Sushi Für Anfaenger
nicht zusammen essen, sie gehen in den Pub. Und sie setzen sich nicht gegenüber, sondern nebeneinander, so dass sie sich nicht anzusehen brauchen. Und Kuchen essen - Macho-Männer hätten Angst, dass es zu weibisch aussieht. Schwule Männer haben diese Probleme nicht.«
Doch Marcus sah mit schmalen Augen zu den beiden rüber. »Aber guck mal, Ashling, sie tragen Lederkleidung, und auf dem Fußboden haben sie Helme liegen. Wenn ich nun sage: holländische oder deutsche Motorradfahrer, die eine Tour durch Irland machen‹?«
»Natürlich!« Mit einem Mal war es Ashling völlig klar. »Es sind Ausländer . Ausländische Männer können zusammen Kuchen essen, ohne dass jemand denken würde, sie seien schwul.«
»Eigentlich traurig für irische Männer«, sagte Marcus.
»Allerdings.« Sie lachten, und die Wärme in ihrer Magengegend fand ein Echo in dem warmen Ausdruck seiner Augen. In diesem Moment ist das Leben gar nicht so schlecht , musste Ashling zugeben.
Am nächsten Morgen um halb acht traf Ashling mit zwei großen Koffern voller Kleider, die sie am Abend zuvor von Frieda Kielys Pressebüro abgeholt hatte, im Studio ein. Sie hatte noch nie bei einem Mode-Fototermin mitgemacht, so dass sie sich zwar einerseits ärgerte, weil sie am Samstag arbeiten musste, aber trotzdem aufgeregt und neugierig war.
Niall, der Fotograf, und sein Assistent waren schon da. Ebenso das für das Make-up zuständige Mädchen. Sogar Dani, das Model, war schon da. Was Lisa mit einem spöttischen Ausdruck registrierte - echte Models kamen mindestens einen halben Tag zu spät.
»Wer ist hier verantwortlich?«, fragte Niall.
»Ich«, sagte Lisa.
Mercedes sah aus, als wollte sie sie umbringen. Sie war die Mode-Redakteurin, sie war eigentlich verantwortlich.
Lisa, Niall und die Make-up-Dame stellten sich im Kreis um Dani, und Lisa erklärte, wie sie es sich vorstellte. Obwohl Niall erklärte, dass ihre Ideen »genial« seien, waren Ashling und Trix ziemlich erstaunt, als Dani fertig war. Sie trug eins von Friedas verrückten fließenden Gewändern, hatte Schlammspuren im Gesicht und Strohhalme in ihrem langen schwarzen Haar. Sie wurde auf einem Sofa aus Chrom und weißem Leder drapiert, eine halb gegessene Pizza neben sich und eine Fernbedienung in der Hand. Es sollte so aussehen, als würde sie fernsehen.
Es wurde viel von »Ironie« und »Kontrasten« gesprochen.
»Es sieht total blöd aus«, flüsterte Trix Ashling zu.
»Ja, ich komm da auch nicht mit.«
Die Vorbereitungen dauerten ewig: die Ausrüstung, die Beleuchtung, der Winkel, in dem Dani sich aufs Sofa lümmelte, der Fall der Falten ihres Gewandes.
»Dani, Schätzchen, du hältst die Fernbedienung vor den Spitzenbesatz des Oberteils. Etwas tiefer. Noch tiefer. Nein, jetzt wieder etwas höher...«
Endlich, endlich waren sie so weit.
»Guck, als würdest du dich langweilen«, verlangte Niall von Dani.
»Keine Angst, ich langweile mich sowieso.«
Auch Ashling und Trix langweilten sich. Sie hatten sich einfach nicht vorgestellt, dass es so langweilig sein würde.
Nachdem Niall den »Level«, wie er es nannte, mehrere Male überprüft hatte, erklärte er endlich, dass die Szene zufriedenstellend sei. Doch als er gerade anfangen wollte zu fotografieren, sprang Mercedes vor und zupfte an Danis Gewand. »Es war zu sehr gerafft«, log sie.
Mercedes ärgerte sich dermaßen über Lisa, die die Verantwortung für den Fototermin an sich gerissen hatte, dass sie sich immer wieder mit kleinen Handgriffen beweisen musste, wie unentbehrlich sie eigentlich war.
Es dauerte eine weitere Viertelstunde, bis Niall wieder so weit war, und genau in dem Moment, als sie dachten, er würde nun endlich den Auslöser an seiner Kamera betätigen und ein Foto machen, hielt er inne, kam hinter seinem Stativ hervor und entfernte eine unsichtbare Haarsträhne aus Danis Gesicht. Ashling unterdrückte einen Aufschrei. Würde er jemals das verdammte Foto machen?
»Langsam verliere ich die Lust am Leben«, sagte Trix mit zusammengebissenen Zähnen.
Schließlich machte Niall ein Foto. Dann wechselte er das Objektiv und machte noch ein paar Fotos. Dann legte er einen Schwarzweißfilm ein. Dann nahm er einen anderen Fotoapparat. Anschließend packte das Team alles zusammen und ging zu einem Supermarkt, um da weiter zu fotografieren. Dort lachten sich die Leute schief und krumm, als sie das bohnenstangendünne Model mit dem schlammverkrusteten Gesicht sahen, das sich über ein tiefgekühltes Hühnchen
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