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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ihre Versuche, ein Gespräch in Gang zu bekommen, fehlschlugen. Es war das erste Mal, seit sie Marcus kennen gelernt hatte, dass ihr nichts zu sagen einfiel.
    Als es nach zwei angespannten Stunden zehn Uhr war, stand Marcus auf, tat, als müsste er sich strecken, und sagte: »Ich sollte wohl besser gehen.«
    Ein Klumpen bildete sich in ihrem Magen. Normalerweise blieb er über Nacht.
    Plötzlich hatte sie einen schrecklichen Gedanken: Wenn dies nicht einfach ein Streit war, sondern das Ende? Während sie Marcus in großen Schritten zur Tür gehen sah, überlegte sie in Windeseile, welche Möglichkeiten ihr blieben. Vielleicht sollte sie ihren Besuch in Cork verschieben; was machten ein, zwei Wochen schon aus, ihre Beziehung mit Marcus war viel wichtiger...
    »Marcus, lass mich mal überlegen«, sagte sie mit panikerfüllter Stimme. »Vielleicht kann ich meine Eltern ein paar Wochen später besuchen.«
    »Ach, ist schon in Ordnung.« Er brachte den Hauch eines Lächelns zustande. »Ich krieg das schon hin. Aber ich werde dich vermissen.«
    Die Erleichterung dauerte nur einen kurzen Moment. Vielleicht war doch noch nicht alles vorbei, aber er wollte trotzdem gehen. »Wir können uns morgen Abend sehen«, schlug sie vor in dem Bemühen, etwas zu retten. »Ich fahre erst Samstagmorgen.«
    »Ach nein«, sagte er und zuckte die Schultern. »Wir warten, bis du wieder da bist.«
    »Na gut«, stimmte sie zögernd zu. Sie hatte Angst, dass es zu einem tieferen Bruch kommen würde, wenn sie darauf beharrte. »Ich bin am Sonntagabend wieder da.«
    »Ruf mich an, wenn du angekommen bist!«
    »Klar. Der Zug soll um acht ankommen, sofern es keine Zwischenfälle gibt, und manchmal muss man Schlange stehen für ein Taxi; ich weiß also nicht ganz genau, wann ich nach Hause komme, aber ich rufe dich sofort an, wenn ich wieder da bin.« In dem Wunsch, es ihm recht zu machen, plapperte sie hilflos drauflos.
    Ein Kuss - nicht lang oder leidenschaftlich genug, um sie zu beruhigen - und weg war er.
    Wie ein Alkoholiker, der wieder zum Stoff greift, sobald Schwierigkeiten auf ihn zukommen, holte Ashling als Erstes ihre Tarot-Karten hervor. Sie hatte sie in letzter Zeit übel vernachlässigt, und wenn Joy sie nicht hin und wieder konsultiert hätte, nachdem sie von dem Halb-Mann-halb-Dachs-Typen hängengelassen worden war, hätte sich auf ihnen schon längst eine dicke Staubschicht gebildet. Aber die nicht besonders aussagekräftigen Karten, die sie zog, gaben ihr keinen Trost.
    Ashling war aufgebracht und erregt und spürte - wie so oft heftigen Ärger auf ihre Familie. Wenn ihre Familie normal wäre, würde so etwas nicht passieren. Sie dachte über Marcus nach. Dass er unsicher war, warf sie ihm nicht vor. Wie er sich auf eine Bühne stellen und seine Sachen machen konnte, war ihr unbegreiflich.
    Bitterkeit und Bedauern bewirkten, dass sie nicht schlafen konnte. Sie musste mit jemandem sprechen. Aber Joy war nicht die Richtige, und das lag nicht nur daran, dass zur Zeit »alle Halb-Mann-halb-Dachs-Typen sind Schweine« ihr einziges Thema war. Clodagh oder Phelim waren die Einzigen, die in Frage kamen, denn sie wussten alles, was es über Ashlings Familie zu wissen gab. Bei ihnen könnte sie mit Verständnis und der gewünschten Anteilnahme rechnen. Aber in Australien meldete sich nur Phelims Anrufbeantworter, also beschloss Ashling, trotz fortgeschrittener Stunde Clodagh anzurufen. Nachdem Ashling sich entschuldigt hatte, weil sie Clodagh geweckt hatte, sprudelte die ganze Geschichte nur so aus ihr heraus, und am Schluss rief Ashling aus: »Dabei habe ich gar keine Lust, meine Eltern zu besuchen.«
    Clodagh jedoch sprach nicht die erwünschten tröstenden Worte. Stattdessen sagte sie verschlafen: »Ich gehe hin und seh mir Marcus‘ Show an.«
    »Nein, ich meine nicht...«
    »Ich kann mit Ted gehen.« Clodaghs Stimme wurde munterer, als sie sich mit dem Gedanken anfreundete. »Ted und ich gehen an deiner Stelle hin und leisten moralische Unterstützung.«
    Ashling fühlte sich nur noch schlechter. Sie wollte nicht, dass Clodagh und Ted sich zu nahe kamen. »Und was ist mit Dylan?«
    »Einer muss bei den Kindern bleiben.«
    »Aber ich habe gar keine Lust, meine Eltern zu besuchen.« Ashling wollte auf das ihr zustehende Mitleid nicht verzichten.
    »Aber deiner Mum geht es doch viel besser. Es ist bestimmt nicht so schlimm.«
    Es ist keiner da, der aufpasst, erkannte die neunjährige Ashling, bevor der lange, schreckliche Sommer vorüber

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