Suzanna
aufgerührt und zu mehr Ärger geführt, als Sie vermutlich erwarteten. Ich habe gehört, dass es bei Ihnen vor Kurzem einen aufregenden Zwischenfall gab.«
»Wenn Sie es aufregend nennen, dass meiner Schwester ein Messer an die Kehle gehalten wurde, ja.« In ihren Augen schien Feuer zu brennen. Sie konnte sich selbst meistens nicht gut verteidigen, aber wenn es um ihre Familie ging, wurde sie zur Löwin. »Der Mann, der mit Livingston, oder wie immer der Bastard sich jetzt nennt, zusammenarbeitete, hätte beinahe Lilah und ihren Verlobten umgebracht.«
»Wenn man unschätzbar wertvolle Smaragde mit einer dazugehörigen Legende hat, nagen sich die Ratten durch die Wände.« Holt wusste über Livingston Bescheid. Holt war zehn Jahre lang Polizist gewesen, und obwohl er die meiste Zeit im Rauschgiftdezernat verbracht hatte, waren ihm Berichte über diesen aalglatten und sehr oft gewalttätigen Juwelendieb untergekommen.
»Die Legende und die Smaragde sind Sache meiner Familie.«
»Warum kommen Sie dann zu mir? Ich habe meine Polizeimarke abgegeben und meinen Abschied genommen.«
»Ich bin nicht wegen professioneller Hilfe zu Ihnen gekommen. Es ist etwas Persönliches.« Suzanna holte tief Luft. »Lilahs Verlobter war Geschichtsprofessor an der Cornell University. Vor zwei Monaten stellte Livingston, der sich als Ellis Caufield ausgab, ihn ein, um die Familienpapiere zu durchforschen, die er uns gestohlen hatte.«
Holt polierte die Verzierungen. »Klingt ganz danach, als hätte Lilah keinen guten Geschmack entwickelt.«
»Max wusste nicht, dass die Papiere gestohlen waren«, fuhr Suzanna mit zusammengebissenen Zähnen fort. »Als er es herausfand, hätte Caufield ihn fast umgebracht. Max kam jedenfalls nach The Towers und trieb seine Nachforschungen für uns weiter. Wir haben die Existenz der Smaragde dokumentiert und sogar eine Hausangestellte befragt, die in The Towers in jenem Jahr arbeitete, in dem Bianca starb.«
Holt wechselte den Platz und putzte das Messing blank. »Sie waren fleißig.«
»Ja. Die Angestellte stützte die Geschichte, dass die Halskette versteckt wurde, Bianca verliebt war und ihren Ehemann verlassen wollte. Der Mann, den sie liebte, war ein Künstler.« Suzanna wartete einen Moment. »Sein Name war Christian Bradford.«
Etwas flackerte in Holts Augen, aber nur ganz kurz. Betont langsam legte er den Wolllappen weg, zog eine Zigarette aus dem Päckchen, schnippte sein Feuerzeug an und blies eine Rauchwolke aus.
»Erwarten Sie wirklich, dass ich diese kleine Fantasie glaube?«
Suzanna hatte Überraschung erhofft, sogar Erstaunen. Stattdessen gab er sich ungerührt. »Es ist wahr. Sie traf sich mit ihm auf den Klippen bei The Towers .«
Er zeigte ihr ein Lächeln, das nahe an ein abfälliges Grinsen herankam. »Sie haben die beiden gesehen, nicht wahr? Oh, ich habe auch von dem Geist gehört.« Er sog den Rauch ein und stieß ihn träge aus. »Der melancholische Geist der Bianca Calhoun, der durch ihr Sommerhaus schwebt. Ihr Calhouns seid einfach voll von – Geschichten.«
In Suzanna kochte es, doch ihre Stimme blieb beherrscht. »Bianca Calhoun und Christian Bradford waren ineinander verliebt. In dem Sommer, als sie starb, trafen sie sich oft auf den Klippen gleich unterhalb von The Towers .«
Das berührte eine Saite in ihm, doch er zuckte bloß die Schultern. »Na und?«
»Das ergibt eine Verbindung. Meine Familie kann es sich nicht leisten, irgendwelche Verbindungen zu übersehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Bianca ihrem Christian erzählt hat, wo sie die Smaragde versteckt hatte.«
»Ich kann nicht erkennen, was ein Flirt, ein bedeutungsloser Flirt, zwischen zwei Leuten vor achtzig Jahren mit den Smaragden zu tun haben soll.«
»Könnten Sie dieses Vorurteil, das Sie gegen meine Familie zu haben scheinen, überwinden, würden wir das vielleicht herausfinden.«
»An keinem von beidem interessiert.« Er klappte den Deckel einer kleinen Kühlbox auf. »Wollen Sie ein Bier?«
»Nein.«
»Tja, der Champagner ist mir gerade ausgegangen.« Während er sie beobachtete, schraubte er den Verschluss ab, warf ihn in einen Plastikeimer und nahm einen tiefen Schluck. »Wissen Sie, wenn Sie ein wenig nachdächten, könnten Sie erkennen, dass es ziemlich schwer zu schlucken ist. Die Lady aus dem Herrenhaus, von guter Abstammung und finanziell bestens gestellt, und der um seine Existenz kämpfende Künstler – das passt nicht, Baby. Sie sollten lieber die ganze Sache fallen lassen
Weitere Kostenlose Bücher