Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
kannte sie sehr gut. Aber Nervenzusammenbrüche waren wie farbige Kontaktlinsen - wunderbar für andere, aber nicht das Richtige für sie.

57
    Ashling rollte im Bett zur Seite und zog das Telefon unter sich hervor. Seit vier Tagen schlief sie damit. Zum zigtausendsten Mal wählte sie Marcus‘ Nummer. Anrufbeantworter. Dann die Nummer von seiner Arbeit. Voicemail. Schließlich sein Mobiltelefon.
    »Immer noch nichts?«, fragte Joy mitleidig, als sie und Ted sich auf Ashlings muffelndem Bett zurechtsetzten.
    »Nein. Himmel, ich will ihn sprechen! Ich will einfach ein paar Sachen wissen.«
    »Er ist ein feiger Hund. Geh hin zu seinem Büro! Belästige ihn bei seinen Shows. Das wär doch was«, begeisterte Joy sich. »Du tust so, als wolltest du applaudieren, und stattdessen störst du ihn mit Zwischenrufen. Du könntest ihn fertigmachen und schreien, dass er im Bett eine Niete ist und dass sein Pimmel -«
    »- viel zu klein ist«, beendete Ashling müde den Satz für sie.
    »Sommersprossig, wollte ich sagen, aber ›viel zu klein‹ geht auch«, sagte Joy.
    »Nein. Nein, niemals. Beides kommt nicht in Frage.«
    »Also vergiss das mit der Show. Aber warum gehst du nicht in sein Büro? Wenn du ihn zurückhaben willst, musst du um ihn kämpfen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich ihn zurückhaben will. Außerdem habe ich keine Chance. Nicht gegen Clodagh.«
    »So schön ist sie auch nicht«, sagte Joy heftig.
    Automatisch drehten sich ihrer beider Köpfe zu Ted um, der errötete. »So schön nicht«, log er, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Siehst du?«, sagte Ashling zu Joy. »Er findet sie schön.«
    Als ein unbehagliches Schweigen sich auf sie senkte, sah Ashling sich nüchtern um. Seit Freitagnachmittag war sie in diesem Zimmer. Inzwischen war es Montagabend, und sie war nur hin und wieder aufgestanden, um zur Toilette zu gehen. Sie hatte die Absicht gehabt, sich auszuschlafen und den Schock zu überwinden und dann Marcus aufzusuchen und zu sehen, was zu retten war. Aber irgendwie war sie nicht aus dem Bett rausgekommen. Inzwischen gefiel es ihr da, und vielleicht würde sie einfach drin liegen bleiben.
    Ihr leerer Blick fiel auf einen Stapel Papiertaschentücher. Alle unbenutzt. Warum weinte sie nicht? Die Traurigkeit, die sie in sich trug, war so groß, dass sie eigentlich ständig in Tränen aufgelöst sein müsste. Aber ihre Augen blieben trocken. Es gab nicht einmal eine Andeutung - kein Stocken in der Stimme, keinen Kloß in der Kehle, kein Ziehen in ihren Gesichtsmuskeln.
    Dabei war sie nicht gefühllos. Wäre sie es doch nur.
    Sie sprach langsam, mehr zu sich selbst als zu den anderen: »Ich frage mich dauernd, was ich falsch gemacht habe, und ich glaube, ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe ihm zugehört, wenn er neue Sachen ausprobieren wollte. Ich bin zu allen seinen Shows gegangen. Fast allen, jedenfalls.« Und was war passiert, als sie einmal nicht gehen konnte? Er hatte sich ihre beste Freundin geschnappt. »Ich habe ihm zehnmal am Tag bestätigt, dass er der beste Komiker ist und alle anderen Scheiße sind.«
    »Ich auch?«, fragte Ted verunsichert. »Findet er mich auch Scheiße?«
    »Nein«, log Ashling. An dem Abend, als sie Marcus kennen lernte, hatte er sich begeistert über Ted geäußert, aber nur - das wurde ihr rückblickend klar -, weil er ihn nicht ernst nahm. Als es deutlich wurde, dass Ted eine kleine, aber treue Fangruppe hinter sich hatte, fing Marcus an, Ted schlechtzumachen. Da er genau wusste, dass Ashling keine üblen Beleidigungen erlauben würde, begnügte er sich mit Bemerkungen wie: »Nicht schlecht für Ted Mullins. Wir brauchen ein paar Leichtgewichte in dem Zirkus.« Als Ashling gewahr wurde, dass er Ted runter machte, war sie schon zu sehr in der Rolle der Gehilfin etabliert, um Einspruch dagegen zu erheben.
    »Alles hat sich nur um Marcus Valentine gedreht«, bemerkte Joy. »Was ist er doch für ein mieser, egoistischer Scheißer.«
    »So war es aber nicht. Es hat Spaß gemacht, ihm zu helfen. Wir waren uns nah, wir waren gute Freunde.« Das war es, was so weh tat. Aber er hatte eine kennen gelernt, die er lieber mochte. Das passierte ständig.
    »Hast du gespürt, dass irgendwas in der Luft lag?«, fragte Joy. »War er irgendwie anders?«
    Es tat Ashling weh, im Licht der Enthüllungen über die letzte Zeit nachzudenken, aber dann gab sie zu: »In den letzten Wochen, als ich so viel zu tun hatte, war er sehr nörgelig. Ich dachte, es läge daran, dass er mich vermisste.

Weitere Kostenlose Bücher