Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Radik auch völlig gleichgültig, wenn ihn manch einer ob seines Übereifers belächelte und er sich gelegentlich ausgenutzt sehen musste. Er versuchte einfach, sich mit jedermann gut zu stellen und ging Streitigkeiten aus dem Wege.
"Dein Hengst scheint auch zu merken, dass er jetzt einem richtigen Gardisten dient", sprach Ugov Radik an, als sich beide in der Nähe der Ställe begegneten, "Der Stolz ist ihm in jeder seiner Bewegungen anzusehen."
"Diese Allüre hat er schon immer besessen", erwiderte Radik, "Manchmal ist es regelrechter Hochmut. Aber ich kann damit besser leben als mit einem scheuen Pferd."
Kuro hob seinen Kopf und spitzte die Ohren, so als würde er jedes Wort der beiden Menschen verstehen. Ugov klopfte ihm den Hals und strich über das glänzende schwarze Fell.
"Er hätte aber auch allen Grund, stolz auf dich zu sein", sagte Ugov nach einer Weile, "Man hört ja nur gute Dinge über dich, jedermann ist voll des Lobes."
Radik sah in einiger Entfernung einen der Priester zum Tempel des Svantevit gehen.
"Sicher hast du die Männer gezielt nach mir gefragt und da sie wissen, dass du mein Onkel bist, wollte sich ein jeder mit schönen Worten bei dir einschmeicheln."
Er bemerkte, wie der Priester im Tempel verschwand und es hierbei recht eilig zu haben schien.
"Nein, nein! Wo denkst du hin!", wehrte Ugov ab, "Oft kommt die Sprache rein zufällig darauf. Es ist nun allerdings nicht so, dass mir dies etwa unangenehm wäre."
Bereits nach kurzem kam der Priester wieder aus dem Tempel hervor, vielmehr er kam herausgestürzt. Mit tiefen Atemzügen und hochrotem Kopf schnappte er nach Luft.
"Noch habe ich doch nichts Großes leisten können", meinte Radik verständnislos, "Es wird sich erst noch zeigen müssen, ob ich etwas tauge."
"Nun, da bin ich nicht bange."
Der Priester war wieder in den Tempel gegangen, um nach noch kürzerer Zeit wieder aufzutauchen, wobei er schwer nach Atem rang.
"Was erledigt der Priester für schwere Arbeiten im Tempel, die ihn derart schnell erschöpfen?", fragte Radik schließlich seinen Onkel, der sich überrascht in Richtung Tempel umsah.
"Schwer arbeiten habe ich diese Burschen noch nie gesehen", flüsterte Ugov, "Aber es ist ihnen untersagt, den heiligen Ort mit ihrem unreinen Atem zu beschmutzen."
"Du meinst, sie dürfen im Tempel keine Luft holen?"
"So ist es", bestätigte Ugov, "Sei also froh, dass du kein Priester geworden bist und genieße die frische Seeluft!"
Radik hatte sich zunächst in seiner Naivität tatsächlich vorgestellt, mit seinem Eintritt in die Tempelgarde pausenlos in Kämpfe und Abenteuer verwickelt zu werden. Nun war auch der Sommer bereits fast vorbei und die neue Tätigkeit brachte bislang die gleiche Regelmäßigkeit mit sich, wie er es vom Leben als Fischer gewohnt war.
Dies gab ihm Gelegenheit, jetzt wieder öfter bei Womar vorbeizuschauen, da er zugeben musste, diesen in letzter Zeit etwas vernachlässigt zu haben. Radik war froh, dass sich sein Bruder um den Alten kümmerte, denn sicher hatte diesem das Verschwinden seiner Enkeltochter auch sehr zugesetzt.
Und da gab es noch einen Menschen, zu dem seine Gedanken immer wieder wanderten, auch wenn er sich dies selbst zunächst nicht eingestehen wollte. Es war schon ein merkwürdiges Bild für Radik, dass eines Tags, als er die Hütte des Alten betrat, dort Zasara auf eben jenem Stuhl saß, auf welchem auch Kaila früher stets Platz genommen hatte.
Zasara, die sich gerade angeregt mit ihrer Schwester Watira unterhielt, hatte Radiks Ankunft nicht bemerkt.
Er musste wohl, als er diesen Gedanken nachhing, recht absonderlich dreingeblickt haben.
"Du siehst aus, als wäre dir gerade ein Geist begegnet", meinte Ivod verwundert.
Radik fing sich sogleich und versuchte, die Sache mit einem breiten Lachen zu überspielen. Er wies auf die vielen geschnitzten Figuren, die überall herumstanden.
"Ich gebe zu, du verstehst das Schnitzen so meisterlich, dass man in manchen dieser hölzernen Gesellen wirklich Leben vermuten könnte", sagte er, "Aber ich hoffe, sie werden erst des nachts munter, wenn ich bereits wieder fort bin."
"Du solltest sie erst einmal beim unruhigen Schein einer Funzel sehen. Dann scheinen sie in der Tat zu grimassieren und sich von selbst zu bewegen", bestätigte Ivod rasch.
"Ich dachte, es gäbe nichts, was einem echten Soldaten Furcht einjagen könnte", meinte Zasara mit sanfter Stimme, "Eigentlich hatte ich bei deinem Erscheinen ja auf einen starken Begleiter
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