Svantevit - historischer Roman (German Edition)
für den Heimweg gehofft."
"So soll es sein! Nichts, was ich lieber täte", konnte Radik seine Freude über dieses Angebot kaum verbergen, "Für dich überwinde ich jede Angst!"
Mit diesen Worten packte er eine der größeren Holzfiguren und drehte diese mit gespielter Anstrengung um, so dass sie nunmehr ihr Gesicht zur Wand richtete.
Auf die anschließende Siegerpose Radiks reagierten sein Bruder, Zasara und Watira mit dem erhofften Lachen und Radik war froh, seine Verlegenheit einigermaßen überspielt zu haben, auch wenn die Anwesenheit Zasaras weiter seine Gefühle aufwühlte. Es war vor allem diese Hütte, in der ihn alles an Kaila erinnerte und zugleich ein nicht mehr zu leugnendes Verlangen Zasara gegenüber, was ihn so verstörte. Gab er durch dieses Begehren nicht Kaila endgültig auf, obwohl er sich geschworen hatte, dies nie zu tun? War die Liebe zu ihr verblasst?
"Ah, Radik! Schön, dich zu sehen!", rief Womar erfreut, als er die Hütte betrat, "Das nenne ich eine angenehme Überraschung!"
Diese Worte rissen Radik aus seinen neuerlichen Gedanken. Er sprang zur Tür, um Womar den schweren Tonkrug abzunehmen, an welchem dieser sichtlich schwer zu tragen hatte. Sogleich drang ihm der süßliche und etwas scharfe Geruch von Met in die Nase.
"Dies ist ein feiner Tropfen, einen besseren trinken selbst die Fürsten nicht!" schwärmte der Alte, während er Radik deutete, das Gefäß auf den Tisch zu stellen. "Als ob ich geahnt hätte, dass es heute noch einen Anlass für einen solch hervorragenden Schluck geben würde!"
Er musterte Radik.
"Wie groß und kräftig du geworden bist, ein richtiger Mann!" sagte er, gerade so, als habe er ihn jahrelang nicht mehr gesehen.
Womar blinzelte ihn an und Radik war die herzliche Freude, mit welcher ihn der Alte jedes Mal begrüßte, fast ein wenig peinlich, hatte er doch stets ein schlechtes Gewissen, weil er nur noch so selten hier vorbeischaute. Und heute war ihm der durchdringend liebevolle Blick fast unangenehm, glaubte er doch mit seinen Gefühlen, welche er für Zasara empfand, in gewisser Weise auch Womar zu verletzen.
"Nun setz dich erstmal", wies er Radik mit freundlicher Bestimmtheit an und entwickelte sogleich eine geschäftige Aktivität.
Nach und nach füllte sich der Tisch, wobei Ivod dem Alten zur Hand ging.
"Dein Bruder ist mir eine große Hilfe. Er ist fleißig und besitzt Hände aus Gold", flüsterte Womar zu Radik, als Ivod gerade zum wiederholten Male in die Vorratskammer geeilt war, "Mit dem Schreiben und Lesen will es allerdings nicht so recht klappen, da mangelt es ihm auch an Interesse."
Womar hörte auf zu flüstern, als sich Ivod wieder dem Tisch näherte. Sogleich ergriff er den Krug und füllte zwei Becher.
"Heute darfst du nicht nein sagen", meinte Womar und schob Radik eines der Gefäße hinüber, "Es ist selten geworden, dass ich mich deiner Gesellschaft erfreuen kann. Und nun, wo du ein richtiger Soldat bist, kannst du wohl einen Schluck vertragen."
Radik, der dem Genuss von Alkohol nicht sonderlich zugetan war und regelmäßig den Gelagen der Soldaten aus dem Weg ging, setzte den Becher langsam an seine Lippen und nahm einen großen Zug. Er musste zugeben, dass dieser Met ihm milder und weniger scharf vorkam, als er dies in Erinnerung hatte. Trotzdem beeilte er sich, etwas von dem Brot zu nehmen, welches Zasara gerade aufgeschnitten hatte.
"Nun, habe ich zu viel versprochen?", fragte Womar mit einem zufriedenen Lächeln, "Solch einen Tropfen musst du lange suchen. Es braucht eine große Erfahrung, solch eine Güte zu erzeugen."
"Diese Erfahrung sehe ich deiner Nase an", sagte Radik, der einen weiteren Schluck nahm, spürte er doch, wie sich die wohlige Wirkung des Trankes sogleich sanft im Kopf ausbreitete und die ihn eben noch belastenden Gedanken beiseite drängte, ohne dass er sich aber im Geringsten trunken fühlte.
"Nun vergesst das Essen nicht", mahnte der Bruder.
"Dieser Schinken wurde in einem Kräutersud gekocht. Auch hierauf versteht sich Womar hervorragend", sagte Watira und tat Radik noch etwas auf sein Brett.
"Ich weiß, ich weiß", bestätigte Radik sofort, "Mir war schon so manches Mahl in dieser Hütte vergönnt!" Und etwas wehmütig fügte er hinzu: "Auch wenn mir vorkommt, als sei das alles eine Ewigkeit her."
Der Abend wurde später, als Radik dies eigentlich geplant hatte und Womar goss seinem willkommenen Gast stetig den Met nach, so dass dieser bald deutlich die Wirkung des Alkohols spürte. Die
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