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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Gegenteil, er war clever - und nicht leicht festzunageln. Lisa nahm an, dass er eigentlich nichts dagegen hatte, eine Kolumne zu schreiben, dass er sich aber für eine seriöse Tageszeitung freihalten wollte. Um das auszuhebeln, könnte sie ihm ein paar leere Versprechungen machen, dass seine Kolumne über Randolph Media auch in anderen Publikationen verbreitet würde.
    Und dazu kam als Überraschungsgeschenk, dass er anscheinend Interesse an Ashling hatte. Sie und Ashling konnten ihn von zwei Seiten in die Klemme nehmen. Die Kolumne war praktisch unter Dach und Fach.
    Aber sie musste schnell handeln, bevor er Ashling wieder fallenließ. Denn fallenlassen würde er sie. Lisa kannte Typen wie ihn aus Erfahrung. Wenn ein nicht besonders aufsehenerregender Mann wie er zum Star aufstieg, konnte er nicht umhin, sich der außerplanmäßig auftauchenden Frauen zu bedienen.
    Es könnte allerdings kompliziert werden - Ashling schien eine der beklagenswerten Frauen zu sein, die Liebeskummer schwernahmen, und was Lisa in dieser Phase, wo es hoch herging, am wenigstens gebrauchen konnte, war eine stellvertretende Chefredakteurin, die ausflippte. Warum schwache Menschen Zusammenbrüche haben mussten, war ihr schleierhaft. Ihr würde das nie passieren.
    Natürlich ging sie die ganze Zeit davon aus, dass Ashling sich mit Marcus einlassen würde. Vielleicht würde sie es nicht tun, und das konnte man ihr nicht übelnehmen. In Lisas Augen war er abstoßend. Diese Sommersprossen! Und sie waren nicht weniger grotesk, bloß weil er einen Saal voller Betrunkener zum Lachen bringen konnte.
    »Lisaaa! Bis bald. Mach‘s gut, Lisaaa!« Die jungen Männer, die sich anfangs um sie gekümmert hatten, winkten ihr zu.
    »Bis bald.« Sie war überrascht, als sie merkte, dass sie lächelte.
    An der Tür sah sie Joy in einem intensiven Gespräch mit einem Mann, der eine weiße Strähne in seinem langen schwarzen Haar hatte. Auf eine plötzliche Eingebung hin flüsterte Lisa ihr im Vorbeigehen zu: »Russ Abbott, Haie oder Pace. Und du musst mit einem schlafen.«
    Joy wirbelte herum, aber Lisa war schon weg. Als sie durch die Straßen ging, wurde ihr bewusst, dass der Abend besonders gewesen war. Es hatte ... irgendwie war es... Dann wusste sie es. Spaß! Es hatte Spaß gemacht.

20
    Aber als Lisa am nächsten Morgen aufwachte, war sie übermannt von dem Gefühl, dass es unmöglich so weitergehen konnte. Aus heiterem Himmel. Noch nie hatte sie sich so hoffnungslos gefühlt. Selbst in den schrecklichen, hässlichen letzten Tagen mit Oliver war sie nie so verzweifelt gewesen - damals hatte sie sich in die Arbeit gestürzt und es als bitteren Trost empfunden, dass wenigstens ein Bereich ihres Lebens noch funktionierte.
    Erschwerend kam noch hinzu, dass Lisa nicht sonderlich viel von dem Konzept der Depression hielt. Eine Depression war das, was andere kriegten, wenn ihr Leben nicht so glanzvoll verlief. Es war so etwas wie Einsamkeit. Oder Traurigkeit. Aber wenn man reichlich schicke Schuhe hatte und oft genug in tollen Restaurants aß und befördert wurde, obwohl jemand anders es mehr verdient hätte als man selbst, gab es keinen Grund, sich schlecht zu fühlen.
    Das war zumindest die Theorie. Aber wie sie so im Bett lag, war sie schockiert von dem Ausmaß ihrer Depression. Sie gab den Vorhängen und dem erdrückenden Kiefernholz-Dekor die Schuld - es reichte aus, um jeden stilbewussten Menschen an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Sie hasste die Stille jenseits des milchigen Lichts im Zimmer. Scheißgarten , dachte sie zornig. Was sie wollte, war das Knattern von Taxis, das Schlagen von Autotüren, die Schritte gut gekleideter Menschen auf dem Bürgersteig. Sie wollte Leben vor ihren Fenstern.
    Sie hatte einen Kater - im Lauf des Abends hatte sie den Überblick darüber verloren, wie viel Wein sie getrunken hatte, und darauf zu achten, immer abwechselnd ein Glas Wein und ein Glas Wasser zu trinken, brachte auch nicht so viel, wenn man bei der zwanzigsten Runde war. Schuld daran war ihrer Meinung nach Joy.
    Aber der eigentliche Kater war emotionaler Art. Sie hatte ihren Spaß gehabt, und die gute Laune des Abends hatte etwas in ihr in Gang gesetzt, denn sie konnte plötzlich nicht mehr aufhören, an Oliver zu denken. Bisher war es ihr ganz gut gelungen, ihn zu verdrängen, jeden Gedanken an ihn auszublenden, und das seit - sie zählte nach - fast fünf Monaten. Ehrlich gesagt, sobald sie aufhörte, sich zu verbieten, daran zu denken, wusste sie genau,

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