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Sushi Für Anfaenger

Sushi Für Anfaenger

Titel: Sushi Für Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nabelfreies T-Shirt an, als es an der Haustür klingelte. Wahrscheinlich eins der Mädchen, das fragen wollte, ob sie ihre Handtasche haben könnten, wenn Lisa sie nicht mehr wollte.
    Mit einem Seufzer riss sie die Tür auf, und vor ihr auf der Schwelle, leicht gebeugt, um durch die Tür zu passen, stand Jack.
    »Oh«, sagte sie wie vor den Kopf geschlagen.
    Es war das erste Mal, dass sie ihn ohne Anzug sah. Sein langes, kragenloses Hemd stand bis zur Mitte der Brust offen. Nicht aus Kalkül, sondern weil die Knöpfe fehlten. Seine Khaki-Hosen sahen aus, als hätten sie in zwei Weltkriegen gedient. Das eine Hosenbein hatte einen Riss quer übers Knie, durch den eine glatte Kniescheibe und zehn Quadratzentimeter behaartes Schienbein zu sehen waren. Sein Haar war noch wilder als sonst, wie auch sein Gesicht - Jack gehörte zu den Männern, die sich zweimal am Tag rasieren mussten.
    Er lehnte am Türpfosten und hielt etwas in der Hand, wie ein Polizist, der seine Dienstmarke vorzeigt. »Ich habe eine Zeituhr für Ihren Boiler.«
    Es klang fast ein wenig anzüglich.
    »Tut mir Leid, dass ich es nicht früher gemacht habe.« Dann zögerte er. »Ich komme hoffentlich nicht ungelegen?«
    »Kommen Sie herein«, forderte sie ihn auf, »kommen Sie!«
    Sie war konsterniert, denn in London kam niemand einfach so mal vorbei. Wenn sie sich mit jemandem verabreden wollte, nahm sie erst einmal ihren Palm-Computer oder ihren Terminkalender zur Hand und spielte das Ich-bin-beschäftigter-und-wichtiger-als-du-Spiel. Es war ein ausgeklügeltes Ritual mit strengen Regeln. Mindestens fünf Termine mussten vorgeschlagen und verworfen werden, bevor man sich auf einen einigen konnte.
    »Nächsten Dienstag? Geht nicht, da bin ich in Mailand.«
    Das ist das Stichwort für den Gesprächspartner: »Und mittwochs kann ich nicht, da habe ich immer Reiki.«
    Eine mögliche Erwiderung darauf wäre: »Donnerstag ist für mich schlecht, weil da mein privater Alexander-Technik-Lehrer kommt.«
    Diese Mitteilung wird übertroffen von: »Das Wochenende danach kommt nicht in Frage. Ich fahre nämlich mit Freunden in ein Cottage ins Lake District.«
    Eine elegante Replik darauf wäre: »Und die Woche darauf geht bei mir nicht. Da bin ich in Los Angeles, geschäftlich.«
    Hatte man endlich einen Termin gefunden, war es immer noch akzeptabel - ja, es wurde sogar erwartet -, dass man ihn am vereinbarten Tag noch umstieß, mit der Entschuldigung, Jetlag zu haben, ein Essen mit einem Kunden nicht absagen zu können oder nach Genf fahren zu müssen, um siebzig Leute zu entlassen.
    Wie Sonnenbrillen von Gucci und Handtaschen von Prada war auch Zeitknappheit ein Statussymbol. Je weniger Zeit man hatte, desto wichtiger war man. Offenbar wusste Jack das nicht.
    Er sah sich bewundernd um. »Sie sind seit - wie lange? - drei, vier Tagen hier, und es sieht schon hübscher aus. Das zum Beispiel.« Er deutete auf eine mit weißen Tulpen gefüllte Schale.
    »Und das.« Er hatte eine Vase mit getrockneten Blumen erspäht.
    Zum Glück konnte er die Tassen unter dem Bett nicht sehen, in denen sich der erste Ansatz von Schimmel zeigte, dachte Lisa. In ihren Wohnungen triumphierte immer der Stil über die Hygiene. Sie musste sich um eine Putzfrau kümmern ...
    »Kann ich Ihnen was zu trinken anbieten?«, fragte sie.
    »Haben Sie ein Bier?«
    »Ehm, nein, aber Weißwein.« Es war lächerlich, wie sehr sie sich freute, als er das Angebot annahm.
    »Ich hole schnell die Sachen aus dem Auto«, sagte er, duckte sich unter dem Türrahmen hindurch und kam bald darauf mit einem blauen metallenen Werkzeugkasten wieder herein.
    Mein Gott, er hatte einen Werkzeugkasten! Sie musste sich sehr beherrschen, dass sie ihn nicht anfasste und ihm die letzten Knöpfe vom Hemd riss, um seine breite, in genau dem richtigen Maße behaarte Brust zu entblößen und mit den Händen über seinen glatten Rücken zu fahren ...
    »Haben Sie was dagegen, wenn ich die Tür zum Garten aufmache?«, unterbrach er die Szene, die sich in ihrem Kopf abspielte.
    »Ehm, nein, überhaupt nicht.« Sie folgte ihm mit den Augen, als er zur Tür ging und den Riegel zurückschob, der, seitdem er die Tür beim letzten Mal aufgemacht hatte, nicht angerührt worden war.
    Eine würzige Brise strich durch die Küche und trug den kräftigen Abendgeruch des Grüns und das Gezwitscher der Vögel herein, die sich am Ende des Tages zur Ruhe begaben. Schön. Wenn man an dergleichen Dingen Gefallen fand.
    »Haben Sie mal in Ihrem

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