Svantevit - historischer Roman (German Edition)
glaubte er alle Augen anerkennend und respektvoll auf sich gerichtet.
"Darf ich es wagen, Herrn Hauptmann anzusprechen?", drang eine gut vertraute Stimme an sein Ohr.
Ferok, der neben einigen Heringsfässern stand, machte feixend einen tiefen Bückling.
"Reiche mir einen der zarten Silberleiber, damit ich sehen kann, ob deine Ware etwas taugt oder ich dich als Betrüger vom Markte jagen muss", antwortete Radik laut, ganz der Rolle entsprechend, die Ferok ihm zugewiesen hatte, was sofort die Aufmerksamkeit einiger benachbarter Händler nach sich zog.
Ferok beeilte sich, einen guten Hering herauszusuchen, diesen auf ein Brett zu legen und mit untertäniger Geste Radik darzubieten, welcher den Fisch sogleich auf sein Messer spießte und ein Stück herausbiss, welches er langsam und vorsichtig kaute, als fürchtete er, vergiftet zu werden. Doch dann erhellte sich seine Miene, wobei er nickte.
"Für wahr. Das nenne ich vortrefflich!", spielte Radik freudige Begeisterung, "Für solche Ware kannst du jeden Preis verlangen!"
"Zu gütig", erwiderte Ferok unterwürfig, "Mir scheint, ihr seid ein rechter Kenner edler Speisen."
Zur Verwunderung der Zuschauenden reichte Radik seinem Freund nun die Hand, half ihm hoch auf den Rücken des Pferdes und beide ritten lachend davon.
"Puh, war der Fisch salzig", sagte Radik, nachdem sich beide nahe eines Waldstückes ins Gras gesetzt hatten, und verzog das Gesicht.
"Daran erkennst du doch erst die Güte", meinte Ferok hämisch, "Wer mit dem Salz geizt, spart am falschen Ende und ist ein Taugenichts oder ein Betrüger."
"Ich weiß schon", erwiderte Radik, "Glaub nicht, dass ich diese Dinge alle vergessen habe, nur weil ich jetzt keine Netze mehr auswerfe."
"Du machst einen zufriedenen Eindruck. Das freut mich für dich."
"Schöner wäre es natürlich, wenn du auch dabei sein würdest."
"Es kann ja nun nicht jeder davon leben, sich gelangweilt vor das Burgtor zu stellen und Löcher in die Luft zu starren. Einige Männer müssen einer ehrlichen Arbeit nachgehen, damit das Volk nicht verhungert", entgegnete Ferok.
"Lass dies nicht den Hauptmann hören, der in mir schlummert", flüsterte Radik, "Gar manch freches Mundwerk ist schon unter Peitschenhieben verstummt!"
"Dazu muss er meiner erst habhaft werden!", rief Ferok, sprang auf und nahm nach kurzer Suche einen Stock zur Hand.
"Ach daher weht der Wind", sagte Radik in spöttischem Ton, während er sich ebenfalls erhob, "Der Fischer will das Fell gegerbt haben."
Er blickte sich um und fand bald einen geeigneten Knüppel.
"Eigentlich könnte ich dies ja auch mit bloßen Händen erledigen, aber ich will mich nicht schmutzig machen", tönte er großspurig, bevor die Beiden sogleich zum Kampf schritten, wie sie es früher so oft getan hatten und ihre kindliche Freude dabei war immer noch genauso groß.
Ruhige Tage
Nach einem milden Winter folgte ein zeitiger Frühling, der zunächst reichlich Regen mit sich brachte. Kaum war ein Schauer abgezogen, zeichnete sich schon das nächste Wolkenband am Horizont ab.
Doch Radik konnte das schlechte Wetter nicht verdrießen. Ihm kam es manchmal noch wie ein Traum vor, wenn er morgens die lederne Kleidung der Gardisten anlegte. Fast etwas mitleidig betrachtete er die Bauern und Fischer, die Tag für Tag ihre Waren in die Burg schafften. Oft waren es junge Burschen wie er selbst, deren ganzes Leben bereits durch das tägliche Einerlei vorgezeichnet zu sein schien.
Natürlich musste er selbst zugeben, dass sein Dienst bisher auch nicht gerade große Abenteuer bedeutet hatte, doch das würde sich schon noch finden. Jetzt versuchte Radik zunächst, sich so schnell wie möglich in die Tempelgarde einzuleben und rasch alle Gepflogenheiten und Spielregeln, die es in einer solchen Truppe von gut dreihundert Männern gab, kennen zu lernen. Er war bestrebt, alles so gut es ging zu erledigen. Während viele der älteren Soldaten froh waren, wenn sie ihre Ruhe hatten, bot Radik gern jedermann seine Hilfe an und willigte ohne Zögern ein, sobald er nach der Erledigung zusätzlicher Aufgaben gefragt wurde.
Dies alles tat er, trotz der Freude und Befriedigung, welche er dabei empfand, nicht aus purer Uneigennützigkeit. Vom ersten Tag an hatte Radik ein klares Ziel vor Augen. Er wollte so schnell wie möglich zu denen gehören, die Verantwortung trugen und die Befehle gaben, statt solche zu empfangen und er zweifelte keinen Augenblick daran, dass ihm dies gelingen würde.
Daher war es
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