Sushi Für Anfaenger
den ersten Wochen in Dublin zu schaffen gemacht hatten, schienen nachgelassen zu haben. Immer, wenn der schwarze Schatten sich über sie zu schieben drohte, kam sie mit einer Idee für einen neuen Artikel oder für ein neues Interview oder für ein Produkt, das sie bewerben könnten. Sie hatte keine Zeit , deprimiert zu sein, und erlebte Momente der Zufriedenheit, als die Zeitschrift mehr und mehr Gestalt annahm. Im Hinblick auf Anzeigenkunden hatten sie ihr Ziel noch nicht erreicht, aber sie vermutete, dass die neuen Fotos auch die letzten Kosmetikfirmen, die sich noch nicht entschieden hatten, überzeugen würden. Jack wäre beeindruckt.
Sofort umwölkte sich ihre klare Stimmung. Jack und Mai spielten auch weiterhin das perfekte Paar. Seit einem Monat hatten sie sich nicht in der Öffentlichkeit gestritten, und die Funken, die zwischen Lisa und Jack gesprüht hatten, waren zerstoben. Zumindest auf Jacks Seite. Nicht dass es je sehr deutliche Funken gewesen waren, musste Lisa, immer gnadenlos realistisch, zugeben. Aber doch immerhin so viel, dass sie Hoffnung geschöpft hatte.
Als sie versuchte, sich mit einem kleinen Flirt wieder ins Geschehen zu bringen, brachte das keine Reaktion von Jack. Er blieb höflich und professionell, und Lisa begriff, dass sie zusehen müsste, wie die Sache mit Mai verlief. Und sie hoffte, das würde sie tun - sich verlaufen.
Solange sie wartete, hielt sie Ausschau nach einem halbwegs passablen Mann. An dem Abend war sie mit Nick Searight zu Drinks verabredet, einem Künstler, der mehr für sein attraktives Aussehen als für seine künstlerischen Meriten bekannt war. Lisa vermutete, er war einer der Milky-Way-Männer und kein richtiger Mann, aber Sex ist Sex ist Sex, und im Moment müsste ihr das genügen.
Als Lisa nach Hause kam, war Kathy gerade im Gehen begriffen. Ihr Haar war so stark gekraust, dass es aussah, als wäre es frittiert worden.
»Hallo, Lisa, ist alles fertig, gebügelt, alles. Ehm, und schönen Dank für den Nagellack.« In Kathys Leben gab es nicht viele Gelegenheiten für gelben Glitzer-Nagellack, aber ihre achtjährige Tochter Francine würde sich bestimmt freuen. »Soll ich nächste Woche wie immer kommen?«
»Ja, bitte.«
In einer Woche würde es auch wieder ganz schön schmutzig sein, sagte Kathy sich, als sie nach Hause ging. Vertrocknete Apfelreste unter dem Bett, im Badezimmer überall schmieriges Zeug, das Spülbecken voll gestellt mit dem Geschirr von einer Woche. Unglaublich, ehrlich gesagt. Für eine so hübsche junge Frau war sie eine sehr schlampige Hausfrau.
In einem Haus in einer düsteren, dem Meer zugewandten Ecke von Ringsend sah Mai über die leeren Schachteln und Reste ihres indischen Essens hinweg Jack an und sagte das Unsagbare: »Du magst mich nicht genügend, um dich mit mir zu streiten.«
Jack ließ seine ruhigen, ernsten Augen auf ihr ruhen und wartete eine ganze Weile, bis er die nicht von der Hand zu weisende Wahrheit aussprach: »Aber Menschen, die sich mögen, sollten sich nicht andauernd streiten.«
»Unsinn«, sagte Mai heftig. »Wenn man sich nicht streitet, gibt es keine Versöhnung. Wenn wir die Türen schlagen und uns anbrüllen, halten wir die Leidenschaft wach.«
Jack überlegte sich seine nächsten Worte ganz genau. Mit unerträglicher Sanftheit sagte er: »Oder vielleicht vertuschen wir nur, dass eigentlich nicht viel da ist.«
Mais Augen füllten sich mit wütenden Tränen. »Du verdammter Arsch!« Dann sagte sie noch einmal: »Du verdammter Arsch«, aber nicht mit voller Inbrunst.
Er legte seine Arme um sie, und sie schluchzte ein wenig an seiner Brust, aber sie merkte, dass sie sich nicht hineinsteigern konnte.
»Du Mistkerl«, beschimpfte sie ihn außer Atem.
»Ja«, sagte er traurig.
»Ist es vorbei?«, fragte sie dann.
Er löste sich von ihr und sah sie an. Er nickte leicht. »Das weißt du selbst.«
Sie schluchzte noch ein bisschen länger. »Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte sie dann. »Ich habe mich nie mit jemandem so viel gestritten.« So, wie sie es sagte, klang es positiv.
»Wir haben mehr Versöhnungen gehabt als Liz Taylor und Richard Burton«, stimmte er ihr zu, obwohl es ihm nie Spaß gemacht hatte, sich mit ihr zu streiten.
Sie lachten unsicher und hatten die Köpfe aneinander gelegt.
»Du bist eine tolle Frau, Mai«, sagte er, und in seinen dunklen Augen stand Zärtlichkeit.
»Du bist auch kein schlechter Typ«, sagte sie schniefend. »Bestimmt wirst du eine nette Frau unglücklich
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