitz neben ihr lag. Darin befand sich eine neue Haube, sauber gefältelt und gestärkt. Seit Bettinas Geburt hatte Susy keine Haube mehr getragen.
Nachdem der Wagen über die Brücke geholpert war, lenkte sie ihn auf der anderen Seite des Tals zum Krankenhaus hinauf. Zuerst kam das neue Gebäude in Sicht. Als es vor einem halben Jahr fertig geworden war, hatte Bill seinen Verwalterposten aufgegeben und war Chefarzt geworden.
»Ich bin Chirurg und will auch Chirurg bleiben«, hatte er zu Susy gesagt. »Das kann ich aber nicht, wenn ich diesen wachsenden Betrieb leiten soll. Hier gehört ein erfahrener Verwalter hin, der ein tüchtiger Geschäftsmann ist.«
Seitdem hatte sich Bill viel glücklicher gefühlt, ging es Susy durch den Sinn, während sie ihren Wagen parkte. Beim Aussteigen paßte sie auf, daß sie ihre neue weiße Tracht nicht schmutzig machte. Dann lief sie die Stufen hinauf, wechselte ein paar Worte mit Gerti und ging ins Büro.
Eine hübsche Inspektorin sprang vom Stuhl auf, als Susy eintrat. »Guten Tag, Frau Barry!« Sie wurde von dem Schrillen des Telefons auf ihrem Schreibtisch unterbrochen. »Einen Augenblick! Bitte nehmen Sie doch Platz.«
Susy setzte sich und hörte der Unterhaltung am Telefon zu.
»Schwesternbüro - Arthur«, meldete sich die Inspektorin. »Ja, Fräulein Harmin. Nein. Aber Sie können doch nicht alle Schwestern fortschicken, bloß weil ... Nein, der Dienstplan kann nicht mehr geändert werden! Dann muß sie ihre Verabredung eben verschieben.«
Kaum hatte Fräulein Arthur den Hörer aufgelegt, als zwei Lernschwestern ins Zimmer kamen.
»Fräulein Arthur«, begann die eine, »ich kann unmöglich in der chirurgischen Frauenabteilung vertreten - jedenfalls nicht mehr nach halb sechs. Mein Zug fährt schon um sechs.«
»Einen Augenblick!« entgegnete Fräulein Arthur und guckte auf einen Dienstplan an der Wand. »Sie haben doch bis sieben Dienst im Operationssaal. Wie können Sie also um sechs mit einem Zug wegfahren wollen?«
»Wir sind mit Operieren fertig. Ich habe mit meiner Mutter telefoniert und ihr gesagt .«
»Sie sind im Dienst und haben sich bis sieben für den Operationssaal bereitzuhalten. In der chirurgischen Frauenabteilung fehlt eine Schwester. Gehen Sie sofort hin und reden Sie keinen Unsinn!« Fräulein Arthur lächelte freundlich, und die beiden Lernschwestern zogen sich verlegen lächelnd zurück. Man hörte noch, wie die zweite sagte: »Ich wußte ja, daß du damit nicht durchkommst!«
Susy und Fräulein Arthur wechselten einen belustigten Blick. »Manchmal ist es schwer, den jungen Dingern Verantwortungsgefühl beizubringen«, sagte die Inspektorin. »Wie kommen Sie sich denn vor, Frau Barry?«
»Wunderbar! Ich werde Sie bestimmt niemals bitten, mich früher nach Hause gehen zu lassen.«
»O Frau Barry! Wenn Sie einmal ... Das ist doch ganz etwas ...« Sie stockte und sagte dann: »Möchten Sie Ihre Haube hier aufsetzen? Das Schwesternzimmer in Denham ist immer überfüllt, wenn die Schicht wechselt. Dort in der Ecke hängt ein Spiegel. Ich werde Sie dann nach Denham begleiten
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