Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
»Natürlich werden Sie nicht namentlich in meinem Artikel auftauchen, obwohl ich Ihnen versichern kann, dass er weder oberflächlich noch verblödet sein wird.«
»Nun, dafür sollte ich mich wohl entschuldigen«, gab er ein wenig beschämt zu. »Ich bin sicher, dass nichts, was Sie schreiben, verblödet ist. Das war unter der Gürtellinie.«
»Nun ja, ich bin Journalistin. Ich sollte genauso gut einstecken wie austeilen können«, blockte Clare wegwerfend ab. »Also wie ist das so, ein allein erziehender Vater zu sein?«
Rory zögerte und blickte sie forschend an, weil er wissen wollte, ob die Frage ernst gemeint war. Offenbar zufrieden, dass sie es ernst meinte, antwortete er: »Hektisch, fantastisch und furchtbar anstrengend. Alles, was man sich sowieso darunter
vorstellt. Ich hab das nie geplant, um ehrlich zu sein. Ich meine, ich habe nicht ums Sorgerecht oder so was gekämpft. Jessies Mutter hat sich aus dem Staub gemacht, als Jess gerade drei Wochen alt war. Wir waren nicht verheiratet, und ich habe seitdem nie wieder was von ihr gehört.«
»Nicht mal einen Anruf?«, erkundigte sich Clare schockiert.
»Nein. Ich bin mir nicht mal sicher, ob sie noch lebt, um die Wahrheit zu sagen. Sie war ein bisschen wild; nun, ich vielleicht auch. Aber in den letzten vier Jahren hat sich vieles verändert. Zwangsläufig, wenn man plötzlich allein mit einem drei Wochen alten Säugling dasteht. Da ändern sich die Perspektiven drastisch, das kann ich Ihnen flüstern.«
»Es muss komisch für Sie sein, an Orte wie Kindergärten gehen zu müssen, wo nur Frauen sind«, vermutete Clare.
Rory zuckte die Schultern. »Nun, daran hab ich mich inzwischen gewöhnt, schätze ich. Früher bin ich mit Jessie in die örtliche ›Neue-Mütter-Gruppe‹ gegangen, wo es nur Frauen mit neugeborenen Babys gab, und alle haben ungerührt gestillt. Nun, fast alle jedenfalls … Tja, andere Väter werde ich wohl erst wieder treffen, wenn ich Jess so weit habe, dass sie Fußball spielt, was nicht mehr lange dauern sollte«, fügte er warm hinzu, während er seine kleine Tochter, die ausgelassen im Garten herumtobte, liebevoll beobachtete.
»Also ich finde Sie ganz schön mutig«, lobte Clare und zuckte dann zusammen, als sie dieses Klischee aus ihrem Munde hörte.
Er zog eine Augenbraue hoch. »Also mit Mut hat das Ganze überhaupt nichts zu tun, eher mit unglaublich viel Geduld und der übermenschlichen Fähigkeit, fast ohne Schlaf auszukommen.«
Er sprang abrupt auf und trat an die Balustrade. »Jess, Ellen, wollt ihr was trinken? Und die Scones kommen auch gleich aus dem Ofen.«
Die Mädchen kamen giggelnd und keuchend angerannt und fielen wie Wolfsjunge über das Essen her. Clare holte Alex aus dem Sonnenzimmer und setzte ihn auf ihren Schoß, wo er glücklich an einem Scone herumlutschte. Sie warf einen Blick auf Rory. Er trug ausgebleichte Jeans und ein leuchtend blaues Hemd, das die Farbe seiner Augen noch mehr hervorhob. Seine großen, geschickten Hände waren um eine Kaffeetasse gefaltet, und er betrachtete fasziniert, wie die beiden Mädchen die Scones samt Marmelade und Sahne in sich hineinfutterten und ihre eifrigen Gesichter dabei völlig verschmierten.
»Tut mir Leid wegen der Kekse«, sagte Clare plötzlich. »Sie sind abscheulich, nicht wahr?«
»Einfach abscheulich«, stimmte ihr Rory grinsend zu. »Aber es ist ja für einen guten Zweck. Das fließt alles in die Weihnachtsfeier, wie man mir versichert hat. Jess wird ›Rudolf, das rotnasige Rentier‹, stimmt’s, Jess?«
»Das ist ja toll, Jessie«, staunte Clare. »Ellen, weißt du schon, was du wirst?«
»Ein Schaf«, antwortete Ellen leicht verdrießlich. »Ich wollte eine Elfe sein, aber Miss Skandi sagt, ich muss ein Schaf machen.«
»Ein Schaf!«, echote Rory. Er besaß die Fähigkeit, mit kleinen Kindern zu reden, ohne dabei in diese alberne hohe Stimme zu verfallen. Clare war aufgefallen, dass diese Art von Normalität ziemlich selten war, besonders bei Männern. »Das ist ja fantastisch«, fuhr er fort, an Ellen gewandt. »Du Glückliche. Da darfst du ein wolliges Fell anziehen, und wenn du wirklich Glück hast, vielleicht sogar mit ein paar Flecken.«
»Schafe haben keine Flecken«, informierte ihn Ellen streng.
»Doch, wenn’s dalmatinische Schafe sind«, entgegnete Rory todernst. »Vielleicht könntest du ja deine Mum fragen, ob du ein dalmatinisches Schaf sein darfst.«
»Darf ich ein Dalma-, ein Dalmatini-Schaf sein, Clare?«, fragte Ellen
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