Svantevit - historischer Roman (German Edition)
zu wiederholen.
Schließlich setzten sie sich ans Ufer. Radik begann, seine Unterarme von den letzten schleimigen Seegrasfasern zu befreien.
"Schade, dass es so kalt ist. Sonst könnten wir ins Wasser schwimmen gehen. Du hättest ein Bad nötig", meinte Zasara.
"Wenn du mitkommst, ist es mir nicht zu kalt.", antwortete Radik hoffnungsvoll, aber Zasara zeigte ihm einen Vogel.
"Wie viele Steine haben wir eigentlich gefunden?"
Radik griff nach dem kleinen Leinensäckchen, das Zasara in der Hand hielt, welches diese aber schnell zurückzog.
"Nicht mit deinen Schleimfingern!" sagte sie grinsend, obwohl Radik seine Arme zuvor im flachen Wasser abgespült hatte.
Diese Herausforderung nahm Radik nur allzu gerne an und bald rollten sie lachend die Uferböschung hinunter.
"Wenn wir noch weiter rollen, liegen wir im Seegras."
"Das ist mir egal. Dann müssen wir eben doch noch beide baden gehen."
"Ich denke nicht daran!"
"Ich gebe erst auf, wenn du mir die Bernsteine zeigst."
"Nein!"
"Und wenn ich dich lieb darum bitte?"
"Vielleicht?"
Er gab ihr einen schnellen flüchtigen Kuss auf den Mund. Sie guckte etwas verblüfft und zeigte dann ein freches Lächeln, das Radik so sehr mochte.
"Na gut!", beschloss sie und reichte ihm das Leinensäckchen.
Er schüttete die Steine in eine Sandmulde aus. Es war eine ganze Menge, viele aber klein und nicht besonders schön. Einige könnte man sicher bearbeiten, Ivod würde bestimmt etwas einfallen. Zasara besah sich die Bernsteine und entschied sofort, aus welchen man eine Kettenreihe machen müsste, welche für einen Armreif taugten und welche man einzeln um den Hals tragen konnte.
"Meinetwegen kannst du alle haben", sagte Radik, als er Zasaras leuchtende Augen sah.
"Du spinnst!"
Sie legte ihm die Handfläche auf die Stirn, als müsse sie bei ihm Fieber messen. Schließlich zählte Radik ihr ihren Anteil in das Leinensäckchen, wobei er ihr die meisten und besten Steine zubilligte, was ihr nicht entging.
"Ich muss jetzt aber nach Hause."
"Schon?"
Radik war ein bisschen enttäuscht.
"Mein Vater möchte heute Abend noch einige Fische in den Rauch hängen, die meine Mutter vorbereiten will. Ich habe versprochen, ihr dabei zu helfen."
Sie nahm einen Bernstein zwischen Ihre Finger, den sie schon eine ganze Weile in der Hand gehalten haben musste, und hielt ihn Radik in Augenhöhe hin.
"In diesem Stein ist irgendetwas Komisches drin."
"Ich kann nichts sehen."
Sie zog den Stein immer weiter zu sich hin, während Radik mit dem Kopf folgte, ein Auge zugekniffen, das andere fest auf den Bernstein gerichtet. Als er nah genug heran war, zog sie ihre Hand weg, gab ihm nun ihrerseits und für ihn überraschend einen Kuss und lief lachend weg. Radik wollte gerade hinterher setzen, als er sah, dass sich Ferok näherte und so ließ er es.
"Hier steckst du! Ich habe dich schon überall gesucht."
Da Radik nicht wusste, ob Ferok den Kuss nicht vielleicht doch gesehen hatte, wollte er dessen Interesse gleich auf etwas anderes lenken.
"Sieh mal hier."
Er zeigte auf seine Ausbeute.
"Und was hast du gefunden?"
"Nicht so viele, dafür von beachtlicher Größe."
Er hielt in seiner Handfläche drei ansehnliche Bernsteine.
"Und was ist da drin?"
Radik wies auf ein an seinen Enden zusammen gedrehtes Leinentuch, welches Ferok in der anderen Hand hielt und in dem sich dem Anschein nach etwas Schweres befinden musste.
"Das sind die Steine deines Schwesterchens, die sie nicht mehr selbst tragen konnte und wollte", meinte Ferok mit einem Schulterzucken.
Radik nahm Ferok die Last ab und tat seine Bernsteine mit hinein.
Der Markt
Man hätte meinen können, die Menschenmassen wären in einem heillosen Durcheinander zusammengeströmt. Dies war aber nur der erste Eindruck angesichts der geschäftigen Menge der Kaufleute und Einheimischen.
Es herrschten klare Regeln, deren Einhaltung streng überwacht wurde. Jeder bekam den Platz zugewiesen, an dem er seinen Verkaufsstand errichten konnte. Nur gute Waren durften angeboten werden. Ehrlichkeit war oberstes Prinzip. Störenfriede wurden nicht geduldet. Die Tempelgarde hatte alle Hände voll zu tun, bei Streitereien die Interessen der verschiedenen Händler auszugleichen. Dem Priester und der Fürstenfamilie, die sich gerne zu diesem Anlass in der Burg sehen ließ, war bewusst, dass die Händler wichtige Garanten für das Wohl ihres Volkes waren.
Die Kaufleute störten sich nicht daran, vor dem Handel Opfergaben für den Tempel
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