Sushi Für Anfaenger
komme mit«, sagte Ashling und schoss hoch.
»Oh, wirklich?« Monica sah sie enttäuscht an. »Na, seid aber pünktlich zum Essen wieder da!«
»Was gibt‘s denn?«
»Kotelett.«
Kotelett! Ashling hätte beinahe gekichert - sie hatte fast vergessen, dass es solche Sachen noch gab.
»Warum fahren wir in die Stadt?«, fragte sie ihren Vater, als er den Wagen aus der Einfahrt setzte.
»Um eine Heizdecke zu kaufen.«
»Im Juli?«
»Der Winter kommt im Handumdrehen.«
»Am besten, man ist gerüstet.«
Sie lächelten einander zu, doch dann musste Mike die gute Stimmung zerstören, indem er sagte: »Wir sehen dich nicht oft, Ashling.«
Oh, verdammt!
»Deine Mutter freut sich so, dass du da bist.«
Eine Reaktion war erforderlich, also sagte Ashling: »Wie, eh, geht es ihr denn?«
»Prächtig. Du solltest öfter zu Besuch kommen. Jetzt ist sie wieder die Frau, die ich geheiratet habe.«
Wieder Schweigen, dann hörte Ashling, wie sie eine Frage stellte, die, soweit sie wusste, nie zuvor gestellt worden war: »Wieso ist das alles gekommen, diese schreckliche Zeit? Was war passiert?«
Mike wandte den Blick von der Straße und sah sie mit einer beunruhigenden Mischung aus Abwehr und hartnäckiger Unschuld an - er war kein schlechter Vater gewesen. »Nichts war passiert.« Seine Fröhlichkeit erschien ihr plötzlich mitleiderregend. »Depression ist eine Krankheit, das weißt du doch.«
Als sie Kinder waren, hatte man ihnen erklärt, dass sie nichts für die Krankheit ihrer Mutter konnten. Natürlich hatten sie es nicht geglaubt.
»Ja gut, aber wie kriegt man eine Depression?« Sie wollte es verstehen.
»Manchmal wird es von einen Verlust oder - wie heißt das noch mal? - einem Trauma ausgelöst«, murmelte er. Sein Unbehagen breitete sich im Auto aus. »Aber das muss nicht so sein«, fuhr er fort, »manchmal ist es auch vererbbar, sagen sie.«
Bei diesem aufbauenden Gedanken verging Ashling die Lust an der Unterhaltung. Sie suchte in ihrer Tasche nach ihrem Mobiltelefon.
»Wen rufst du an?«
»Niemanden.«
Er sah zu, wie Ashling die Knöpfe auf ihrem Mobiltelefon drückte. Empört sagte er: »Meinst du, ich bin blind?«
»Ich rufe niemanden an, ich rufe meine Nachrichten ab.«
Marcus hatte sie seit Donnerstagabend, als er ihre Wohnung verlassen hatte, nicht angerufen. In den zwei Monaten, seit sie miteinander gingen - nicht, dass sie darüber Buch führte -, hatten sie sich täglich angerufen. Sie spürte die Nicht-Kommunikation mit ihm sehr deutlich. Mit angehaltenem Atem hoffte sie auf eine Nachricht von ihm, aber auch diesmal war keine da. Enttäuscht klappte sie das Telefon zu.
Am Abend, nach dem Abendessen, das wie eine Reise in die Vergangenheit war - Koteletts, Kartoffelpüree, Erbsen aus der Dose beschloss sie, ihn anzurufen. Sie hatte einen guten Grund: Sie wollte ihm Glück wünschen für seinen Auftritt mit Eddie Izzard.
Aber sie war - auch diesmal - mit seinem Anrufbeantworter verbunden. Sie hatte die schreckliche Vision, dass er in seiner Wohnung stand und zuhörte, während sie sprach, aber sich weigerte, den Hörer abzunehmen. Sie konnte sich nicht bremsen und wählte die Nummer seines Mobiltelefons: Auch hier war sie mit dem Anrufbeantworter verbunden. Merkur ist rückläufig , sagte sie sich. Dann gestand sie sich ein: Vielleicht ist mein Freund auch einfach sauer auf mich.
Klar, er war empfindlich getroffen, weil sie ihre Eltern besuchen wollte, aber war der Schaden wirklich so groß? Einen Moment lang erwog sie die Möglichkeit, dass er irreparabel war, was ihr ziemliche Übelkeit verursachte. Sie mochte Marcus wirklich sehr gern. In letzter Zeit hatte sie keinen anderen kennen gelernt, der ihrer Vorstellung von »dem Richtigen« für sie so nahe gekommen wäre.
Sie sehnte den Sonntagabend herbei, denn er hatte sie gebeten, dann anzurufen. Und wenn er dann immer noch nicht ans Telefon ging...? Himmel!
»Normalerweise gucken wir uns am Samstagabend ein Video an«, erklärte ihr ihre Mutter.
Verdammt in alle Ewigkeit - wie passend, dachte Ashling, als sich der Abend vor ihr wie Kaugummi ausdehnte. Sie fühlte sich ausgeschlossen und hätte alles gegeben, in Dublin zu sein, bei ihrem Freund. Während Burt Lancaster seine Liebesspielchen mit Deborah Kerr trieb, war Ashling in Gedanken in Dublin und fragte sich, wie der Abend wohl für Marcus verlief und ob Clodagh und Ted zu der Show gegangen waren. Sie war beschämt, weil sie hoffte, sie wären nicht gegangen, damit sie sich nicht
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