Sushi Für Anfaenger
ernst meinte. Mist.
»Ich finde, er ist der beste komische Autor des Jahrhunderts«, begeisterte sich Marcus.
»Ich habe mal Warten auf Godot gesehen«, sagte Ashling zögernd. Dass sie mit der Klasse ins Theater gegangen war und kein Wort von dem Stück verstanden hatte, brauchte sie ja nicht zu erzählen. Doch abgesehen von dem Beckett-Missverständnis verlief der Abend glatt. Sie tranken reichlich, und Marcus war charmant und an ihr interessiert. Weil er Sommersprossen hatte, war sie entspannt und erzählte ihm alles Mögliche. Von ihrem Salsa-Kurs - jetzt war sie froh, damit angefangen zu haben, weil sie jetzt ein Mensch mit »Interessen« war -, von ihrer Vorliebe für Handtaschen und davon, dass sie ihren Job bei Colleen die meiste Zeit gern machte.
»Aber das ist kein Wink«, fügte sie hastig hinzu.
»Ich weiß. Aber sei ehrlich - setzen sie dich nicht unter Druck, damit du ihnen den Kopf von Marcus Valentine bringst?«
»N-nein«, stammelte sie.
»Du wirst in der Redaktion nicht bedrängt?«, fragte er noch einmal.
»Überhaupt nicht«, sagte Ashling bestimmt. »Es ist gar nicht darüber gesprochen worden, ehrlich gesagt.«
»Ach so.« Nach einem Moment des Schweigens fügte er hinzu: »Verstehe.«
Und dann noch einmal: »Verstehe.«
Er betrachtete sie mit halb gesenkten Lidern und lächelte, und plötzlich merkte Ashling an dem warmen Gefühl in der Magengrube, dass sie ihn attraktiv fand. Er war einer von den Menschen, die man im Lauf der Zeit zunehmend attraktiv fand. Und er war auch nicht wie die Gestalt, die er auf der Bühne verkörperte. Was auch gut war, denn ein unbeholfener Tollpatsch ist nicht besonders gut fürs Bett geeignet.
Dann wandte er sich zu ihr um, senkte den Kopf und sagte mit leiser, bedeutungsvoller Stimme: »Möchtest du eine Tüte Chips?«
»Nein, danke.«
»Jetzt haben wir getrunken, Chips möchtest du nicht, bleibt nur noch...«
Ausschweifender Sex!
Obwohl sie den Überblick über die Anzahl der Wodka-Tonics verloren hatte, ließ der Gedanke an Sex sie plötzlich erstarren. Nicht, dass sie richtig Angst hatte, aber auch nicht richtig keine Angst. Sie mochte ihn sehr, sie fand ihn attraktiv, aber...
»Ehm, also, ich dachte ... Also, ich hatte eigentlich nicht vor, heute Abend so lange auszugehen, denn ich muss morgen wieder arbeiten.«
»Oh, ach so. Klar«, sagte er glatt, aber er sah sie dabei nicht richtig an. »Dann sollten wir mal aufbrechen.«
Er küsste sie, als er sie vor ihrer Tür absetzte, aber irgendwie war sie nicht recht überzeugt.
33
Weiche, pummelige Hände streichelten ihr Gesicht...
Irgendwo zwischen Schlafen und Wachen genoss Clodagh die Wärme von Mollys Händen, die sie streichelten und ihre zarte Haut berührten. Molly lag auf Clodaghs Bauch, atmete konzentriert und fuhr mit ihren zarten, feuchten Fingern über Clodaghs Kinn, ihre Wangen, um ihre Nase herum, über die Stirn ... AUA! Autsch! Sterne flackerten vor Clodaghs geschlossenen Augen.
»Du hast mir aufs Auge gehauen, Molly!«, rief Clodagh aus, schockiert, so gewaltsam geweckt zu werden.
»Mummy ist aufgewacht«, sagte Molly und tat überrascht.
»Natürlich ist Mummy aufgewacht.« Clodagh hielt sich die Hand auf das malträtierte Auge, aus dem die Tränen rannen wie Wasser durch einen geborstenen Damm. »Von einem Schlag aufs Auge würde jeder aufwachen!«
Sie schob Molly von sich runter und stolperte vor den Spiegel, um den Schaden zu begutachten. Sie musste heute gut aussehen, denn sie hatte einen Termin bei einer Arbeitsvermittlung.
Die eine Hälfte ihres Gesichts war normal, die andere war eine tränenüberströmte, blutunterlaufene Katastrophe. So ein Mist!
Dann fiel ihr Blick auf den Haufen Kleider auf dem Stuhl, und sie fing in hektischer Vor-Flor-Panik an, die Sachen wegzuräumen und aufzuhängen.
»Zieh dich an, Craig«, rief sie. »Molly, beeil dich, zieh deine Sachen an! Flor kommt gleich.«
Sie donnerte die Treppe hinunter, wo das Frühstück wie üblich einer Schlachtszene glich.
»Ich will keine All-B ran«, kreischte Craig und heulte. »Ich will Coco-Pops.«
»Du kriegst erst Coco-Pops, wenn die All-Bran aufgegessen sind«, sagte Clodagh und tat einen Moment so, als würde man ihr gehorchen.
Zu ihrem Wocheneinkauf gehörten Sechserpackungen mit Frühstücksflocken, von denen die Sugar Puffs und die CocoPops immer sofort gegessen wurden, während die langweiligen All-Bran sich stapelten. Solange die nicht gegessen waren, wollte Clodagh sich nicht
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