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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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des Svantevit bringen zu müssen. Auf den Märkten in Polen, Dänemark und Deutschland waren solche Abgaben ebenfalls zu entrichten, auch wenn sie dort Steuern oder Zölle hießen. Wichtig war nur, dass die Geschäfte gut liefen und dies war beim Heringsmarkt vor der Burg Arkona noch immer der Fall gewesen. Vor Stammes– oder Glaubensgrenzen machte ein tüchtiger Händler nicht halt. Was interessierte ihn, ob die Menschen an einen Gekreuzigten oder einen Fünfköpfigen glaubten, ob ihre Sprache slawisch oder deutsch war und wer mit wem gerade Streitereien ausfocht, so lange nur sein Gewinn stimmte.
     
    Radik und Ferok hatten sich an diesem Tage früh zur Burg begeben. Dort gab es vor der Eröffnung des Marktes viel zu sehen und zu bestaunen, wenn die Kaufleute und Handwerker ihre Stände errichteten, Waren verladen und die Feuer der Garküchen entzündet wurden.
    Auch wenn es gelegentlich Streit in Form heftiger Wortwechsel gab, war es insgesamt doch erstaunlich, wie in der Enge und dem Trubel jeder zielgerichtet seine Arbeit verrichtete, ohne dabei ständig anderen im Weg zu sein. Es schien, als habe diese wuselnde Menschenmenge, dieser sich entwickelnde Markt einen bestimmten Rhythmus, dem man sich nur anpassen musste, um sofort ein sich nahtlos einfügender Bestandteil dieses Geschehens zu werden.
    Den meisten Platz auf dem Markt nahmen die Fischverkäufer ein und hier insbesondere die Fischer, die eingesalzene Heringe anboten. Dies war denn auch das Hauptbegehr der meisten angereisten Händler, die diese Ware fässerweise orderten. Die Fischerdörfer sahen diesem Ereignis stets mit großen Erwartungen entgegen. Welcher Preis ließ sich mit den Mengen an silbrigen Fischen wohl in diesem Jahr erzielen? Würde man den ganzen Fang losschlagen können? Doch die Erfahrung der letzten Jahre lehrte nur das allerbeste. Hering war ein beliebtes Nahrungsmittel, bis weit in das Land hinein. Und dass es nirgendwo so gute Fanggründe gab, wie vor Rügen, war seit Jahrhunderten bekannt.
     
    Nun bedurfte es einiges Geschick, die jeweilige Nachfrage nach den Heringen, der in drei verschiedenen Qualitäten angeboten wurde, richtig einzuschätzen und die Preise entsprechend anzusetzen. Hier war es ratsam, zunächst hohe Forderungen zu stellen, über die sich die kaufinteressierten Händler empört beschwerten, nicht ohne genau das Verhalten der Konkurrenz zu beobachten, denn wer zu lange auf ein Entgegenkommen der Fischer wartete, ging womöglich am Ende leer aus.
    Diese Not der Kaufleute versuchten die Ranen gelegentlich auszunutzen. Einer der ihren mischte sich unter die Händler und kaufte zu einem noch sehr hohen Preis eine beachtliche Menge Heringsfässer. Dies löste in der Regel sofort Geschäftigkeit der Umstehenden aus und weitere Orders, nunmehr richtige, folgten rasch. Als einige deutsche Kaufmänner einmal dieser List auf die Spur gekommen waren, wollten sie sich beim Priester des Tempels darüber beschweren, wohl in der Annahme, dass derjenige, dem vor dem Handel die Abgaben entrichtet werden mussten, auch für die Einhaltung der kaufmännischen Regeln auf dem Markt zu sorgen hätte. Dies war allerdings ein vergebliches Unterfangen, da dieser mit ihnen nur in der Stammessprache sprechen wollte und die Hinzuziehung eines Übersetzers ablehnte. Also wandte man sich an die Fürsten in Garz und trug vor, dass solche Vorgehensweise, wie sie die Fischhändler an den Tag gelegt hätten, auf deutschen Märkten streng bestraft worden wäre. Die Fürsten rieten den Kaufleuten darauf hin mit eiserner Miene, sie mögen dann künftig doch versuchen, ihre Heringe in Magdeburg oder Köln zu kaufen. Hinter dem Rücken wurde den Fischern aber übermittelt, dass man von derlei Machenschaften in Zukunft Abstand nehmen solle, um keinem Gast Gelegenheit zu geben, das Volk der Ranen in der Fremde des Betruges bezichtigen zu können. Im Übrigen habe man solche Täuschungen auch gar nicht nötig, da der Hering stets von bester Qualität sei, was die Fischer mit berechtigtem Stolz erfüllen könne.
     
    Radik und Ferok schauten zu, wie sich große Berge aus Heringsfässern aufbauten. Diese waren an verschieden Stellen des Marktes, aber stets an einer Außenseite gelegen, um gut mit Ochsen– oder Pferdefuhrwerken erreichbar zu sein, damit ein rasches und problemloses Verladen der Ware auch im größten Markttrubel gewährleistet werden konnte. Hier waren wahre Akrobaten am Werke.
    Auf kleinstem Raum musste die größtmögliche Anzahl an

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