Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Stimmung war ausgelassen und Radik empfand den Rausch als angenehm.
Er erinnerte sich an den Abend mit den Kaufleuten in der Gastwirtschaft, wo er dem Weine mehr zugesprochen hatte, als ihm zuträglich gewesen war. Er dachte auch daran, wie er damals am nächsten Tag in einem weichen Bett unter einem purpurnen Baldachin erwacht war, wo ihn wenig später das reizvoll schüchterne Dienstmädchen aufgesucht hatte. Dagegen hätte er nun nichts einzuwenden und er wusste auch schon, wen er anstelle des Dienstmädchens dort gerne sehen würde.
"Es ist schon recht spät. Wie wäre es, wenn wir uns auf den Heimweg machen?", fragte Zasara, fast so, als hätte sie seine Gedanken erraten.
"Gerne!", antwortete Radik und bemühte sich, seine Trunkenheit etwas zu überspielen, "Als Ritter ist es mir eine Ehre, solch hübschem Weibe mein Geleit anzutragen."
"Ritter?"
"Nun, das erkläre ich dir später einmal."
"Ich glaube, du hast eine ganze Menge getrunken", meinte Ivod, "Bevor du jemand anderen geleiten kannst, solltest du zusehen, dich selbst im Sattel zu halten."
"Quatsch!", erwiderte Radik, bemerkte aber sogleich, dass es ihm schwer fiel, sich aufzurichten und vernünftig geradeaus zu laufen.
"Ein kleiner Rausch hat noch niemandem geschadet", wandte Womar ein, der die Neige aus seinem Becher leerte und sich danach auch angestrengt vom Stuhl hochstützte.
Auf dem Rückweg sprachen sie zunächst nicht viel, denn Radik hatte tatsächlich ein wenig Mühe, das Gleichgewicht zu halten, zumal Zasara vor ihm auf dem Rücken seines Hengstes saß. Sein Bruder und Watira waren in der Hütte bei Womar geblieben.
"Wie läuft es eigentlich zwischen Ivod und Watira?", fragte Radik mit schwerer Zunge, "Sie scheinen gut miteinander auszukommen."
"Die beiden sind wie füreinander bestimmt. Seit wir sie damals zusammengebracht haben, sind sie fast unzertrennlich. Man könnte beinahe neidisch werden!"
"Oh, ja! Das könnte man", bestätigte Radik und rückte etwas weiter nach vorne, dichter an Zasara heran.
Kurz vor dem Dorf stiegen sie vom Pferd, der Mond tauchte die Umgebung in ein sanftes Licht.
"Das kurze Stück kann ich nun alleine schaffen", meinte Zasara flüsternd. "Dein Weg ist auch nicht weiter, geh vorsichtig", sagte sie fürsorglich und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
"Hab ich nicht eine bessere Belohnung verdient?", fragte Radik betrunken, "Für das Geleit?"
Er versuchte, sich ihr zu nähern, aber sie wich aus. Da packte er sie an ihrer Kleidung und zog sie zu sich heran.
"Komm! Nun hab dich nicht so!", stammelte er.
Sie wehrte sich und als er noch fester zerrte, riss ihr Leinzeug entzwei und entblößte ihre Schulter, deren weiße Haut im Mondlicht erstrahlte.
Das Geräusch des berstenden Stoffes machte Radik schlagartig nüchtern und ließ ihn vor sich selbst erschrecken. Hierfür hätte es der Ohrfeige, die sogleich schallend an seine Wange klatschte, gar nicht bedurft.
Zasara drehte sich um und lief davon. Radik vernahm glucksende Geräusche. Weinte sie?
Obwohl Radiks Geist wieder klar schien, hatte er das Gefühl, dass ihm der Körper kaum noch gehorchte. Er wankte zur Hütte, stieß schmerzhaft mit der Schulter gegen den Türrahmen, bevor er sich endlich auf die Bank sinken ließ, um in einen unangenehm unruhigen Schlaf zu fallen.
Früh erwachte Radik mit schwerem Kopf und trockenem Mund. Er taumelte nach draußen, wo er sich sogleich übergeben musste. Ihm war elendig zumute und dies nicht nur wegen des vielen Mets.
Reiche Beute
"Du siehst etwas blass aus, Junge", meinte Ugov, dem Radik am Burgtor begegnete, "Fühlst du dich nicht? Bist du krank?"
"Nein, nein. Es geht schon", beschwichtigte Radik und war bemüht, das neuerliche Würgen im Hals zu unterdrücken.
"Um so besser! Du sollst dich sofort bei Zambor melden. Ich glaube, dir steht nun endlich deine Feuertaufe bevor."
Das kam Radik jetzt gar nicht recht. Er hatte gehofft, sich heute irgendwo auf einen ruhigen Posten verdrücken zu können, mit seinem brummenden Schädel und dem gereizten Magen. So konnte er Zambor unmöglich unter die Augen treten.
Also eilte Radik zu den Ställen, wo, wie er richtig vermutete hatte, zu dieser frühen Tageszeit etliche Eimer mit Wasser aus der kleinen Quelle nahe der Burg standen. Er ging auf die Knie und steckte seinen Kopf in einen der Eimer und sofort umspülte das kühlende Nass sein schmerzendes Haupt. Solange es ging, hielt er die Luft an und er war stets gut gewesen im
Weitere Kostenlose Bücher